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Redaktion: Kathrin Klinkusch, Britta Hennigs, Annika Natus
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P R E S S E D I E N S T  ----  NR. 11/10 ---- 29.1.2010 
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Artenschutz/ CITES-Konferenz
Globaler Hunger nach Haifischflossensuppe, Schillerlocke & Co rottet
Meeresräuber aus - NABU fordert strenge Schutzmaßnahmen

Berlin/ Hamburg - Im Vorfeld zur 15. Konferenz zum Washingtoner
Artenschutzübereinkommen (CITES) vom 13. bis 25. März in Doha/Katar
fordert der NABU strenge Schutzmaßnahmen für durch Überfischung bedrohte
Haiarten wie Dorn-, Herings- und Hammerhaie sowie den atlantischen
Blauflossenthun (Roter Thun). „Der weltweite Appetit auf Delikatessen
wie Sushi, Haifischflossensuppe oder auch die in Deutschland so beliebte
Schillerlocke treiben diese Meeresräuber an den Rand der Ausrottung“,
warnt NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Gleichzeitig wies Tierparkchef Dr.
Stephan Hering-Hagenbeck beim gemeinsamen Pressegespräch von NABU und
Tierpark Hagenbeck in Hamburg darauf hin, welche enorm wichtige Rolle
Haie im Ökosystem Meer spielen und knüpfte die Verbindung zum für 2010
ausgerufenen „Internationalen Jahr der Biodiversität“.

In sechs Wochen ist es wieder so weit: Mehr als 2.000 Delegierte aus
175 Ländern werden auf der 15. CITES-Konferenz für zwei Wochen
zusammenkommen, um über das Schicksal vieler Tierarten zu entscheiden -
darunter acht Haiarten und der atlantischen Blauflossen-Thunfisch. „ Nie
zuvor gab es auf einer CITES-Konferenz so viele Schutzanträge für Haie
oder die Forderung nach einem Handelsstopp für eine kommerziell so
bedeutende Art wie den Roten Thun. Das kommt nicht zu früh, denn es ist
wirklich allerhöchste Zeit, dass der internationale Handel für diese
massiv bedrohten Fischarten endlich kontrolliert bzw. beendet wird“,
kommentiert die NABU-Artenschutz-Expertin Heike Finke. 

Wirtschaftliche Interessen bedrohen das Überleben der Haie
Mehr als 100 Millionen Haie werden weltweit jährlich gefangen - vielen
Arten droht durch die massive Überfischung das Aus. Dazu zählen auch
heimische Arten wie der Dorn- und der Heringshai. Ihr hochwertiges
Fleisch ist bei den europäischen Verbrauchern sehr begehrt. So wurden
beispielsweise im Jahr 2000 allein in der EU 20.000 Tonnen
Dornhai-Fleisch konsumiert - ob in Deutschland als Schillerlocke
(geräucherter Bauchlappen) oder „very british“ als Fish & Chips.
Die große Nachfrage in Europa treibt international den kommerziellen
Fischfang an und führt zur Ausrottung der Bestände. „Eine CITES-Listung
auf Anhang II bedeutet zwar kein Fangverbot, dennoch begrüßt der NABU
diesen wiederholten Anlauf der EU, über eine Listung zumindest
Handelskontrollen einzuführen“, betont Tschimpke. Schon auf der 14.
CITES-Konferenz in Den Haag/Niederlande hatte Deutschland im Namen der
EU einen Vorstoß gemacht, um entsprechende Regularien einzuführen. Ohne
Erfolg. 

Auch der Heringshai, der kleine „Neffe“ des Weißen Haies, schaffte
vor drei Jahren den Sprung auf Anhang II nicht und steht nun in Doha
wieder auf der Agenda. Sein Fleisch gilt als sehr hochwertig, es wird
bezüglich der Qualität oft mit dem des Schwertfisches verglichen. Seine
Flossen sind ebenfalls begehrt und werden, wie auch das Fleisch,
international gehandelt. Die Konsequenz: Laut einer Bewertung von 2009
sind die nord- und südatlantischen Heringshai-Bestände mittlerweile um
mehr als 50 Prozent zurückgegangen.

Statussymbol Haifischflossensuppe 
Das Fleisch der Hammerhaie wie beispielsweise des
Bogenstirn-Hammerhais, des Großen Hammerhais und des Glatten Hammerhais
hingegen gilt als verhältnismäßig wertlos, dafür sind ihre Finnen Gold
wert. Sie sind groß und weisen eine besonders hohe Dichte an langen
Kollagenfasern auf. Genau diese Besonderheit macht sie zu einer äußerst
teuren Delikatesse. Verkocht zu Haifischflossensuppe, sehen diese Fasern
aus wie Spaghetti - je dicker und länger, umso besser und auch umso
teurer. Bei Auktionen auf dem „Hong Kong Fish Market“ gehen die
Flossen des Großen Hammerhais durchschnittlich für 135 $/kg über die
Theke, für die Finnen des Bogenstirn-Hammerhais müssen ca. 103 $/kg
hingeblättert werden, Glatter Hammerhai ist für 88 $/kg zu haben.
Zusammengenommen machen die Flossen dieser drei Hammerhai-Arten
geschätzt sechs Prozent aller Finnen auf diesem Markt aus. Jährlich
sterben Millionen Hammerhaie, damit Gastgeber in Südostasien ihren
Gästen das prestigeträchtige Gericht (je nach Land kostet eine Schale
zwischen 70 und 100 US-Dollar) vorsetzen können. Das bleibt nicht ohne
Folgen für die Bestände, die durch die intensive Befischung immer
stärker zurückgehen. „Experten schätzen, dass in manchen Regionen,
wie beispielsweise dem Nordwestatlantik, die Bestände der
Bogenstirn-Hammerhaie innerhalb von 15 Jahren um 89 Prozent
zurückgegangen sind“, kommentiert Finke. Der Südseestaat Palau und
die USA wollen dieser Ausbeutung nun endlich einen Riegel vorschieben
und haben zur 15. CITES-Konferenz einen Antrag zur Listung dieser drei
Hammerhai-Arten auf Anhang II eingereicht. 

Die Flossen werden bei lebendigem Leib abgetrennt
Der Weißspitzen-Hochseehai kann sich ebenfalls der Unterstützung dieser
beiden Staaten sicher sein - Palau und USA haben auch für ihn eine
Anhang-II- Listung beantragt. Dem großen Hai geht es an den Kragen, weil
er riesige Flossen hat, die sich gut im Suppentopf machen. Oft landet
der Weißspitzen-Hochseehai, auch Longimanus genannt, als Beifang auf dem
Deck von Thunfisch- und Schwertfischfänger-Booten. 65 bis 88 Prozent
dieser Tiere leben noch, wenn sie an einer dieser Langleinen hängen. Und
die meisten von ihnen würden wohl überleben, ließe man sie wieder vom
Haken. Das Problem: Ein Kilo Longimanus-Flossen bringt im
internationalen Handel 45 bis 85 US-Dollar - ein schönes Zubrot für
viele Fischer. Und da auf diesen Booten der Platz für wertvolle Thun-
oder Schwertfische gebraucht wird, schneiden sie den Haien einfach die
kostbaren Flossen ab und entsorgen die verstümmelten, noch lebenden
Tiere im Meer, wo sie elendig verenden. Finning wird diese grausame
Praktik genannt. Mittlerweile sind weltweit drastische Rückgänge der
Longimanus-Populationen zu verzeichnen. „Diese rücksichtlose Praktik
muss aufhören! Der NABU hofft, dass die Mehrheit der Delegierten in Doha
die Hai-Listungsanträge unterstützt“, so Tschimpke.

Blauflossen-Thunfisch im Mittelmeer bald ausgestorben?
„Bei der Verhandlung des Antrags von Monaco - Handelsstopp für den
atlantischen Blauflossen-Thunfisch - wird es bei der Konferenz hoch
hergehen. Wir erwarten heftigen Widerstand einiger Vertragsstaaten“,
erläutert die Artenschutzexpertin Heike Finke. Für den
Blauflossen-Thunfisch (Roter Thun) ist es eine Minute vor zwölf. Seit
Jahren warnen Experten, dass die Bestände unter dem Druck der massiven
Befischung kollabieren werden. Ihre Prognosen scheinen sich zu
bestätigen: Der Bestand der fortpflanzungsfähigen Tiere ist im
Ostatlantik und im Mittelmeer zwischen 1957 und 2007 um 74,2 Prozent
zurückgegangen, am stärksten in den letzten zehn Jahren (60,9
Prozent). Selbst bei einem fast vollständigen Fangverbot bis 2022 würden
die Bestandszahlen in den ersten Jahren weiter sinken, vermuten
Wissenschaftler. 

Thunfisch-Fang hat in den Mittelmeerländern lange Tradition. Schon die
Römer haben die großen Fische mit Leinen gefangen. Allerdings blieb die
Fischerei bis zum 20. Jahrhundert dank der einfachen Fangtechniken
nachhaltig. Danach rüsteten die Fischer auf, denn Blauflossen-Thunfisch
wurde - dank der Dose - lukrativ. Hinzu kam, dass in den
Achtziger-Jahren der Sushi- und Sashimi-Markt in Japan förmlich
explodierte. Um die große Nachfrage befriedigen zu können, machen heute
High-Tech-Flotten mit Hilfe von Radar und Sonar, riesigen Netzen und
Langleinen Jagd auf die schnellen Fische. Das große Geld lockt. Die 
Fangquoten sind - entgegen wissenschaftlicher Empfehlungen - immer noch 
großzügig bemessen, dazu kommt eine hohe Dunkelziffer an illegalen
Fängen. Ändert sich die Situation nicht, droht die unwiederbringliche
Ausrottung der Blauflossen-Thunfische im Mittelmeer. 

„Monaco“, erklärt Tschimpke, „ ist mit gutem Beispiel vorangegangen.
Im ganzen Fürstentum ist der atlantische Blauflossen-Thunfisch von den
Speisekarten und den Regalen verschwunden - ganz freiwillig und ohne
Handelsstopp.“

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Ziel der CITES-Konferenz (Convention on International Trade in
Endangered Species of Wild Fauna and Flora) ist es, Tiere und Pflanzen
vor den Gefährdungen durch den internationalen Handel zu schützen.
Eigentlich ein Handelsabkommen, ist CITES dennoch eines der
wirkungsvollsten Instrumente des Artenschutzes. Es regelt mittlerweile
die Ein- und Ausfuhr von rund 8.000 bedrohten Tier- und 40.000
Pflanzenarten. Der NABU wird an der 15. CITES-Konferenz in Doha/Katar
vom 13. bis zum 25. März 2010 mit zwei Vertreterinnen teilnehmen, die
Sie auch während der Tagung erreichen können. 


Für Rückfragen: 
Heike Finke, NABU-Präsidiumsmitglied und Expertin für internationalen
Artenschutz, mobil  0179-1102513, E-Mail: e.fi...@t-online.de.
Claudia Praxmayer, BAG Internationaler Artenschutz, mobil 0172-6166441,
E-Mail: cpraxma...@gmx.de 

Factsheets zu Dornhai, Heringshai, Hammerhai, Weißspitzen-Hochseehai
und Thunfisch sind zu finden unter
http://www.nabu.de/themen/artenschutz/cites-konferenz/15/index.html 
Kostenlose Pressebilder sind zu finden unter
http://www.nabu.de/presse/fotos/#haie 




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