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Telepolis - 29.06.2012

"Entscheidung gegen die Energiewende"

CCS-Gesetz verabschiedet. Bürgerinitiativen protestieren und sprechen von 
Bankrotterklärung

Wolfgang Pomrehn 

Nach einer Einigung im Vermittlungsausschuss hat der Bundestag gestern das 
sogenannte CCS-Gesetz verabschiedet. Mit diesem soll die Abscheidung und 
Einlagerung des Treibhausgases CO2 geregelt werden. Die Technik ist bisher so 
gut wie gar nicht erprobt. Das Gesetz soll letztlich entgegen den 
Verlautbarungen, es handele sich um ein Klimaschutzvorhaben, vor allem den 
Rahmen für ihre Entwicklung liefern. Nicht zuletzt ist die Verabschiedung des 
Gesetzes Voraussetzung dafür, dass die Interessenten RWE [1] und Vattenfall [2] 
(siehe auch 'Merkel steht zu Vattenfall' [3]) Fördergelder in der Höhe von 
mehreren hundert Millionen Euro aus Brüssel abrufen können. Die EU-Kommission 
stellt verschiedenen Projekten EU-weit insgesamt rund eine Milliarde Euro [4] 
zur Verfügung.

Auffällig ist, dass vor allem die beiden Konzerne, die im wesentlichen die 
deutsche Braunkohle verstromen, Interesse an CCS haben. Das dürfte daran 
liegen, dass Steinkohle mittelfristig ohnehin so teuer werden wird [5], dass 
sich mit ihr nicht mehr rentabel neue Kraftwerke betreiben lassen. Schon gar 
nicht, wenn auch noch eine teure Technologie hinzukommt, die den elektrischen 
Wirkungsgrad um rund zehn Prozentpunkte drückt, wie in der Branche bisher 
geschätzt wird. Wenn überhaupt, lohnt sich das Ganze also nur mit der billigen 
Braunkohle, und so ist es denn wohl auch zu erklären, dass das Gesetz auch von 
der rot-roten Landesregierung Brandenburgs mitgetragen wird. Die Linkspartei 
ist zwar für ein Auslaufen der Tagebaue, hat aber in der ihr eigenen Konsequenz 
den ausgewiesenen Braunkohlefan Ralf Christoffers zum Potsdamer 
Wirtschaftsminister gemacht.

Was steht nun in dem neuen Gesetz? Nach Angaben [6] von Oliver Krischer, 
Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion für Energie- und Ressourceneffizienz, 
wird die künftige maximale Menge, die bundesweit eingelagert werden darf, nicht 
wie von der Bundesregierung gefordert auf acht, sondern auf vier Millionen 
Tonnen jährlich begrenzt. Das wäre nur wenig mehr als ein Prozent der 
jährlichen Emissionen des Kraftwerksektors, womit klar ist, dass es nicht um 
Klimaschutz geht.

Die Haftung für die Lagerstätten soll schon nach 40 Jahren vom Betreiber auf 
die öffentliche Hand übergehen, aber derlei Umgang mit den Risiken kennt man ja 
bereits von der Atomindustrie, die ihre Anlagen auch nicht wirklich versichern 
muss.

Die Bundesländer wurden ansonsten mit einer Klausel beruhigt, deren eifrigster 
Gegner übrigens Christoffers war, die ihnen das Verbot von Lagerstätten 
ermöglichen soll. Für Pipelines gilt das jedoch nicht, und auch ein generelles 
Verbot von Lagerstätten auf dem Territorium eines Bundeslandes scheint nicht 
möglich zu sein. Kirscher verweist auf eine Einschätzung des Wissenschaftlichen 
Dienstes des Bundestages [7] wonach ein flächendeckendes Verbot wahrscheinlich 
nicht möglich sei.

In den potenziell betroffenen Regionen gibt es, wie hier [8] mehrfach [9] 
berichtet [10], schon seit einigen Jahren vehementen Widerstand gegen etwaige 
CO2-Deponien im Untergrund. Entsprechend hagelte es nach der Einigung im 
Vermittlungsausschuss Protest. 

Bürgerinitiativen [11] aus Berlin, Brandenburg [12], Niedersachsen [13], 
Sachsen-Anhalt [14] und Schleswig-Holstein [15] sprechen in einer gemeinsamen 
Pressemitteilung [16] von einer Bankrotterklärung und verweisen darauf, dass 
der Klimaschutz als Zweckbestimmung aus dem Gesetz gestrichen wurde: "Eine 
Entscheidung für diesen Gesetzentwurf wäre ein Anschlag auf die 
Trinkwasserversorgung [17] der Bundesrepublik Deutschland und eine Entscheidung 
gegen die Energiewende."

Links

[1] 
http://www.rwe.com/web/cms/de/2688/rwe/innovationen/stromerzeugung/clean-coal/igcc-ccs-kraftwerk/
[2] http://www.vattenfall.de/de/vattenfall-und-ccs.htm
[3] http://www.heise.de/tp/artikel/37/37167/1.html
[4] 
http://www.euractiv.de/energie-und-klimaschutz/artikel/eu-milliarden-fr-energieprojekte-002476
[5] 
http://www.renewableenergyworld.com/rea/news/article/2012/06/cheap-coal-is-dead-long-live-renewable-age-part-1
 
(Dank an Foren-user bit4me für den Link.)
[6] 
http://oliver-krischer.eu/detail/nachricht/vermittlungsausschuss-reanimiert-mit-kohle-ccs-totes-pferd.html
[7] 
http://oliver-krischer.eu/nc/detail/nachricht/gutachten-bestaetigt-laenderklausel-im-ccs-gesetz-ist-so-nicht-haltbar.html
 
[8] http://www.heise.de/tp/artikel/33/33594/1.html
[9] http://www.heise.de/tp/artikel/30/30360/1.html
[10] http://www.heise.de/tp/artikel/32/32873/1.html
[11] http://www.wir-im-niederbarnim.de/
[12] http://ccs-protest.de/presse.html
[13] http://bi-für-ostrhauderfehn.de/16.html
[14] http://www.kein-co2-endlager-altmark.de/was-ist-ccs 
[15] http://www.kein-co2-endlager.de/
[16] http://www.co2bombe.de/ 
[17] http://www.allianz-wasserwirtschaft.de/pages/themen/ccs-technologie.php 



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