http://www.faz.net/-h00-7223l

FAZ - 12.08.2012

Energiewende 

FDP rüttelt am Ökostrom-Gesetz

Die Ausgaben für Ökostrom steigen immer schneller. Wirtschaftsminister Rösler 
hat sich nun abermals für einen Systemwechsel ausgesprochen. 
Nordrhein-Westfalens FDP-Chef Christian Lindner fordert gar, das 
Erneuerbare-Energien-Gesetz abzuschaffen

Vor dem Gipfel zur Energiewende im Kanzleramt Ende August mehren sich in der 
FDP die Stimmen, die einen Systemwechsel bis hin zur Abschaffung des 
Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) fordern. "Wir brauchen bei den erneuerbaren 
Energien nicht nur eine Kürzung der Fördersätze, sondern ein neues System", 
sagte der FDP-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler in einem 
am Sonntag veröffentlichten Interview [*] mit dem Magazin "Focus". "Den 
erwarteten Anstieg sollten wir für eine grundlegende Reform des Gesetzes 
nutzen." Das werde er beim Energiegipfel vorschlagen. "Die Reform der 
Ökostromförderung ist entscheidend."

Nordrhein-Westfalens FDP-Chef Christian Lindner fordert, das EEG abzuschaffen. 
"Ich bin dafür, dass wir im Herbst konkret über ein Ausstiegsgesetz 
nachdenken", sagte Lindner im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Das 
Fördergesetz für Ökoenergien sei nicht mehr zeitgemäß, weil es mit 
Dauersubventionen zu instabilen Stromnetzen und Preissteigerungen führe. Nötig 
sei ein marktwirtschaftliches System, bei dem Effizienz und Kosten ins Zentrum 
der Energiewende rückten.

Umweltministerium hält am Ökostrom-Gesetz fest

Wirtschaftsminister Rösler greift  mit seinen Äußerungen in den 
Entscheidungsbereich von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) ein, der für die 
erneuerbaren Energien und damit das Fördergesetz EEG zuständig ist. Eine 
Arbeitsgruppe der FDP unter Beteiligung des Ministeriums arbeitet auch mit 
Blick auf den Bundestagswahlkampf an einem Reformkonzept. Das Umweltministerium 
zeigte sich für Reformen offen, machte aber deutlich, dass es im Kern am EEG 
festhalten will: "Das EEG ist aufgrund seiner Struktur und Wirkungsweise ein 
Gesetz, das regelmäßig an die sich verändernden Gegebenheiten angepasst werden 
muss", sagte ein Ministeriumssprecher.

Seit Wochen richtet Rösler bei der Energiewende den Fokus auf die Kosten. Im 
Juli zahlten die vier Netzbetreiber im dritten Monat in Folge bereits mehr Geld 
an die Erzeuger aus, als sie von den Kunden dafür bekamen [1]. In einem 
Interview [2] mit der F.A.Z. im Juni bezeichnete Rösler das 
Erneuerbare-Energien-Gesetz als die Wurzel vieler Energiemarktprobleme und 
forderte mehr Wettbewerb und mehr Marktintegration.

Umlage vor weiterem Anstieg

Im Oktober wird die Umlage für alle Verbraucher für die Förderung von Strom aus 
Wind, Wasser oder Sonne für 2013 veröffentlicht. Es wird mit einem Anstieg auf 
über 5 von derzeit knapp 3,6 Cent pro Kilowattstunde gerechnet, was jährlich 
für den Durchschnittshaushalt einen Aufschlag von etwa fünf bis sechs Euro pro 
Monat auf den Strompreis bedeuten würde.

Allerdings sinken trotz Atomausstiegs an der Börse die Strompreise und haben 
laut Industrieverband VIK den tiefsten Stand seit über zwei Jahren erreicht, 
was auch auf den wachsenden Anteil von Ökostrom zurückzuführen ist. Eine 
Weitergabe dieses niedrigeren Preises an die Endkunden könnte die Kosten durch 
den Aufschlag dämpfen. Große Teile der Industrie sind von der Ökostrom-Umlage 
befreit.

Quelle: nal. mit Reuters, dpa

[1] http://www.faz.net/-h00-71vhu
[2] http://www.faz.net/-h00-70l58

Weitere Artikel
Ökostrom knackt Marke von 25 Prozent
http://www.faz.net/-gqe-71mf8


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http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article2368034/Philipp-Roesler-fuer-Oelbohrungen-im-Watt.html
 

Hamburger Abendblatt - 13.08.2012

Energiewende

Philipp Rösler für Ölbohrungen im Watt

Wirtschaftsminister Philipp Rösler zeigt sich um die Versorgungssicherheit 
besorgt. Die FDP rüttelt an den Subventionen für Ökostrom

Christian Unger 

CUXHAVEN. Philipp Rösler zieht sich wieder um. Er hängt die grelle 
Sicherheitsjacke zurück an den Haken, legt Helm und Handschuhe beiseite und 
fährt sich mit den Händen kurz durch das Haar. Eben noch stand der 
Bundeswirtschaftsminister knapp 30 Meter über der Nordsee, oben auf dem 
Hubschrauberlandeplatz der Bohr- und Förderinsel "Mittelplate A", eine gute 
halbe Stunde Schifffahrt von Cuxhaven entfernt. Rösler ist jetzt fertig mit dem 
Rundgang zum Bohrturm und in den Keller der Plattform, dort, wo das Öl 
kilometertief aus dem Boden der Nordsee gefördert wird. Rösler ist jetzt auch 
fertig mit den Interviews und Pressestatements, die Fotos sind gemacht, und 
auch der Eintrag ins Gästebuch der Bohrinsel. Also, Abfahrt.

Es ist ein Sommer, in dem es viele Fotos von Philipp Rösler in Schutzweste oder 
mit Helm gibt. Anfang des Monats besuchte der Minister gemeinsam mit dem 
niedersächsischen Umweltminister und FDP-Kollegen Stefan Birkner den 
Offshore-Windpark "Alpha Ventus". Und im Juni ließ sich Rösler von den 
Fotografen bei einem Besuch des Kohlekraftwerks in Hamm ablichten. Rösler reist 
fleißig durch die Energierepublik Deutschland. Und er reißt fleißig das Thema 
Energiewende an sich und sein Ministerium.

In der Euro-Krise gelang es dem Parteichef der Liberalen bisher nur selten, aus 
dem Schatten von Kanzlerin Angela Merkel hervorzutreten und die Debatte 
voranzutreiben. Bei der Energiewende klappt das prächtig. Und aus seinen 
Ambitionen macht Rösler kein Geheimnis. Im Gegenteil: Seine "Energiereise" 
flankiert er mit wuchtigen Sätzen und passenden Nachrichten.

"Die Energiewende ist eine Aufgabe von historischer Dimension und neben der 
Euro-Krise für mich das wichtigste Thema", sagt er in "Bild am Sonntag". Die 
Abteilung "Energiepolitik" des Ministeriums will er personell verstärken. 
Geplant seien 20 neue Stellen, die bis 2018 befristet sind. Rösler forderte 
unlängst eine Lockerung der europäischen Umweltstandards, um Investitionen in 
den Ausbau der fehlenden Stromtrassen zu erleichtern. Und der Minister 
attackiert das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). "Wir brauchen bei den 
erneuerbaren Energien nicht nur eine Kürzung der Fördersätze, sondern ein neues 
System", verlangt er im "Focus" [*].

Rösler warnt, fordert, mischt sich ein. Und in seinen Sätzen über die 
Energiewende klingt immer auch eine Skepsis durch, ob das schwarz-gelbe Projekt 
gelingen kann, in welcher Zeit und mit welchen Kosten. Unterstützt wird der 
Parteichef von seinem früheren Generalsekretär und jetzigen NRW-Chef der 
Liberalen, Christian Lindner. Der will nun das EEG gleich ganz abschaffen.

Das Fördergesetz sei nicht mehr zeitgemäß, weil es mit Dauersubventionen zu 
instabilen Stromnetzen und Preissteigerungen führe. Nötig sei ein 
marktwirtschaftliches System, bei dem Effizienz und Kosten ins Zentrum der 
Energiewende rückten. Röslers FDP gibt sich als die Kraft der wirtschaftlichen 
Vernunft in der Energiewende. Ein Besuch der Ölplattform passt da gut ins 
Konzept. Hier hat Rösler nichts zu kritisieren, hier lobt er nur.

Die Ölförderung sei zentral bei der Versorgungssicherheit Deutschlands. Der 
FDP-Chef redet auf der Bohrinsel viel von "hohen Standards" der "deutschen 
Ingenieurleistung" und dem "Export von Know-how". Mit "Mittelplate" beweise der 
Energiekonzern RWE, dass der Ausgleich von Umwelt und Industrie funktioniere. 
Gerade erst hat das Unternehmen Anträge für vier weitere Bohrungen im 
Wattenmeer gestellt. 27 Tonnen Rohöl förderte die Bohrinsel "Mittelplate" seit 
1987, 23 Millionen Tonnen sollen folgen, ebenso viel Öl verspricht sich RWE 
Dea, die Tochterfirma des Energiekonzerns, von möglichen neuen Ölfeldern.

Die Umweltverbände Nabu, WWF und Schutzstation Wattenmeer kritisieren das 
Vorhaben neuer Bohrungen scharf. Sie würden das Weltnaturerbe Wattenmeer 
gefährden. Bohrungen erhöhten die Gefahr von Ölverschmutzungen in einem 
besonders sensiblen Lebensraum.

Die einheimische Erdölförderung deckt etwa drei Prozent des Bedarfs von 
Deutschland. Die Entscheidung für oder gegen die Erschließung neuer Ölquellen 
müssten die Behörden in den betroffenen Bundesländern Niedersachsen und 
Schleswig-Holstein treffen, sagte Rösler. Doch sein Besuch auf der Plattform 
und sein Lob für RWE zeigen, dass der Wirtschaftsminister auch hier politische 
Schützenhilfe für die Industrie und gegen die Umweltverbände leistet.

Wer Rösler auf der Bohrinsel begleitet, hört oft Worte wie "Stabilität" und 
"Zukunftspotenzial". Er verweist auf die "guten Erfahrungen der vergangenen 25 
Jahre". Es sind Worte, die im Gegensatz stehen zu Röslers Äußerungen über den 
Fortschritt beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromleitungen. Auf 
der Bohrinsel gibt es keine Skepsis.

Angebracht sind Zweifel über den Ausbau von Windenergie oder Solartechnik und 
vor allem den der notwendigen Stromleitungen. Die Pläne der rot-grünen 
Bundesregierung von Anfang des Jahrtausends, bis zum Jahr 2020 Windkraftanlagen 
mit einer Leistung von 20 000 Megawatt in Nord- und Ostsee zu bauen, wurden auf 
rund 10 000 Megawatt eingedampft. Der Ausbau vieler Trassen für den Transport 
des Stroms von der Küste ins Landesinnere stockt wegen der Klagen von Verbänden 
und Anwohnern. Investoren sind verunsichert. Also muss die staatliche 
Förderbank KfW einspringen. Sie will bis 2017 rund 100 Milliarden Euro für 
Darlehen im Bereich Erneuerbare Energien bereitstellen.

An dem Tag, als der Wirtschaftsminister die Bohrinsel besuchte, waren noch zwei 
andere Politiker in Cuxhaven: Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister 
(CDU) und Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) besichtigten einen neuen 
Anleger zum Beladen von Schiffen, Pontons und Hubplattformen. Von September an 
soll ein Spezialschiff Stahlelemente von dem 266 Meter langen Anleger in 
Richtung Meer transportieren. Auch McAllister und Scholz warben für den 
Standort und lobten die Technologie. Es ist Stahl für neue Windkrafträder.

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LINKS [Red.]

[*] http://www.focus.de/finanzen/__aid_798476.html 

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