Zumeldung zum aktuellen Stand der Jamaika-Sondierungen in Sachen
Landwirtschaft:

 

Der NABU kritisiert den heute geleakten Verhandlungsstand in Sachen
Landwirtschaft scharf. Aus dem dem NABU vorliegenden Papier geht hervor,
dass CDU, CSU und FDP strikt am System der milliardenschweren und
überwiegend umweltschädlichen Agrarsubventionen festhalten wollen. So
machen die drei Parteien in dem Papier deutlich, dass die
Direktzahlungen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union und
deren Säulenstruktur weitergeführt werden sollen – ein klares Geschenk
an die mächtige Agrar-Lobby. Umschichtungen der knapp 60 Milliarden Euro
jährlich hin zu mehr Gemeinwohlleistungen wie Umwelt- und Naturschutz
lehnen sie ab, sowohl kurz- wie auch langfristig. 

 

Dazu NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Hier bahnt sich ein
Fiasko für Umwelt und Steuerzahler an. Die derzeitige EU-Agrarpolitik
verbrennt ungezielt Milliarden an Steuergeldern und zieht folgenschwere
Umweltschäden nach sich, etwa durch belastetes Trinkwasser und sterbende
Insekten. Ein Festschreiben der Direktzahlungen über 2020 hinaus wäre
der Sargnagel für die Artenvielfalt, aber auch für die ländlichen Räume.
Mit so wenig Weitsicht gibt Jamaika auch jenen Bauern keine Perspektive,
die zum Wohle der Allgemeinheit und der Umwelt wirtschaften wollen. Die
weiterhin hochgradig ineffiziente Steuergeld-Verteilung per Gießkanne
wäre gerade für den Nettozahlerstaat Deutschland fatal“, so Miller. 

 

Ein solcher Jamaika-Beschluss wäre besonders gravierend, da die
EU-Agrarpolitik bereits im kommenden Jahr auf EU-Ebene neu verhandelt
und bis Ende des kommenden Jahrzehnts festgeschrieben wird. Wie sich
Deutschland in dieser Frage verhält, entscheidet wesentlich mit im
Hinblick auf die Verteilung des mit rund 40 Prozent größten Postens des
EU-Haushalts.

 

Link zum relevanten Abschnitt des Papiers:
https://twitter.com/NABU_Biodiv/status/930409212987019264 

 

 

Für Rückfragen:

Konstantin Kreiser, NABU-Experte fuer EU-Agrarpolitik, Tel. +49
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NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 129/17 | 14. NOVEMBER 2017

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Umwelt/Bundespolitik

NABU: Das muss passieren, damit Jamaika kein Umwelt-Totalausfall wird

Tschimpke: Agrarreform, Verkehrswende und Kohleausstieg sind absolutes
Muss

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Berlin – Der NABU fordert von den potenziellen Jamaika-Koalitionären
klare Bekenntnisse für mehr Natur- und Umweltschutz. Bis zur „Nacht der
langen Messer“ am Donnerstag seien noch zahlreiche Beschlüsse notwendig,
um Deutschland zukunftsfähig aufzustellen bei den Themen Klima- und
Naturschutz, im Verkehr und in der Landwirtschaft. 

 

„Jamaika hat Potenzial – zumindest theoretisch. CDU, CSU, FDP und Grüne
könnten die Zukunftsfelder Fortschritt und Nachhaltigkeit vereinen. Sie
sollten die historische Chance nutzen, Deutschland zum Spitzenreiter in
der Klima- und Umweltpolitik zu machen. Das Bündnis könnte die Agrar-
und Ernährungspolitik neu gestalten und Deutschland als Standort für
grüne Innovationen entwickeln. Doch bislang formt sich hier kein
Zukunfts-Projekt, sondern ein zähes Zweckbündnis ohne Vision“, so
NABU-Präsident Tschimpke. 

 

Um einen drohenden Totalausfall in Sachen Klima und Umwelt zu
vermeiden, müssten CDU, CSU, FDP und Grüne bis Donnerstag mindestens
folgende Punkte vereinbaren:

 

Klimaschutz: In der Energie- und Klimapolitik sind die potenziellen
Koalitionäre noch sehr weit auseinander, auch die Lücke zwischen
notwendigen CO2-Einsparungen und bislang erwogenen Maßnahmen klafft
gewaltig. „Jamaika scheint sich schon jetzt seine Klimabilanz
schönzurechnen. Das ist eine fatale Haltung, gerade mit Blick auf die
laufende Klimakonferenz in Bonn, international steht die Glaubwürdigkeit
Deutschlands auf dem Spiel. Jamaika muss Schluss machen mit
durchsichtigen Rechentricks“, so Tschimpke. Der NABU fordert im
Koalitionsvertrag ein klares Bekenntnis, dass Deutschland seine
Klimaschutzziele bis 2020 erreichen wird. Dazu muss zwingend der
Kohleausstieg eingeläutet werden, die dreckigsten Kohle-Kraftwerke
müssen sofort vom Netz. Ziel muss es sein, bis 2020 mindestens 100
Megatonnen CO2 in der Kohlesparte zusätzlich einzusparen. Jamaika lässt
darüber hinaus ein Klimaschutzgesetz vermissen, das die rechtliche
Grundlage für die Durchsetzung des Klimaschutzes in Deutschland legen
würde.

 

Verkehr: Beim Sorgenkind Verkehrspolitik fehlt ein klares Bekenntnis
der Verhandler zu dem im Klimaschutzplan 2050 verankerten Ziel. Dieses
sieht vor, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 42 Prozent zu senken.
Stand jetzt wird Deutschland dieses Ziel verfehlen. „Nicht erst seit dem
Diesel-Skandal droht Deutschland im Verkehrsbereich in die Röhre zu
schauen. Technische Innovationen haben Politik und Hersteller jahrelang
verschlafen, im blinden Festhalten an veralteten Technologien. Das muss
ein Ende haben, Deutschland braucht eine echte Verkehrswende“, so
Tschimpke. Nachdem die Jamaika-Sondierer bereits das Ende des
Verbrennungsmotors von ihrer Liste gestrichen haben, muss der Fokus nun
auf wesentlich schärferen CO2-Grenzwerten für Pkw, leichten
Nutzfahrzeugen und Lkw liegen. Dieses Ziel muss die künftige
Bundesregierung auch auf europäischer Ebene verfolgen, denn der
vergangene Woche vorgelegte Gesetzesentwurf der EU-Kommission ist viel
zu schwach. Statt der dort genannten 30 Prozent sind auf EU-Ebene
mindestens 70 Prozent Emissionsminderung bis 2030 nötig. Dies hat
unlängst auch das Umweltbundesamt bestätigt. 

 

Landwirtschaft: Wie Deutschland seine Lebensmittelproduktion künftig
ohne Schäden für Umwelt und Steuerzahler sicherstellen will, dazu bleibt
Jamaika bislang fast sämtliche Antworten schuldig. „Das dramatische
Insektensterben, und die Belastung des Grundwassers durch Nitrat sollten
allen Parteien ein Alarmsignal sein. Die Akzeptanz für die
milliardenschwer subventionierte Landwirtschaft sinkt drastisch. CDU,
CSU, FDP und Grüne müssen in einen Umbau der Landwirtschaft investieren.
Sie müssen Landwirten helfen, naturverträglicher zu produzieren und
hochwertige Produkte erfolgreich vermarkten zu können“, so Tschimpke.
Der NABU fordert dazu eine grundlegende Änderung der EU-Agrarpolitik:
Die Pauschalsubventionen mit der Gießkanne müssen ersetzt werden durch
gezielte Investitionen sowie einen neuen EU-Naturschutzfonds in Höhe von
15 Milliarden Euro jährlich. So könnten Landwirte attraktive Einkommen
für Naturschutzleistungen erhalten, ein großer Beitrag zum Stopp des
Artenschwunds würde geleistet und die Landwirtschaft insgesamt
nachhaltiger. Mit Blick auf die Zulassung von Pestiziden kritisiert der
NABU die bereits im Sondierungspapier von der Agrarlobby platzierten
Formulierungen: Statt neue Präparate schneller zuzulassen, sollte
Jamaika den Einsatz von Pestiziden massiv eindämmen. In jedem Fall
müssten deren Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen besser überprüft
werden.

 

Naturschutz: Die immer intensivere Landnutzung ist ein zentraler
Treiber des Artenschwunds. „Wir erwarten ein klares Bekenntnis zur
Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt. Dieses fehlt bislang
völlig“, so Tschimpke. Jamaika müsse klar festlegen, die Strategie in
der kommenden Legislaturperiode ressortübergreifend umzusetzen und
ausreichend zu finanzieren, insbesondere durch gezielte EU- und
Bundesmittel.


Anlässlich der Sondierungsgespräche hat der NABU eine
Online-Protestaktion gestartet. Auf www.NABU.de/neueagrarpolitik
( http://www.nabu.de/neueagrarpolitik) können sich Interessierte ganz
einfach per E-Mail an die Parteispitzen wenden und sie dazu auffordern,
sich für eine naturverträgliche Landwirtschaft einzusetzen.
 
Kostenfreie Pressefotos zu NABU-Protesten anlässlich der
Sondierungsgespräche: https://seafile.nabu.de/d/907e018d05/
 
 
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