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-stark-beschnitten

 

02.01.2020 

 

Forschung für Energiewende stark beschnitten

 

Völlig überraschend hat der Haushaltsausschuss des Bundestages die Mittel
für die Energieforschung drastisch gekürzt. Die Entscheidung fiel bereits
bei einer Nachtsitzung im November und wurde erst jetzt publik. Die
Wissenschaft ist bestürzt. 

 

von Susanne Ehlerding 

 

Im kommenden Jahr sollen die Mittel für die Energieforschung im Etat des
Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) um 90 Prozent sinken. Das beschloss der
Haushaltsausschuss des Bundestages am 14. November. Die sogenannten
Verpflichtungsermächtigungen
<https://de.wikipedia.org/wiki/Verpflichtungserm%C3%A4chtigung>  für die
Energieforschung fallen demnach für die Jahre bis 2026 wesentlich niedriger
aus und sinken insgesamt um die Hälfte. Haushaltsrechtlich ist mit den
Ermächtigungen die Planbarkeit von Projekten gesichert. Zuerst berichtete
das Portal „Solarserver
<https://www.solarserver.de/2019/12/23/bundestag-beschliesst-kahlschlag-bei-
energieforschung-2020/> “ kurz vor Weihnachten über die Kürzungen.

 

Während die Barmittel für die Energieforschung im Etat des BMWi für 2020
noch leicht erhöht wurden, sind ab kommendem Jahr starke Minderungen
geplant. Nachzulesen in Drucksache 19/13924
<http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/139/1913924.pdf#page=105>  soll es
die stärksten Einbußen 2021 mit einer Senkung von 105 Millionen auf gut zehn
Millionen Euro geben. 2022 soll die Förderung von 127 Millionen auf 45
Millionen Euro fallen. Für 2023 stehen statt 149 Millionen rund 106
Millionen Euro im Etat. 

 

Danach fallen die Kürzungen etwas weniger deutlich aus: 2024 sind statt 86
Millionen knapp 70 Millionen Euro geplant, 2025 statt 70 Millionen rund 53
Millionen Euro. Für 2026 war der Ansatz mit fünf Millionen Euro ohnehin
gering. 

 

„Tragweite nicht überblickt“

 

„Das zentrale Problem ist die Kürzung der Verpflichtungsermächtigungen für
2021 um 90 Prozent. Im Ergebnis wird das 2020 zu einem schmerzhaften
Einbruch bei den Projektneubewilligungen führen“, sagte Niklas Martin,
Geschäftsführer des Forschungsverbundes Erneuerbare Energien (FVEE
<https://www.fvee.de/> ) Tagesspiegel Background. Besonders betroffen werden
Einrichtungen der angewandten Energieforschung sein, schätzt Martin. Diese
werden traditionell aus dem Etat des BMWi bedient, während das
Forschungsministerium eher die Grundlagenforschung fördert.

 

„In der Tat ist das etwas, das uns große Sorgen macht“, sagte der Co-Chef
des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, Hans-Martin Henning,
auf Nachfrage. Wie viele andere hänge sein Institut mit 1300 Mitarbeitern
nicht unerheblich von BMWi-Projektmitteln ab, das Gros werde für
Personalkosten verwendet. Nun könnten viele Verträge wohl nicht wie geplant
verlängert werden.

 

Eine bewusste Attacke gegen die Energieforschung, wie man bei Twitter
<https://twitter.com/egghat/status/1210141064209805312?s=20>  lesen konnte,
sieht Henning jedoch nicht. „Die Tragweite der Entscheidung ist von denen,
die sie getroffen haben, nicht überblickt worden“, vermutet er. Immerhin
standen in der sogenannten Bereinigungssitzung
<https://www.tagesspiegel.de/politik/die-lange-nacht-der-kleinen-etat-koenig
e-wie-sich-in-den-letzten-minuten-noch-hunderte-millionen-verschieben/252215
22.html>  des Haushaltsausschusses über 1800 Anträge zur Abstimmung. Sogar
das BMWi soll von der Entscheidung überrascht worden sein.

 

Umschichtungen zugunsten der Digitalisierung

 

Der Antrag zur Kürzung der Mittel für die Energieforschung kam allerdings
höchst offiziell von der Regierungskoalition. Im Hintergrund soll der Wunsch
gestanden haben, mehr Mittel für die Digitalisierung zur Verfügung zu
stellen. 

 

Im Raum stand offenbar auch, dass die Reallabore
<https://background.tagesspiegel.de/energie-klima/reallabore-hungern-nach-ne
uer-foerderrichtlinie>  für die Energiewende in den kommenden vier Jahren
erhebliche Zuwendungen erhalten. 600 Millionen Euro sind zunächst für das
auf zehn Jahre angelegte Programm eingeplant. „Da gehen die Mittel aber als
Betriebskostenzuschuss für neue Technologien ganz wesentlich an die
Industrie“, gibt Henning zu bedenken. In der Bereinigungssitzung wurde die
Förderung für die Reallabore außerdem aus dem Bundeshaushalt in den
Energie-und Klimafonds
<https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/mehr-geld-fuer-die-energie
wende-1588494>  verschoben und belastet diesen nicht direkt.

 

Ein weiteres Argument der Haushaltspolitiker habe gelautet, dass der
Mittelabfluss zu gering gewesen sei, berichtet Martin. „Das ist eine
Fehlinterpretation. Es gab in den zurückliegenden Jahren bis Ende Dezember
immer 99 Prozent Mittelabfluss. Besser geht es nicht“, entgegnete er.
Offenbar hatten sich die Haushälter die vorläufigen Zahlen von August
angeschaut.

 

Hans-Martin Henning hofft nun, dass man versuchen wird, die Entscheidung zu
„reparieren“. Eine Delle werde sich aber nicht ganz vermeiden lassen,
befürchtet er. 

 

„Herbe Einschnitte zu verkraften“

 

Insgesamt hält der Wissenschaftler die Entscheidung für „fatal und
untypisch“ für die deutsche Forschungspolitik: „Bisher war es eine Stärke
der deutschen Innovationskraft, dass es bei der Energieforschung eben keinen
Zickzackkurs gab, sondern Kontinuität und Verlässlichkeit über Jahrzehnte“,
sagte Henning. Und bei der Energiewende lägen ja „brennende Probleme auf dem
Tisch“: Forschung leiste einen substanziellen Beitrag, um Lösungen für die
Kostensenkung bei den erneuerbaren Energie zu entwickeln oder
Systemstabilität mit vielen kleinen statt wenigen großen Kraftwerken zu
erhalten.

 

Auch Niklas Martin stellt einen Kontrast fest: „Die Bundesregierung hat in
ihren Beschlüssen zum Kohleausstieg und zur CO2-Bepreisung dokumentiert,
dass auch die Politik die Bedrohungen des Klimawandels verstanden hat.“
Außerdem habe sie in ihrem erst 2018 verabschiedeten
Energieforschungsprogramm
<https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/Energieforschung/energiefo
rschung-7-energieforschungsprogramm.html>  eine Stärkung der
Energieforschung beschlossen. „Die Entscheidung der Haushaltspolitiker ist
vor diesem Hintergrund völlig unverständlich“, sagte er.

 

Martin will nun in Vorbereitung für den Bundeshaushalt 2021 Gespräche mit
Haushaltspolitikern führen. Allerdings werde die Entscheidung des
Bundestages kurzfristig nicht mehr so leicht zu korrigieren sein. „Die
Energieforschungseinrichtungen in Deutschland werden zumindest im Jahr 2020
herbe Einschnitte verkraften müssen.“

 

 

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