NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 48/20 | 2. JUNI 2020

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Umwelt/Meere

NABU: Naturverträglichkeit der Energiewende auf See nicht per
Schnellschuss aufs Spiel setzen

Geplante Festschreibung von 40 Gigawatt Offshorewind im neuen
Windenergie-auf-See-Gesetz europarechtlich zweifelhaft

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Berlin – am 3. Juni soll das Bundeskabinett über einen eilig
abgestimmten Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zur
Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) entscheiden. Der
NABU hat den Entwurf bereits kurzfristig auf der Website kommentiert.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger erklärte dazu „Offshorewind ist ein
zentraler Teil der Energiewende. Wir stehen hinter dem Ausbauziel von 20
Gigawatt bis 2030. Die jetzt geplante Festschreibung eines Ausbauziels
von 40 Gigawatt bis 2040 ist ein Schnellschuss und wäre ein falsches
Signal der Bundesregierung. Ein solcher Ausbau wäre nicht
naturverträglich umsetzbar und wäre nicht vereinbar mit dem
Naturschutzrecht.“ Die Bundesregierung setze ein falsches Signal, das
die Planungen für den weiteren naturverträglichen Ausbau der
Offshore-Windkraft von Beginn an belasten werde. „Wir wissen aus den
Windkraftplanungen an Land, wie wichtig eine gute räumliche Planung zu
Beginn ist. Nur so lassen sich Planungsfehler und Fehlinvestitionen
vermeiden und Akzeptanz erhalten. Das Bundeskabinett sollte den
Gesetzesentwurf daher nicht in der vorgelegten Form verabschieden“, so
der NABU-Präsident weiter.

 

Schon lange wird in Deutschland über die Offshore-Windenergie
gestritten. Während in der Praxis der Ausbau von derzeit etwa sieben
Gigawatt in Richtung der im Klimaschutzprogramms der Bundesregierung
festgeschriebenen 20 Gigawatt Leistung bis 2030 stockt, diskutieren die
Branche und Teile der Politik deutlich höherer Ausbausziele für die Zeit
danach. Die Diskussion dazu findet auch in der Fortschreibung der
maritimen Raumordnung (MRO) statt, einem öffentlichen und durch das
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) koordinierten
Verfahren bis Mitte 2021. Hier sollen die Interessen der Wirtschaft,
Schiffahrt, Energiewende und weiteren mit den Verpflichtungen des
Meeresnaturschutzes zusammengeführt und ausgehandelt werden. Die mit dem
Gesetzesentwurf geplante Festlegung führe den Prozess der Raumordnung
nach NABU-Meinung ad absurdum. „40 Gigawatt Offshorewind würde bedeuten,
dass streng geschützte Seevögel die Hälfte ihres Lebensraums in der
deutschen Nordsee verlieren. Ein solche Entwicklung wäre auch
unvereinbar mit der europäischen Vogelschutz-Richtlinie und der
EU-Meerestrategie-Rahmenrichtlinie. Nord- und Ostsee sind schon heute in
einem schlechtem Umweltzustand“, sagt Kim Detloff,
NABU-Meeresschutzexperte.

 

Vom NABU beauftragte Analysen zeigen, dass insbesondere Trottellummen,
Dreizehenmöwen und Basstölpel, aber auch der streng geschützte
Schweinswal die Verlierer eines so massiven Zubaus von Windenergie auf
See wären. Der Referentenentwurf zum WindSeeG ignoriere nach
NABU-Meinung die Konflikte mit dem Naturschutz ebenso wie die räumliche
Konkurrenz mit der Fischerei oder der Schifffahrt. „Der
Referentenentwurf ist unausgereift. Wir fordern die Bundesregierung auf,
Ausbauziele nach 2030 zunächst der Raumordnung zu überlassen und die
Naturverträglichkeit zum gleichberechtigten Ziel der Gesetzesänderung zu
machen. Das Bundeswirtschafts- und das Bundesumweltministerium sollten
endlich ihre Hausaufgaben machen und ein Forschungsprogramm zur Analyse
der ökologischen Belastungsgrenzen in Auftrag geben. Erst dann lassen
sich unter Umständen höhere Ausbauziele rechtfertigen“, so Detloff.

 

Hintergrund

 

Die Gesetzesänderung des WindSeeG ist notwendig, um das
20-Gigawatt-Ziel des nationalen Klimaschutzprogramms rechtlich
abzusichern. Nach dem Bundeskabinett müssen auch Bundestag und Bundesrat
dem Gesetzentwurf zustimmen. Die vom NABU beuaftragten Studien und
sogenannten Sensitivitätskarten zeigen, dass neben den schon heute
beobachteten massiven Lebensraumverlusten von Seetauchern, bei einem
geplanten Zubau von 40 Gigawatt auch 40 Prozent der Trottellummen ihren
Lebensraum in der deutschen Nordsee verlieren würden. Darüber hinaus
drohen 20 Prozent der Dreizehenmöwen und 10 Prozent der Basstölpel
Lebensraumverluste und eine massive Erhöhung des Kollisionsrisikos mit
Windenergieanlagen. Auch der Schweinswal, dessen Bestand in der
deutschen Nordsee sich in den letzten Jahren auf etwa 27.000 Tiere
halbiert hat, würde weitere Lebensräume verlieren.

 

Mehr Infos und die Stellungnahme des NABU zum WindSeeG:
https://www.nabu.de/windseegesetz



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Dr. Kim Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz, 
Mobil +49 (0)152.09202205, E-Mail: kim.detl...@nabu.de
 
Dr. Anne Böhnke-Henrichs, Referentin Meeresschutz, 
Mobil +49 (0)1735357500, Email: anne.boeh...@nabu.de
 
 
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