http://www.keine-gentechnik.de/news-gentechnik/news/de/25981.html

Informationsdienst Gentechnik - 29.06.2012 

IG Saatgut veröffentlicht Studie zur Auswirkung von Biopatenten

Welche Folgen hat die zunehmende Patentierung im Saatgutbereich für ökologische 
Züchtungsorganisationen und Erhaltungsinitiativen? Dieser Frage geht Dr. Eva 
Gelinsky in ihrer knapp 200-seitigen Studie [1] nach, die im Juni 2012 
erschienen ist. Dabei geht es in der Untersuchung, die im Auftrag der 
Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut) 
durchgeführt wurde, neben den aktuellen Problemen der Züchterinnen und Züchter 
auch um Alternativen und Handlungsperspektiven.

„Vierzehn Jahre nach Verabschiedung der EU-Biopatentrichtlinie sind Biopatente 
in Europa immer noch äußerst umstritten. Neben ethischen und wissenschaftlichen 
spielen zunehmend soziale und wirtschaftliche Einwände eine wichtige Rolle: 
Patente erschweren den Zugang zu genetischen Ressourcen im Bereich der 
Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung. Sie behindern sowohl Forschung als auch 
Entwicklung in beiden Bereichen“, sagt Dr. Gelinsky. Die dauerhafte Sicherung 
und Bereitstellung von gentechnikfreiem Saatgut sei davon besonders betroffen. 
Erhaltungsinitiativen und ökologische Züchtungsorganisationen trügen dadurch 
unverhältnismäßig hohe Kosten. „Die Studie stellt außerdem einen ersten 
möglichen Präzedenzfall vor: ein Patent auf eine konventionell gezüchtete 
Sonnenblume und den Einfluss, den dieses auf ein laufendes Biozüchtungsprojekt 
haben könnte.“

Wichtig für die weitere öffentliche und politische Diskussion sind für Dr. 
Gelinsky folgende Fragen:

- Wie kann die Erhaltung und die Züchtung gentechnikfreier Sorten dauerhaft 
gesichert werden?
- Wie kann eine ökologische Züchtung ohne privatrechtliche Schutzinstrumente 
finanziert werden?
- Wie kann die bäuerliche Saatgut-Souveränität zurückgewonnen werden?
- Wie kann eine Agrarmodernisierung sinnvoll gestaltet werden?

Studie: Biopatente und Agrarmodernisierung – Patente auf Pflanzen und ihre 
möglichen Auswirkungen auf die gentechnikfreie Saatgutarbeit von Erhaltungs- 
und ökologischen Züchtungsorganisationen
http://www.gentechnikfreie-saat.de/informationen/positionen/europa/patente-studie.html


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Zusammenfassung [S. 147]

Zu den Auswirkungen von Bio-Patenten

Rechtlich (1): Mit den Biopatenten wird die rechtliche Sonderstellung der 
Züchtung, wie sie sich im Sortenschutz ausdrückt (Züchterprivileg), im Prinzip 
beendet. Lebewesen/Pflanzen oberhalb von Sorten und Teile von Lebewesen (Gene) 
unterhalb von Sorten sind patentierbar. Der Sortenschutz, den es nach wie vor 
gibt, wurde so verändert, dass die Unterschiede zum Patent deutlich geringer 
geworden sind, d. h. er begründet nun ein Ausschliesslichkeitsrecht fast wie 
ein Patent. Mit dieser Ausweitung des privatrechtlichen Schutzes ist eine 
entscheidende rechtliche Voraussetzung dafür gegeben, dass die Züchtung von 
Saatgut kommerziell betrieben werden kann. Kommerziell verstanden als eine 
Tätigkeit, die primär die Vermehrung von eingesetztem Geld (Kapital) zum Zweck 
hat (also Feld des „normalen“ kapitalistischen Geschäftemachens). Mit der 
wachsenden Zahl von Biopatenten ändert sich entsprechend die wirtschaftliche 
Tätigkeit der Saatgutzüchtung zu einer Saatgut„industrie“. (Anmerkung: Es 
existiert noch ein biologisch-technischer Weg, auf dem eine Saatgut-„industrie“ 
gewachsen ist – die Hybridzüchtung.) 

Rechtlich (2): Für die Bio- wie für konventionelle Züchtung folgen daraus 
erhebliche Erschwernisse der eigenen Arbeit. Bei bzw. bereits vor jeder 
Züchtungstätigkeit ist abzuklären, ob und welches geistige Eigentum 
möglicherweise verletzt wird („Patent- Dickicht“). Dieses erfordert nicht nur 
Arbeitsaufwand (und Geld), sondern auch erheblichen juristischen Sachverstand, 
der wahrscheinlich eingekauft werden muss. Die Ausweitung der geistigen 
Eigentumsrechte führt also zu Rechtsunsicherheit. 

Wirtschaftlich (1): Dies hat wirtschaftliche Folgen. Die Kosten der Züchtung 
werden ebenso erhöht wie das unternehmerische Risiko, trotz aller Sorgfalt mit 
Patentverletzungsklagen konfrontiert zu werden. 

Wirtschaftlich (2): Patente haben den Zweck, Dritte von der Nutzung des 
veröffentlichten Wissens auszuschließen, um eine Lizenzgebühr für die Nutzung 
des Wissens verlangen zu können. Bei entsprechenden Markt-/Absatzaussichten 
werden von einzelnen Unternehmen immer mehr Patente angemeldet, weniger um die 
Züchtung zu verbessern, sondern um ein Monopol an geistigem Eigentum zu 
verwirklichen. Große, also kapitalstarke Unternehmen können sich so, v. a. wenn 
sie auch noch Konkurrenten aufkaufen, große Teile des patentierten Wissens 
aneignen und es als Waffe in der Konkurrenz mit anderen Unternehmen benutzen. 

Wirtschaftlich (3): „Kleine“ Züchter, die nur über eine geringe Menge Kapital 
verfügen (im Verhältnis zu multinationalen Unternehmen), stehen vor dem 
Problem, ob und unter welchen Konditionen sie patentierte Produkte, 
Eigenschaften oder Verfahren nutzen können (und wollen). Erhalten sie überhaupt 
eine Lizenz, zu welchem Preis und für welche zeitliche/räumliche Reichweite? 
Das verteuert nicht nur die Züchtung. Es zwingt die „kleinen“ 
Züchtungsunternehmen zu wachsen (um zahlungsfähiger zu werden, d. h. mehr Geld 
für Lizenzgebühren ausgeben zu können) und fördert auch dort den Strukturwandel 
in Richtung auf stärkere Unternehmenskonzentration. 

Wirtschaftlich (4): Die Fragmentierung des Wissens in eine Vielzahl von 
Patenten und die Konzentration der fragmentierten Wissenskonglomerate bei 
einigen wenigen Unternehmen wird zu einem (selbst produzierten) Hindernis 
selbst für die Großen. Sie „poolen“ daher Patente und betreiben 
Cross-Licensing/Kreuzlizenzierung (zumindest in der momentanen Marktphase), um 
sich gegenseitig nicht zu blockieren. Damit wächst die Verfügungs- und 
Ausschlussmacht der wenigen globalen Saatgutmultis gegenüber den „kleinen“ und 
146 mittelständischen Züchtungsunternehmen, deren Wettbewerbsfähigkeit auf 
diese Weise abnimmt. 

Wirtschaftlich (5): Die Konzentration des privatisierten Wissens in wenigen 
Unternehmen (Oligopol) und deren Marktmacht auf dem Saatgutmarkt führt dazu, 
dass sie die Züchtungsziele weitgehend bestimmen und – wie die Praxis zeigt – 
einengen/verengen – entsprechend dem, was ihren Gewinnkalkulationen dienlich 
ist. Sie setzen damit auch, zum Teil indirekt, Maßstäbe für die „kleinen“ und 
mittelständischen Züchtungsunternehmen. Sowohl hinsichtlich der Züchtungsziele 
(Produkte), der Züchtungsverfahren als auch der (beschleunigten) Züchtungszeit. 

Wirtschaftlich (6): Mit der Vertiefung der Arbeitsteilung (Züchtung als ein 
getrenntes, eigenes Gewerbe) ergeben sich zwar möglicherweise (!) 
Rationalisierungs- und Kostensenkungseffekte auf der Seite der Züchtung (die 
Politik erwartet das als den Hauptnutzen). Wichtiger ist jedoch, dass sich die 
sozialen Beziehungen ändern, in denen (andere Züchter und) Landwirte 
produzieren. Landwirte (und Züchter) verlieren die letzten 
Kontrollmöglichkeiten über eines ihrer zentralen Produktionsmittel. Sie werden 
reduziert zu einem Teil einer Wertschöpfungskette, in der die ökonomische Macht 
sehr ungleich verteilt ist (diese liegt im Wesentlichen bei den Saatgutmultis, 
der Nahrungsmittelindustrie und dem Handel). Die Produktion auf dem „Land“ ist 
nur noch ein kleines Glied in der Kette, die von Gewinninteressen und 
Biotechnologieanwendungen gesteuert wird. Der Landwirt wird – wie schon bei der 
Hähnchenmast realisiert – zum Vertragslandwirt, zum Lohnarbeiter. 

Politisch (1): Die Politik (gemeint sind v. a. die liberalen und bürgerlichen 
Parteien) sieht den Prozess der Bio-Patentierung grundsätzlich positiv. Sie hat 
durchgesetzt, dass die Züchtung bzw. die Landwirtschaft allgemein (gemeint ist 
v. a. der bäuerliche Nachbau) ihren Sonderstatus verliert (Landwirte- und 
Züchterprivileg) und damit die kapitalistische Durchdringung der Landwirtschaft 
ein weiteres entscheidendes Stück vorangetrieben. Dieser weitere 
Modernisierungsschritt erscheint der Politik möglich und nützlich, weil das 
Problem der Ernährungssicherheit (Autarkie) inzwischen über die erhöhte, 
forcierte Weltmarkt-Wettbewerbsfähigkeit, d. h. über eine marktgesteuerte 
Landwirtschaft, ausreichend gelöst zu sein scheint. Der durch Biopatente 
ausgelöste Rationalisierungsdruck in der Landwirtschaft ist also nicht 
unerwünscht, sondern konsequente Fortführung des in den 1950er/60er Jahren 
beschleunigten Modernisierungsprogramms. Eine Rückkehr zu traditionellen 
Sonderschutzregeln für die Landwirtschaft und die Züchtung ist aktuell kaum bis 
gar nicht zu erwarten. 

Politisch (2): Die Politik weiß, dass sie Biopatente zur Förderung der 
Biotechnologiebranche will, aber nicht, wie das geistige Eigentumsrecht in 
diesem Feld zu gestalten ist. Sie geht offenbar davon aus, dass im Prinzip kein 
besonderes Patentrecht für diesen Bereich notwendig ist, sondern Biopatente 
prinzipiell mit dem „herkömmlichen“ Patentrecht ausreichend geregelt werden 
können (viele Regelungen im Bereich Bio-Patente wurden aus der 
Chemie-Patentgesetzgebung übernommen). Die Politik überlässt die praktische 
Ausgestaltung und Auslegung daher weitgehend dem juristischen Apparat 
(Gerichten, Patentamt, EPA) und den interessierten privaten Unternehmen. Dies 
führt nicht nur immer wieder zu Rechtsunsicherheiten (Stichwort: „im 
Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung“), sondern auch zu 
Gelegenheiten, dass die Privaten das Instrument Patente nicht nur im politisch 
gewollten Sinne verwenden. Die Politik (über (fast) alle Parteien hinweg) 
beklagt dies als Missbrauch. Dies sollte jedoch nicht als generelle Kritik an 
der Biopatentierung verstanden werden, sondern als ein Votum für Bio-Patente. 
Diese sollen nur nicht so eingesetzt werden, dass sie zum Wachstumshindernis 
für andere werden (keine Monopole). 

Politisch (3): Weil es der Politik darum geht, dass im Bereich der Züchtung ein 
„normaler“ Markt existiert, in dem Unternehmen angestachelt durch die 
Konkurrenz Gewinne produzieren, ist sie darauf bedacht, dass dieser Markt nicht 
durch eine Saatgutproduktion gestört wird, die nicht gewinnorientiert arbeitet. 
Erhaltungsinitiativen werden deshalb – mit großem bürokratischen Aufwand – von 
diesem Markt ausgegrenzt, u. a. durch Zulassungsvorschriften, 
Mengenbeschränkungen, Behinderungen der Handels- und Austauschmöglichkeiten. 
(Stichwort: Erhaltungsrichtlinie).

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LINKS [Red.]

[1] http://webdoc.sub.gwdg.de/pub/mon/2012/gelinsky.pdf 

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