Kabinett beschließt Aktienrechtsreform

Zu dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Änderung des 
Aktiengesetzes erklärt Bundesjustizministerin Sabine 
Leutheusser-Schnarrenberger:

Der heute beschlossene Gesetzentwurf entwickelt das Aktienrecht weiter und 
stärkt das Vertrauen in den Finanzmarkt. Mit der Aktienrechtsreform werden auch 
Lehren aus der Finanzmarktkrise gezogen.

Aktiengesellschaften und insbesondere in Not geratenen Kreditinstituten wird 
eine Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital wesentlich erleichtert, indem ihnen 
die Herausgabe von "umgekehrten Wandelschuldverschreibungen" ermöglicht wird.

Künftig können die Unternehmen auch Vorzugsaktien ohne zwingenden 
Nachzahlungsanspruch auf ausgefallene Dividenden ausgeben. Das vereinfacht 
Kreditinstituten die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Eigenkapitalvorgaben.

Die Beteiligungsstrukturen von nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften werden 
erheblich transparenter. Die Ausgabe von Inhaberaktien wird dazu an besondere 
Voraussetzungen geknüpft.

Zum Hintergrund:

Die Aktienrechtsnovelle 2012 lässt den Unternehmen auch zukünftig die Wahl 
zwischen beiden Aktienrechtsgattungen Namens- und Inhaberaktie. Allerdings soll 
die Inhaberaktie von einer nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft künftig nur 
noch verwendet werden, wenn die entsprechende Sammelurkunde dauerhaft bei einer 
Wertpapiersammelbank hinterlegt ist.
Dadurch ist sichergestellt, dass die zuständigen Behörden in Ermittlungsfällen 
auf wichtige Informationen zugreifen und die Identität des Aktionärs 
feststellen können. Der Befürchtung, die Inhaberaktie könnte als Instrument für 
Geldwäsche und Terrorfinanzierung genutzt werden, kann so entgegengetreten 
werden. Derzeit gibt es in Deutschland ca. 16 000 nichtbörsennotierte 
Aktiengesellschaften, davon haben weit mehr als die Hälfte bereits heute 
Namensaktien.

Ferner sieht der Gesetzentwurf vor, Wandelschuldverschreibungen zuzulassen, bei 
denen der Schuldner (also die Aktiengesellschaft) das Wandlungsrecht hat. 
Bisher sieht das Aktiengesetz nur Wandelanleihen vor, bei denen der Gläubiger 
einen Anspruch hat, statt Rückzahlung des Anleihebetrags Aktien zu erhalten. 
Künftig soll dies also auch den Gesellschaften möglich sein, wenn es anfangs 
vereinbart war. Diese "umgekehrten Wandelschuldverschreibungen" sind gerade für 
Unternehmen und Kreditinstitute in Krisensituationen zur Erleichterung der 
Bilanzen von Bedeutung.

Mit der Aktienrechtsnovelle 2012 soll zudem die Möglichkeit von Vorzugsaktien 
ohne einen zwingenden Nachzahlungsanspruch geschaffen werden. Bisher können 
nach deutschem Aktienrecht Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ausgegeben werden, sie 
sind aber immer mit einem zwingenden Nachzahlungsanspruch auf ausgefallene 
Dividenden verknüpft. Die nun vorgesehene Schaffung von Vorzugsaktien auch ohne 
zwingenden Nachzahlungsanspruch ist gerade für Kreditinstitute von besonderer 
Bedeutung, da nach den internationalen Eigenkapitalanforderungen 
stimmrechtslose Vorzugsaktien mit einem Nachzahlungsanspruch nicht auf das 
Kernkapital angerechnet werden können.

Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus eine erhebliche Einschränkung der 
Möglichkeit sogenannter missbräuchlich nachgeschobener Nichtigkeitsklagen vor. 
Von derartigen Klagen wird gesprochen, wenn nach Erhebung einer 
Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss in einem späten Stadium 
des Freigabeverfahrens noch Nichtigkeitsklagen aus taktischen Gründen 
nachgeschoben werden, um das Verfahren bewusst zweckwidrig weiter zu verzögern. 
Mit der im Entwurf vorgesehenen "relativen" Befristung von Nichtigkeitsklagen 
wird diesen missbräuchlich nachgeschobenen Nichtigkeitsklagen zukünftig 
begegnet, ohne aber andererseits das Klagerecht der überwiegenden Mehrheit 
nicht missbräuchlich agierender Aktionäre unangemessen einzuschränken.

Schließlich finden sich in dem Entwurf zahlreiche Klarstellungen und 
Korrekturen, die Rechtsunsicherheiten in der Aktienrechtspraxis beilegen und 
Unternehmen Zweifelsfragen ersparen. Dazu gehört etwa die Klarstellung, 
aufgrund welcher Rechtsgrundlage von den öffentlichen Eigentümern entsandte 
Aufsichtsräte einer Berichtspflicht unterliegen.

Der Gesetzentwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet.

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