Heinrich-Böll-Stiftung/Klima der Gerechtigkeit

http://klima-der-gerechtigkeit.de/2018/04/12/ein-preis-auf-co2-der-schluessel-zur-klimapolitik-kritische-thesen-zu-neuen-vorschlaegen/
 

 

12. April 2018 

 

Ein Preis auf CO₂ - der Schlüssel zur Klimapolitik? 

 

Kritische Thesen zu neuen Vorschlägen

 

Ein Gastbeitrag von Thomas Fatheuer <http://www.boell.de/de/node/151498> 

 

Um die Klimapolitik ist es nicht gut bestellt - das ist zumindest nach dem 
eingestandenen Nicht-Erreichen der Klimaziele in Deutschland weitgehender 
Konsens. Mit neuer Dringlichkeit stellt sich also die Frage: Was tun? Ein 
Vorschlag, der Perspektiven in die Klimapolitik bringen will, gewinnt dabei 
immer mehr an Sichtbarkeit: ein genereller Preis für CO₂. „Nur mit der baldigen 
Einführung höherer CO₂-Preise über alle Sektoren (Strom, Wärme, Verkehr) sind 
die Klimaschutzziele 2030 noch erreichbar. Darüber sind sich eine 
überwältigende Anzahl von Akteuren längst einig“ - erklärt der Verein für eine 
CO₂-Abgabe <https://co2abgabe.de/category/pressemedien/>  kategorisch.

 

Zwar hat es die Bepreisung von CO₂ nicht in den Koalitionsvertrag geschafft, 
aber damit ist die Debatte noch lange nicht beendet. Denn auch international 
propagiert ein mächtiges Akteursnetzwerk die Bepreisung von CO₂ als Königsweg 
der Klimapolitik. „Put a price on Carbon“ heißt die prägnante englische 
Kurzformel dafür. Neue Aktualität hat die Debatte um die Bepreisung von CO₂ 
durch eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und 
Entwicklung (OECD) bekommen. Die Botschaft der OECD 
<http://www.oecd.org/tax/higher-price-on-carbon-needed-to-effectively-tackle-climate-change.htm>
  ist klar und repräsentativ: 

 

„CO₂-emissions from energy use are a primary contributor to climate change. 
Putting a price on carbon, through taxes or through emissions trading systems, 
is one of the most effective tools for reducing the CO₂-emissions from energy 
use. Prices can reduce energy use, improve energy efficiency, and drive a shift 
towards less harmful forms of energy.“

 

Tatsächlich sind seit 2017 auch in Deutschland Stimmen deutlicher hörbar 
geworden, die in einer Bepreisung des CO₂-Ausstoßes die zentrale Antwort auf 
die aktuellen Engpässe sehen. So hat sich im März 2017 in der deutschen 
„Ökohauptstadt“ Freiburg der Verein für eine nationale CO₂-Abgabe gegründet, 
dem so hoch angesehen Akteure angehören wie die Elektrizitätswerke Schönau 
(EWS) und die GLS Bank.

 

Im Folgenden sollen die Vorschläge des Freiburger Vereins stellvertretend für 
zahlreiche Argumentationen rund um eine Bepreisung von CO₂ diskutiert werden. 
Die Vorschläge des Vereins finden sich zusammengefasst im Diskussionspapier 
„Welchen Preis haben und brauchen Treibhausgase?“ 
<https://co2abgabe.de/wp-content/uploads/2017/06/Diskussionspapier_CO2_Abgabe_Stand_2017_06_18.pdf>
  des CO₂-Abgabe e.V., Freiburg i.Br. (im Folgenden „Verein“ genannt, nicht 
weiter gekennzeichnete Zitate beziehen sich auf dieses Papier.) Das Papier 
bietet einen guten Überblick über verschiedene Vorschläge zur Bepreisung von 
CO₂ und findet sich auf der Internetpräsenz des Vereins - neben anderen 
Materialien.

 

Warum der Emissionshandel nicht ausreicht

 

Ist das Prinzip der Bepreisung von CO₂ als zentraler Baustein von Klimapolitik 
immer wieder beschworen worden, gibt es bei der Umsetzung durchaus 
unterschiedliche Wege: ein CO₂-Preis kann mit einem Emissionshandel verknüpft 
sein oder aber durch Steuern beziehungsweise Abgaben erreicht werden. Im Rahmen 
des europäischen Emissionshandels (EU-ETS) ist eine (partielle) Bepreisung von 
CO₂ erreicht worden, die allerdings allgemein als unzureichend angesehen wird. 
Ende 2017 lag der CO₂-Preis des EU-ETS bei etwa sieben Euro pro Tonne, bis 
April 2108 stieg er immerhin auf über 12 Euro.

 

Der Verein für eine CO₂-Abgabe legt überzeugend dar, warum dennoch keine 
Erwartungen in den EU-ETS gesetzt werden sollten und eine Reform desselben, die 
ihn in ein wirksames Klimainstrument verwandeln würden, nicht aussichtsreich 
ist. Das liegt unter anderem daran, dass eine Einigung darüber auf 
gesamteuropäischer (EU) Ebene erzielt werden müsste. Der Verein plädiert 
hingegen für eine nationale CO₂-Abgabe. Tatsächlich sollte die immer wieder 
verkündete und dann doch nur in unzureichenden Teilstücken vorangekommene 
„Reform des EU-ETS“ als Hoffnungsträger endlich ausgedient haben. Die Lektion 
ist doch eindeutig. Der EU-ETS hat nicht dazu geführt, dass Deutschland seine 
Klimaziele für 2017 erreicht hat und es gibt keine glaubhafte Perspektive, dass 
dies für 2020 anders aussehen sollte. Selbst Optimisten erwarten, dass der 
EU-ETS eher ab 2030 seine Steuerungsfunktion erfüllen könnte.

 

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich und verdienstvoll, dass der Verein 
die Diskussion auf die nationale Perspektive und eine Besteuerung von CO₂ 
lenkt. Eine nationale Klimapolitik kann und wird nicht die Probleme dieser Welt 
lösen. Aber wer, wenn nicht wohlhabende europäische Länder (Deutschland, 
Schweden, Dänemark) soll denn ein glaubhaftes Beispiel für eine gelungene 
Energiewende und einen weitgehenden Verzicht auf fossile Energieträger 
hinbekommen und damit ein weltweites Beispiel dafür geben, dass eine 
florierende Wirtschaft und allgemeiner Wohlstand mit einer umfassenden 
Transformation des Energiesystems kompatibel sind?

 

Warum eine Abgabe auf CO₂?

 

Es gibt unterschiedlich Gründe für eine CO₂-Abgabe. Erstens könnte sie zu einer 
Vereinfachung der Energiepreise und einer sozialen Ausrichtung klimapolitscher 
Instrumente beitragen:

 

„In Deutschland sind die klimapolitischen Rahmenbedingungen gekennzeichnet 
durch eine kaum noch zu durchschauende Anzahl von Steuern, Umlagen und 
Ausnahmen, die zu unzureichenden Preissignalen für klimaschützende 
Investitionen führen. Darüber hinaus sind die Bereiche Strom, Verkehr und Wärme 
ganz unterschiedlich mit Umlagen und Steuern belastet. Es ist daher nicht nur 
naheliegend, sondern überfällig, die komplexe Steuer- und Umlagenstruktur auf 
Energie in Deutschland am Klimaschutz neu auszurichten. Und zwar nach der 
Umwelt- und Klimaschädlichkeit der eingesetzten Energieträger.“ (S. 7)

 

Eine solche Funktion einer CO₂-Abgabe ist interessant und erstrebenswert. In 
der Studie wird dargestellt, wie eine Abgabe zu einer größeren Transparenz der 
Energiepreise und einer finanziellen Entlastung der meisten Haushalte führen 
könnte.

 

Die zweite und wohl entscheidende Rechtfertigung für eine CO₂-Abgabe ist, dass 
dies das effizienteste Instrument für nationale und globale Klimapolitik sei:

 

„Zahlreiche Sachkundige halten eine ausreichende und funktionierende weltweite 
Bepreisung von Treibhausgasen für das zentrale Instrument, um die 
Klimaerwärmung zu begrenzen. Davon sind inzwischen auch zunehmend Unternehmen 
überzeugt.“ (S. 6)

 

Eine Abgabe soll also einen effizienteren Beitrag zur Vermeidung von 
Klimaschäden leisten als bisherige Politikansätze.

 

Ein Preis auf CO₂ - aber welcher?

 

Ein Preis auf CO₂ ergibt sich nicht von allein. Schließlich will ja niemand CO₂ 
kaufen, es geht um die Bepreisung eines Schadstoffes. Solch ein Preis ist aber 
politisch gesetzt. Als Orientierung gilt eine Berechnung der Schäden, die durch 
die CO₂-Emissionen angerichtet werden oder soll den Kosten für die 
Substitution, also für die Ersetzung einer CO₂-intensiven Energiequelle durch 
eine CO₂-ärmere Energiequelle (z.B. Windkraft), ersetzen. Wie es solche 
Berechnungen nun an sich haben - sie schwanken stark. Die Studie des Vereins 
zitiert das Umweltbundesamt UBA, das die Bandweite der Klimaschäden zwischen 70 
und 215 Euro pro Tonne ansetzt. In solche Schätzung gehen eine Unzahl von 
Variablen ein - und ein (wie immer) unsicherer Blick auf die Zukunft: Wie 
werden die Kosten zu Bewältigung des Klimawandels in der Zukunft sein?

 

In Wirklichkeit reflektieren CO₂-Preise keine in Preise geronnene Realität, 
sondern sind politisch determiniert. Der Verein schlägt einen Preis von 40 Euro 
pro Tonne CO₂ vor. Dieser soll bis 2031 auf 80 Euro steigen. „Der Vorschlag 
orientiert sich an den Schadenskosten des Klimawandels“, soll aber erst 2050 
den Mittelwert von 145 Euro pro Tonne erreichen.

 

Die Berechnungen stehen also auf zumindest unsicheren und schwankenden Füßen - 
und unklar bleibt, was sie konkret erreichen können und werden. Das Beispiel 
Autoverkehr kann das verdeutlichen: Durch einen Preis von 40 Euro pro Tonne 
würde sich ein Auto - so der Verein - um 120 Euro verteuern, der Benzinpreis um 
1,2 Cent pro Liter (S. 47). Selbst wenn man dieses Preissignal auf einen 
fünffachen Wert einer deutlich höheren CO₂-Abgabe erheblich anheben würde - 
würde dies tatsächlich eine Verkehrswende ermöglichen? Konsens herrscht aber 
auch, dass der Verkehrsbereich eine zentrale Baustelle einer umfassenden 
Transformation weg von den fossilen Energieträgern ist. Die Studie kann nicht 
schlüssig darlegen, wie die CO₂-Bepreisung in diesem Bereich wirken soll.

 

Das Beispiel Verkehr zeigt auch, dass die so griffige Formel „Preise müssen die 
ökologische Wahrheit sagen“ bei näherem Betrachten problematisch ist. Durch 
eine CO₂-Abgabe würden tatsächlich externe Kosten internalisiert, also Schäden 
durch Emissionen eingepreist. Aber welche Wirkung würden dadurch erzielt? Dass 
Autofahren einfach etwas teurer wird? Wird dadurch wirklich eine Verkehrswende 
eingeleitet? Eine CO₂ -Abgabe würde auch nicht alle externen Kosten 
internalisieren, sondern nur die des CO₂. Dies könnte wiederum Dieselfahrzeuge 
begünstigen. Was wären die sozialen Konsequenzen? Und wollen wir wirklich nur 
externe Kosten internalisieren oder brauchen wir nicht einfach auch Verbote 
(Dieselfahrzeuge in Städten, schwere SUVs etc.)?

 

Ist da nicht schon ein CO₂-Preis?

 

Noch unübersichtlicher wird die Frage der CO₂-Preise dadurch, dass ganz 
verschiedene Sichtweisen und Berechnungen angestellt werden. Die sicherlich 
nicht unwichtige OECD hat eine weltweite Übersicht über CO₂-Preise 
veröffentlicht und kommt dabei bezüglich Deutschland in der oben erwähnten 
Studie 
<https://read.oecd-ilibrary.org/taxation/effective-carbon-rates/germany_9789264260115-24-en#page1>
  zu folgender Schlussfolgerung: „Germany priced 90% of carbon emissions from 
energy use, and 48% were priced above EUR 30 per tonne of CO₂.“ 

 

Beim Verkehr kommt die OECD gar zu der bestürzenden Schlussfolgerung, dass die 
Bepreisung sich auf einen Wert von mehr als 200 Euro pro Tonne beläuft - 
aufgrund der bereits existierenden steuerlichen Belastung. Das Beispiel Verkehr 
ist hier nun wieder aufschlussreich - offensichtlich ist es gar nicht einfach 
und banal, durch Preise eine Steuerungswirkung zu erreichen, und die 
vorgeschlagene CO₂-Abgabe erscheint für den Verkehrsbereich keine relevanten 
Wirkungen zu versprechen.

 

Alles eine Frage des CO₂?

 

Die Vorschläge des Vereins und viele ähnliche Ansätze teilen eine Grundannahme: 
dass die Bekämpfung des Klimawandels vordringlich eine Frage des CO₂ ist. Die 
Reduzierung des CO₂-Ausstoßes ist das zentrale Ziel und auch nur dies können 
Instrumente wie eine CO₂-Abgabe wirklich erreichen. Die Gefahren dieses 
CO₂-Weges werden dabei nicht wirklich diskutiert. Dabei verfügen wir über 
einige Erfahrungen: Die Beimischung von Treibstoffen auf pflanzlicher Basis, 
beschönigend als Biosprit bezeichnet, hat sich als ökologisches Desaster 
herausgestellt. Nun gehen aber die in der Studie des Vereins vorgestellten 
Trendszenarien von einem deutlich erhöhten Anteil von Biokraftstoffen an dem 
Energiemix des Verkehrssektors aus. Er soll von einem Wert von 108 (PJ/a) im 
Jahre 2016 auf einen Wert von 260 im Jahre 2050 (S. 35) steigen! Angesichts der 
Tatsache, dass aufgrund der offensichtlichen Probleme der Anteil des 
„Biokraftstoffes“ am Energiemix in den letzten Jahren gesunken ist, wird also 
hier eine extrem folgenreiche Wende deklariert, ohne auch nur Umsetzung oder 
Implikationen ansatzweise zu diskutieren.

 

Ökonomische Mechanismen - effizient und technikneutral?

 

Ökonomische Mechanismen wie eine CO₂-Abgabe werden immer wieder als besonders 
effizient und technikneutral angepriesen. Die Politik macht durch den 
steigenden CO₂-Preis eine Vorgabe, die Unternehmen und andere Akteure dann 
flexibel und kostengünstig umsetzen. Dieses Argument scheint attraktiv und ist 
sicherlich auch nicht ganz falsch - aber ist es das, was wir wollen? Zur 
effizienten Umsetzung einer CO₂-Reduzierung kann und soll und muss - nach der 
CO₂-Logik - auch die Atomkraft gehören. Diese ist in Deutschland nicht relevant 
- in Europa schon. Es sollte deshalb stutzig machen, wenn insbesondere 
Großbritannien und Frankreich Verfechter eines CO₂-Mindestpreises sind. 

 

Aber zur Debatte steht nicht nur die Atomenergie. Auch Carbon (Dioxide) Capture 
and Storage (CCS), also CO₂-Abscheidung und -speicherung, könnte einen 
wichtigen Beitrag zu Reduktion von CO₂ leisten und daher durch ein 
CO₂-Preissignal begünstigt werden. Wollen wir das? Um dann nur noch hoffen 
können, dass der CO₂-Preis nicht ausreichen wird, um CCS wettbewerbsfähig zu 
machen? Anders gefragt: wollen wir wirklich die Entscheidung über Technologien 
in die Hand der Ökonomie und CO₂-Logik legen - oder die politische Dimension 
solcher Entscheidungen anerkennen?

 

Preise und Szenarien im machtleeren Raum

 

Die Veröffentlichungen des Vereins suggerieren eine Welt, in der ökonomische 
Logik, angespornt durch Preissignale, das Klimaproblem lösen können. Es 
entwickelt sich in einer Welt, in der Macht und Interessen keine große Rolle 
spielen oder die durch die bestechend logische, ökonomische Strategie der 
Preissignale leicht zu zügeln oder einzubinden seien. Ökonomisch gesehen 
erscheint alles als win-win. Wichtiger Pfeiler des Vorschlages des Vereins ist, 
dass es bei der CO₂-Bepreisung keine Ausnahmen geben soll. „Ausnahmen sind 
bewusst nicht vorgesehen“ (S. 9).

 

Nun widerspricht es sowohl nationalen wie globalen Erfahrungen, dass Vorschläge 
aus Konzeptpapieren 1:1 umgesetzt werden. Sie werden erst in den 
Wiederkäuermägen der politischen Verhandlungen hin und her gekaut und in 
intensiven Lobbyprozessen ausgestanzt - bis hinten etwas herauskommt, was 
anders ist als das, was vorne reinkam. Alle anderen Annahmen sind politisch 
völlig unrealistisch. Einziges ersichtliches Opfer der CO₂-Abgabe wäre die 
„treibhausgasintensive Industrie“: „Bei durchschnittlichem Energieverbrauch 
entlastet die CO₂-Abgabe alle Verbraucher bis auf die treibhausgasintensive 
Industrie.“ 

 

Und die wird durch die Logik der Argumente willig einknicken? Oder durch eine 
mächtige gesellschaftliche Mobilisierung zugunsten einer CO₂-Abgabe in die Knie 
gezwungen? Haben wir nicht erst vor wenigen Jahre die ernüchternde Erfahrung 
mit der Kohleabgabe gemacht? Auch damals hatten Ökonomen 
<http://www.sz-online.de/nachrichten/40-oekonomen-stuetzen-gabriel-plan-zu-kohle-abgabe-3087339.html>
  sich öffentlich für die Abgabe ausgesprochen: „Der Klimabeitrag ist das 
absolute Mindestmaß der jetzt notwendigen politischen Maßnahmen, um den Beitrag 
des Stromsektors zu diesem Ziel zu sichern, das heißt konkret, die Emissionen 
der Energiewirtschaft bis 2020 auf 290 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr zu 
verringern.“ Dieses absolute Minimum ist durch politischen Druck weggespült 
worden. Warum sollte es jetzt anders werden?

 

Ausstieg aus der Braunkohle - so kann es anders werden

 

Aber wie kann das anders werden? Seit dem Desaster der Kohleabgabe hat die 
Bewegung für einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der kohlebasierten 
Energieerzeugung an Kraft und Bedeutung gewonnen. Es ist eine neue öko-soziale 
Bewegung entstanden, die auch junge Menschen mobilisiert und auf die Straße 
bringt. Die umgehende Abschaltung der schmutzigsten Braunkohlekraftwerke und 
der schnelle Ausstieg aus der Braunkohlewirtschaft sind populäre Forderungen, 
die breite Unterstützung in der Bevölkerung genießen. Durch das offensichtliche 
Scheitern der Klimapolitik der Bundesregierung hat die Forderung nach Ausstieg 
aus der Braunkohle ein politisches Momentum erreicht, das es zu nutzen gilt. 

 

Weder löst der Kohleausstieg alle Probleme, noch ist der Erfolg gewiss - aber 
es wäre ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung und würde die soziale 
Mobilisierung wieder in den Mittelpunkt der politischen Debatte rücken. Der Ruf 
nach einer CO₂-Abgabe hingegen hat keine mobilisierende Wirkung. Er verstärkt 
die Illusion, dass eine „rationale“, auf ökonomischen Mechanismen aufbauende 
Lösung den machtpolitischen Engpass lösen könne.

 

Auch bei der Aushandlung eines Kohleausstiegs muss davon ausgegangen werden, 
dass die Forderungen nicht 1:1 erfüllt werden. Auch hier sind Abstriche und 
Kompromisse, die dann unterschiedlich bewertet werden, realistischerweise zu 
erwarten. Dafür ist der Ausstieg aus der Atomenergie ein Lehrstück. Aber solche 
Verhandlungen sind (relativ) transparent und ermöglichen Einmischung. Die 
technischen Aushandlungen von Details bei der Einrichtung von Emissionsmärkten 
oder CO₂-Abgaben sind nicht mehr nachvollziehbar und in ihren Konsequenzen oft 
gar nicht absehbar. Kein Beteiligter an der Einrichtung des Emissionshandels 
hätte vermutet, dass der CO₂-Preis bei dem heutigen Niveau landen würden. 
Nichts garantiert, dass eine CO₂-Abgabe zu einem baldigen Ausstieg aus der 
Braunkohle führt oder eine wirksame Verkehrswende einleitet - insbesondere 
nicht, wenn in Verhandlungen die berühmten Teufel im Detail eingebaut werden.

 

Ziele klar definieren - dann Instrumente bestimmen

 

Die Vorschläge zur CO₂-Abgabe suggerieren, dass mit der Bepreisung von CO₂ eine 
Vielzahl von Problemen gelöst werden könne. Wenn dies überhaupt funktioniert, 
dann aber nur dadurch, dass ökologische Fragen als CO₂-Fragen „geframed“ 
werden. Das hat seinen „Preis“.

 

Eine massive Bepreisung des CO₂ könnte das Ende des fossilen Zeitalters im 
Verkehr ermöglichen, also die Umstellung vom Verbrennungsmotor auf 
Elektroantrieb, ergänzt durch Power-to-Gas-Technologien, Einsatz von 
„Biotreibstoffen“ und eventuell wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen. Das Modell 
des Individualverkehrs könnte so auf breiter Basis mit anderen Motoren 
fortgeführt werden, auch mit allem Materialverbrauch, der dies bedeutet.

 

In der Diskussion ist aber heute bereits eine umfassende Verkehrswende, die den 
Individualverkehr einschränkt, Stadtzentren weitgehend autofrei macht und die 
Zerstörung von Natur durch Straßenbau stoppt, um nur einige Aspekte zu nennen.

 

Um Schritte in diese Richtung zu machen, steht ein Arsenal von Instrumenten zur 
Verfügung: Ausbau des ÖPNV und des Radverkehrs, Verknappung des Parkraums, 
Schaffung autoarmer Zonen in Städten, Verlagerung des Güterverkehrs auf die 
Schiene ...

 

All dies wird nicht oder kaum durch eine CO₂-Abgabe angestoßen. Klar, vieles 
davon ist zurzeit politisch nicht durchsetzbar, aber der politische Engpass 
kann eben nur politisch gelöst werden.

 

 

 

 

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