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Redaktion: Kathrin Klinkusch, Britta Hennigs, Linda Baumann
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P R E S S E D I E N S T  ----  NR. 105/10 ---- 1.9.2010 
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Umwelt/Kormoran
NABU lehnt Forderung nach europäischem Kormoran-Managementplan ab
Tschimpke: Umfangreiche Abschüsse helfen weder Fischen noch Fischern

Berlin/München - Der NABU hat Forderungen von Fischerei- und
Anglerverbänden nach einer drastischen Reduzierung der
Kormoranbestände eine deutliche Absage erteilt. Der Deutsche
Fischerei-Verband (DFV) hatte auf dem Fischereitag in München gefordert,
dass die Hälfte aller Kormorane in Deutschland „von der Bildfläche
verschwinden“ solle. 

NABU-Präsident Olaf Tschimpke: „Das Comeback des Kormorans an Küsten,
Seen und Flüssen ist trotz regionaler Probleme an Teichwirtschaften kein
Anlass, die Vögel in großem Stil zu verfolgen und abzuschießen.“ Wer
dies fordere, zeige ein rückwärtsgewandtes Verständnis von Natur und
ökologischen Zusammenhängen. Befürchtungen, der Kormoran würde sich
„übervermehren“, seien unbegründet und durch die gut
dokumentierte Bestandsentwicklung der letzten Jahre widerlegt. Dieser
Auffassung habe sich die Bundesregierung bereits im März  in ihrer
Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke angeschlossen und
erklärt, man könne davon ausgehen, dass sich die Zahl der
Kormoran-Brutpaare in den nächsten Jahren nicht weiter erhöhe, da die
Vogelart in Deutschland die Kapazitätsgrenzen ihres Lebensraumes
inzwischen erreicht habe.

Das legitime Interesse von Fischern und Teichwirten zur
wirtschaftlichen Nutzung von Fischbeständen stehe außer Frage. Doch ein
Managementplan, der die Zahl der Vögel halbieren soll, sei der falsche
Weg. Der NABU appelliert an Bundesagrarministerin Ilse Aigner,
stattdessen den von der EU-Kommission eingeschlagenen Weg zu
unterstützen. Danach sollen nur lokal angepasste Lösungen zum Einsatz
kommen, um mögliche Schäden vor Ort abzuwehren. „Umfangreiche Abschüsse
von Kormoranen, wie sie schon heute durch die Verordnungen vieler
Bundesländer möglich gemacht wurden, helfen dagegen weder Fischen noch
Fischern“, so Tschimpke. 

Um die Existenz von Teichwirten zu sichern, fordert der NABU deshalb
Bund und Länder zur Unterstützung wirksamer, präventiver Abwehrmaßnahmen
auf. So sollten extensive Teichwirtschaften eine landwirtschaftliche
Grundförderung in Anerkennung ihrer Leistungen für das Gemeinwohl und
den Naturschutz erhalten.

Der NABU verweist in diesem Zusammenhang auf Untersuchungen und
Erfahrungen in Mecklenburg-Vorpommern. Selbst der Abschuss von mehr als
10.000 Jungvögeln im Jahre 2005 führte dort drei Jahre später - wenn die
überlebenden Vögel erstmals gebrütet hätten - zu keiner
Bestandsabnahme.

 Die Ursachen liegen in der Biologie der Vögel: „Kormorane können
Eingriffe in ihre Population in hohem Maße ausgleichen. Ein Kormoranpaar
zieht jährlich zwei bis drei Jungvögel groß, doch rechnerisch sind schon
0,45 bis 0,50 flügge gewordene Jungvögel pro Jahr ausreichend, um die
Population zu erhalten“, so NABU-Vogelschutzexperte Markus Nipkow.
Erst wenn die Nachkommenzahl unter diesen Wert fällt, ist ein
längerfristiger Bestandsrückgang zu erwarten. Eingriffe, die
bestandswirksam sein sollen, müssten deshalb einem Vernichtungsfeldzug
gleichen, wie er gegen diese Vogelart schon einmal - vor mehr als 100
Jahren - geführt worden ist. Dieselben Erfahrungen seien im Übrigen an
Möwen gemacht worden, als diese jahrzehntelang ohne nachhaltigen
Effekt auf deren Populationsgröße vehement bekämpft wurden. Diese Arten
gleichen ebenso wie die Kormorane Verluste durch Abschüsse schnell
wieder aus, weil die Vögel sofort mehr Nachwuchs als sonst üblich
produzieren.

Für Rückfragen:
Dr. Markus Nipkow, NABU-Referent für Ornithologie und Vogelschutz, Tel.
030-284984-1620.

Im Internet zu finden unter www.NABU.de 



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