NABU-PRESSEMELDUNG | NR 3/21 | 14. JANUAR 2021

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Umwelt/Meere

NABU: Nord Stream 2 - unnötige Energie-Infrastruktur und klimapolitisch
gefährlich

DIW-Gutachten im Auftrag des NABU enttarnt Mythos von Versorgungslücken
und Brückentechnologien

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Berlin – Die Diskussion um Nord Stream 2 hält an: Die in der
vergangenen Woche vom Land Mecklenburg-Vorpommern beschlossene
Klimastiftung lässt die öffentliche Kritik lauter werden. Gleichzeitig
muss das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) über einen
Antrag entscheiden, mit dem der Bau der Pipeline auch zur Vogelrastzeit
in der deutschen Ostsee fertiggestellt werden kann. Ein aktuelles
Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im
Auftrag des NABU enttarnt die Argumente der Pipeline-Befürworter: Nord
Stream 2 ist energiewirtschaftlich unnötig und gefährdet geltende
Klimaschutzziele.

 

Das Fazit des Gutachtens zeigt: Es besteht weder kurz- noch langfristig
eine Deckungslücke für Gas. Die bestehende Gas-Infrastruktur deckt den
aktuellen und zukünftigen Bedarf. Vielmehr drohen durch Nord Stream 2
gefährliche Lock-in-Effekte, die den Ausbau erneuerbarer Energien
verzögern können. „Das Gutachten enttarnt die rückwärtsgewandten
Argumente der Pipeline-Befürworter und auch die Rechtfertigungsversuche
der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern zur Gründung der
Klimaschutzstiftung MV. Weder geht ohne fossile Energieträger das Licht
aus, noch ist Gas eine klimafreundliche Brückentechnologie. Das
Gegenteil ist der Fall. Durch die Methanemissionen bei Förderung,
Transport und Nutzung ist Erdgas ein Klimakiller, genau wie Kohle. Wir
müssen Nord Stream 2 stoppen“, sagt NABU-Präsident Jörg-Andreas
Krüger. 

 

In Auftrag gegeben hatte der NABU das Gutachten, um der
energiewirtschaftlichen Argumentation der Nord Stream 2 AG
entgegenzutreten, die die Gaspipeline während der besonders sensiblen
Zeit der Winterrast im Vogelschutzgebiet Pommersche Bucht – Rönnebank
weiterbauen will. Der entsprechende Antrag liegt beim BSH in Hamburg.
„Nord Stream 2 konterkariert, ja missachtet deutsches Planungs- und
Naturschutzrecht. Für den eiligen Weiterbau auf Kosten von Seetauchern
und Meeresenten gibt es keine planungsrechtliche Legitimation“, so Kim
Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz. 

 

Das DIW-Gutachten analysiert aktuelle Gasverbräuche in Deutschland und
Europa, bewertet Zukunftsszenarien, Transit- und Speicherkapazitäten und
setzt diese in Beziehung zu den jüngsten Klimaschutzzielen. Konkret
heißt es in dem Papier: „Die Verpflichtungen aus dem Pariser
Klimaabkommen 2015 sowie die 2020 damit im Einklang verschärften
Klimaziele der Europäischen Union führen eindeutig dazu, dass keine
fossile Infrastruktur – und damit auch keine Erdgasinfrastruktur mehr
errichtet werden darf.“

 

Kernaussagen des Gutachtens:

 
 Die Nachfrage nach Erdgas in Europa ist bereits seit 15 Jahren stabil
bzw. leicht rückläufig.
 Die bestehende Gas-Infrastruktur ist für den heutigen und zukünftigen
Bedarf vollkommen ausreichend, die Nord Stream 2-Pipeline deshalb
unnötig.
 Mit fortschreitender Energiewende wird der Gasbedarf in den nächsten
Jahren deutlich zurückgehen, in Deutschland zwischen rund 70 Prozent und
über 95 Prozent.
 Nord Stream 2 gefährdet die Energiewende, denn jede neue Infrastruktur
für Erdgas erhöht das Risiko des sogenannten fossilen Lock-Ins, das
heißt es wird schwieriger, die Abhängigkeit von klimaschädlichen
fossilen Energieträgern zu verringern.
 Erdgas ist aufgrund des darin enthaltenen klimaschädlichen Methans
ungeeignet als Brückentechnologie.

 

Hintergrund:

Der Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 stützt sich für die deutsche
Ostsee auf zwei Genehmigungen. Während der vom Bergamt Stralsund
genehmigte Abschnitt durch die Küstengewässer Mecklenburg-Vorpommerns
2018 fertigstellt wurde, fehlen etwa 14 Kilometer in der sogenannten
Ausschließlichen Wirtschaftzone (AWZ). Die verantwortliche Behörde ist
hier das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Durch die
angedrohten Sanktionen der US-Regierung standen die Bauarbeiten mehr als
ein Jahr still. Im Dezember 2020 wurden 2,6 Kilometer in der deutschen
AWZ fertiggestellt, aktuell laufen die Vorbereitungen der Bauarbeiten in
dänischen Gewässern. Der zweite Änderungsantrag der Nord Stream 2 AG
soll weitere Bauarbeiten trotz Kritik des NABU und des Bundesamtes für
Naturschutz (BfN) auch in den Monaten Januar bis Mai ermöglichen, der
Hauptzeit der Winterrast für hundertausende Meeresvögel im
EU-Vogelschutzgebiet. 

 

Mehr Infos:

https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/lebensraum-meer/gefahren/29214.html


Für Rückfragen:
Dr. Kim Detloff, NABU-Leiter Meeresschutz, 
Mobil +49 (0)152.09202205, E-Mail: kim.detl...@nabu.de
 
Dr. Anne Böhnke-Henrichs, Stellv. Leiterin und Referentin Meeresschutz,

Mobil +49 (0)173.5357500, E-Mail: anne.boeh...@nabu.de
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