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26. November 2015
Nr. 49/15


Zum geplanten Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren: Neues 
Asylrecht darf keine rechtsfreien Räume schaffen

Berlin (DAV/PRO ASYL). In Umsetzung des Beschlusses der Parteivorsitzenden von 
CDU, CSU und SPD vom 5. November 2015 befindet sich derzeit ein Gesetzentwurf 
zur Einführung beschleunigter Asylverfahren im Abstimmungsprozess innerhalb der 
Großen Koalition.


Die geplanten Schnellverfahren in besonderen Aufnahmeeinrichtungen stoßen beim 
Deutschen Anwaltverein (DAV) und PRO ASYL auf grundsätzliche Bedenken. Beide 
Organisationen warnen ausdrücklich davor, die Rechtswegegarantie des 
Grundgesetzes aushebeln zu wollen. Anstatt der ursprünglich geforderten 
Transitzonen sollen nun Asylverfahren in "besonderen Aufnahmeeinrichtungen" 
eingeführt werden, bei denen extrem kurze Fristen gelten und Schutz vor 
Abschiebung während des Klageverfahrens nur noch bei erfolgreichen Eilverfahren 
gewährt wird. Die Neuerungen betreffen letztlich alle Flüchtlinge, auch 
diejenigen, die aus guten Gründen geflohen sind und deshalb eine hohe 
Anerkennungsquote genießen. Beide Organisationen kritisieren auch die 
vorgesehenen Regelungen zur "Gesundheitsfiktion" und hinsichtlich des 
Verwehrens der Familienzusammenführung. Die Wiedereinführung von 
Einzelfallprüfungen würde auch zu längeren Verfahren führen.

"Ein faires Asylverfahren, die Korrektur von Fehlentscheidungen durch die 
Arbeit von Rechtsanwälten und Gerichten wird de facto kaum noch möglich sein", 
kritisiert Rechtsanwalt Tim Kliebe vom Deutschen Anwaltverein. Im Unterschied 
zum Flughafenverfahren sei in den besonderen Aufnahmezentren keine kostenlose 
Rechtsberatung vorgesehen. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass wegen des jüngst 
eingeführten Sachleistungsprinzips die Asylsuchenden gar nicht über die 
finanziellen Mittel verfügen, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. "Mit der 
verfassungsrechtlichen Garantie des effektiven Rechtsschutzes ist dies nicht zu 
vereinbaren", kritisiert Rechtsanwalt Tim Kliebe. PRO ASYL-Geschäftsführer 
Günter Burkhardt verglich die Schnellverfahren in besonderen Einrichtungen mit 
"Schleusen, die nach politischen Vorgaben den Zugang zu einem regulären 
Asylverfahren steuern". Nach dem Gesetzentwurf soll bereits ausreichen, 
"Identitäts- oder Reisedokumente [...] mutwillig vernichtet oder beseitigt [zu 
haben], oder dass Umstände vorliegen, die diese Annahme rechtfertigen. "Diese 
Voraussetzung ist zu weit gefasst, da eine Vielzahl der Flüchtlinge gezwungen 
ist, ohne Reisedokumente zu fliehen", warnt Burkhardt. PRO ASYL sieht die 
Gefahr, dass "beschleunigte Asylverfahren" zum Standardverfahren werden. Damit 
könne der Staat nach Belieben das Recht auf ein faires Asylverfahren, in dem 
die Fluchtgründe geprüft werden, aushebeln.

Verfassungsrechtlich auf wackeligen Füßen steht aus Sicht des DAV und PRO ASYL 
die geplante Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Geschützten für zwei 
Jahre. Denn die Betroffenen können die verfassungsrechtlich geschützte 
Familieneinheit nicht im Verfolgerstaat herstellen. Eine Wartezeit von zwei 
Jahren hat indes keinen sachlichen Grund. Sie gefährdet vielmehr die im 
Herkunftsland verbliebenen Angehörigen, ebenfalls Opfer von Folter oder 
willkürlicher Gewalt zu werden. "Bei den Erwägungen zur geplanten Aussetzung 
des Familiennachzugs wird der besonderen Bedeutung des verfassungsrechtlichen 
Schutzes von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG in keiner Weise Rechnung 
getragen", stellt Rechtsanwalt Kliebe fest. PRO ASYL-Geschäftsführer Burkhardt 
betont, dass ein Hinauszögern des Familiennachzugs die Integration verhindert. 
Dies sei weder im Interesse der Betroffenen noch der hiesigen Gesellschaft.

Als dritten Hauptkritikpunkt an dem Gesetzentwurf sehen die Organisationen den 
schlechteren Schutz vor Abschiebung bei Erkrankungen an. Dass eine 
Posttraumatische Belastungsstörung als nicht schwerwiegend angesehen wird, 
entbehrt jeder Grundlage. Dies steht auch im Widerspruch zu den Erkenntnissen 
der Neurologie und Psychiatrie.

Mit Blick auf die in der kommenden Woche stattfindende Innenministerkonferenz 
von Bund und Ländern appellieren der Deutsche Anwaltverein und PRO ASYL an die 
Innenminister, keine Beschlüsse zu fällen, die die Asylverfahren nochmals in 
die Länge ziehen. Die IMK verhandelt u.a. darüber, ob das BAMF die 
Schriftverfahren für syrische Flüchtlinge aufgibt und stattdessen wieder 
langwierige Einzelfallprüfungen einführt. Davon könnten Schätzungen von PRO 
ASYL zufolge bis zu 200.000 Menschen betroffen sein, die bis Ende Oktober 
eingereist sind. Auch die Wiedereinführung der Dublin-Verfahren für aus Syrien 
geflohene Menschen wird zu einem erheblichen Arbeitsaufkommen führen. Statt 
Asylgründe zu prüfen und die Verfahren schnell abzuschließen, prüft das BAMF 
eine mögliche Überstellung von Schutzsuchenden nach Ungarn oder Kroatien. Dabei 
ist es weder realistisch noch humanitär vertretbar, Zehntausende syrischer 
Flüchtlinge nach Kroatien oder Ungarn abzuschieben.
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Für Rückfragen steht Ihnen gerne zur Verfügung: Pressesprecher Swen Walentowski,
Tel.: 030 726152-129, Sekretariat: Manja Jungnickel, Tel.: 030 726152-139,
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