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N A B U - P R E S S E D I E N S T  ----  NR. 86/14 ---- 24.7.2014 
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Umwelt/Vögel
Rote Liste zeigt: Zehn Prozent mehr Vogelarten als bislang angenommen
Tschimpke: Wir müssen Arten kennen und retten, ehe es zu spät ist
 
Berlin/Cambridge – Nach Einschätzungen des NABU-Dachverbands BirdLife
International gibt es weltweit 361 mehr Vogelarten als bislang bekannt.
Dies geht aus der heute vorgestellten Roten Liste für alle Vogelarten
der Erde hervor, die BirdLife im Auftrag der IUCN (International Union
for Conservation of Nature) erarbeitet hat. Grundlage ist der erste Teil
taxonomischer Untersuchungen, die alle Nichtsperlingsvögel umfasst, also
fast die Hälfte aller Vogelarten. Die meisten der Neuzugänge waren
bislang nur als Unterarten oder Rassen bekannt. Mithilfe neuer
Analysemethoden wurde jedoch klar, dass sie eigenständige Arten sind. So
gibt es nun beispielsweise eine zweite Straußen-Art: Den Somali-Strauß
hielt man zuvor nur für eine Unterart des Afrikanischen Straußes.
„Besonders besorgniserregend ist, dass ein Viertel der neu
beschriebenen Vogelarten direkt auf der Roten Liste landete. Fast 90
bedrohte Vogelarten sind bislang unter dem Radar des Naturschutzes in
Richtung Aussterben flogen“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Der
neu klassifizierte Somali-Strauß beispielsweise musste – anders als sein
Verwandter – direkt als gefährdet eingestuft werden. Durch Jäger und
Eiersammler nimmt sein Bestand rapide ab. 
„Die Ergebnisse zeigen auch, dass der Schutz der Biodiversität endlich
mehr Bedeutung erlangen muss. Wir müssen Arten kennen und schützen, ehe
es zu spät für sie ist“, forderte Tschimpke. Ein hoher Anteil der neu
klassifizierten und vom Aussterben bedrohten Vogelarten lebt in
Südostasien. Aufgrund ihrer ausgeprägten Inselwelt ist die Region
bekannt für ihre hohe biologische Vielfalt und zahlreiche endemische
Arten, die nur hier vorkommen. So verschwinden beispielsweise in
Indonesien Lebensräume in atemberaubendem Tempo, etwa durch die
wachsende Bevölkerung und Ölpalmplantagen.
Auch in Europa heimische Arten zeigen alarmierende Entwicklungen, so
etwa der Bartgeier. Während er sich dank aufwendiger
Artenschutzprogramme in Europa langsam erholt, nimmt er in seinem
weltweiten Bestand ab. Sein Tod an Stromleitungen, zunehmende Störungen
in Gebirgsregionen und vor allem Vergiftungen führen dazu, dass er
inzwischen auf die globale Vorwarnliste gerutscht ist. Wie alle anderen
Geierarten ernährt sich auch der Bartgeier von Aas. Und dies wird ihm
zum Verhängnis: Über verendete Tiere nehmen Bartgeier das
entzündungshemmende Medikament mit dem Namen Diclofenac zu sich, das
ursprünglich aus der Humanmedizin stammt und seit den neunziger Jahren
auch verstärkt bei Nutztieren eingesetzt wird. Nehmen die Geier das
Präparat über Aas zu sich, sterben sie an Nierenversagen. Südlich des
Himalayas und in Afrika ist das Ausmaß des Geiersterbens besonders
dramatisch. Hier sind artenübergreifende Bestandseinbrüche von 60 bis 99
Prozent zu verzeichnen. „Das einstige Millionenheer der Geier ist auf
klägliche Reste zusammengeschrumpft. Dabei spielen die Vögel eine
wichtige Rolle bei der Vermeidung von Krankheiten“, so NABU-Präsident
Tschimpke.
Das Ergebnis des zweiten Teils der taxonomischen Untersuchungen wird
für kommendes Jahr erwartet. Hierin werden dann auch alle
Sperlingsvögel neu bewertet. Die Rote Liste der IUCN wird mindestens
alle vier Jahre veröffentlicht. „Die internationale Rote Liste der
Vogelarten hilft dabei, einzelne Arten zu identifizieren, die unseren
Schutz brauchen. Gleichzeitig lenkt sie auch den Blick auf
Schlüsselregionen und -lebensräume, die wir erhalten müssen“, sagte
Tschimpke. So legen BirdLife und der NABU besonders wichtige Gebiete für
den Vogelschutz fest, sogenannte „Important Bird and Biodiversity Areas“
(IBAs). In der Europäischen Union dienen diese Regionen unter anderem
als Vorlage für die Europäischen Vogelschutzgebiete im
Natura-2000-Netzwerk. 
 
Für Rückfragen: 
Konstantin Kreiser, NABU-Experte für internationale Biodiversität,
mobil: 0172-4179730
 
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Redaktion: Kathrin Klinkusch, Annika Natus, Iris Barthel, Nele Rissmann
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