NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 19/19 | 5. MÄRZ 2019
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Umwelt/Umweltpolitik
NABU: Ein Jahr GroKo - Kabinett Merkel zu träge beim Umweltschutz
Insektenschwund, Plastikflut und Klimakrise dulden keinen Aufschub
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Berlin – Mit Blick auf ein Jahr Große Koalition geht es aus NABU-Sicht
in wichtigen Bereichen des Umweltschutzes viel zu langsam voran. Die
schwarz-rote Koalition unter Kanzlerin Merkel ist insgesamt zu träge in
Umweltbelangen und muss deutlich mehr Tempo beim Schutz von Arten und
Lebensräumen, beim Klimaschutz, in der Verkehrspolitik und bei Maßnahmen
gegen Ressourcenverschwendung an den Tag legen. Europaweit ist
Deutschland Bremser statt Vorreiter im Umweltschutz.
 
„Insektenschwund, Klimakrise, Plastik- und Verpackungsflut dulden
keinen Aufschub. Kanzlerin Merkel und die meisten ihrer Ministerinnen
und Minister haben offenbar nicht erkannt, wie wichtig der Umweltschutz
für unser Überleben ist. Wenn überhaupt etwas passiert, dann nur als
Reaktion auf Gerichtsurteile und gesellschaftlichen Druck“, sagte
NABU-Präsident Olaf Tschimpke. An erster Stelle muss die Neuausrichtung
der EU-Agrarpolitik stehen, die derzeit in Brüssel verhandelt wird. Die
Verteilung der knapp 60 Milliarden Euro Agrarsubventionen im Jahr, 114
Euro pro Bürger, kann zum Rettungsanker oder aber Todesurteil für
Insekten und Feldvögel werden. Doch die Bundesregierung steckt den Kopf
in den Sand, während andere EU-Regierungen vorangehen. Die guten
Vorschläge von Bundesumweltministerin Schulze für ein
„Aktionsprogramm Insektenschutz“ sowie das ebenfalls im
Koalitionsvertrag stehende Klimaschutzgesetz drohen in den
Ressortabstimmungen mit dem Agrar-, Wirtschafts- oder
Verkehrsministerium verwässert oder gänzlich kassiert zu werden.
 
„Mal wieder fehlt beim Klimaschutz ein Machtwort von Bundeskanzlerin
Merkel. Denn bisher weigern sich die verantwortlichen Minister aus den
Unionsreihen, ihren Job zu machen“, so Tschimpke. Verkehrsminister
Andreas Scheuer, Wirtschaftsminister Peter Altmaier, Agrarministerin
Julia Klöckner und Bauminister Horst Seehofer würden das im
Koalitionsvertrag vereinbarte Klimaschutzgesetz blockieren und blieben
bisher konkrete Maßnahmen schuldig, die in ihren Bereichen zu messbaren
CO2-Einsparungen führen. Es sei fraglich, ob Merkel überhaupt noch das
Ruder rumreißen kann, um die Union wieder auf Klimaschutz-Kurs zu
bringen.
 
Klöckner und Scheuer haben beim Umweltschutz bisher wenig zu bieten. Im
Gegenteil: Julia Klöckner hat ihre Chance verpasst, das traditionell
blockierende Agrarministerium zu einem „Lebensministerium“ zu machen.
Sie hält stur am althergebrachten Modell der Agrarpolitik fest, das
Steuergeld verschwendet und für die Natur nachteilig ist. Sie verteidigt
die pauschalen Direktzahlungen, die Fläche statt Leistung belohnen. Und
das, obwohl selbst ihr wissenschaftlicher Beirat zu einer schnellen
Abkehr von diesem Modell rät. 
 
„Ich erwarte von Frau Klöckner beim EU-Agrarrat Mitte März endlich
klare Vorschläge und ein vehementes Eintreten für eine naturverträgliche
Agrarpolitik. Während Frankreich und die Niederlande Mindestbudgets für
die Umweltförderung vorschlagen, hat das Agrarministerium hier nichts im
Angebot“, so der NABU-Präsident. Der NABU fordert Angela Merkel und
Finanzminister Olaf Scholz zum Eingreifen auf: Bei den
EU-Haushaltsverhandlungen der Regierungschefs müssen sie dafür sorgen,
dass jährlich 15 Milliarden Euro zweckgebunden für die
Naturschutzförderung werden. Zwar hat Julia Klöckner für das Verbot
dreier bienenschädlicher Neonikotinoide gestimmt, doch sind Mittel
dieser Insektizidklasse weiterhin auf dem Markt. „Frau Klöckner wird
ihrem Ausspruch bei Amtsantritt ‘was der Biene schadet, muss vom Markt‘
bislang nicht gerecht. Es fehlt eine Strategie zur Pestizid-Reduktion“,
so Tschimpke. 
 
Alleine in Deutschland fehlen nach Angaben der Bundesregierung jährlich
fast eine Milliarde Euro für das Erreichen der EU-Naturschutzziele.
Schon jetzt laufen 16 Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen
Deutschland wegen Umwelt-Defiziten. Der Möchtegern-Musterschüler schiebt
wichtige Naturschutzmaßnahmen auf die lange Bank, wie die Sicherung der
Natura-2000-Gebiete. Beim Gewässerschutz müssen Bund und Länder eine
erhebliche Schippe drauflegen, um zu zeigen, dass sie die EU-Vorgaben
ernst nehmen. Ein guter Schritt dazu ist das Bundesprogramm Blaues Band,
eine gemeinsame Initiative des Bundesumwelt- und des
Bundesverkehrsministeriums, das nun mit Leben gefüllt werden muss. 
 
Auch in der Debatte um den Umgang mit dem Wolf konnten sich
Bundesumweltministerium und Bundesagrarministerium nicht einigen. Ein
vielversprechender Antrag der GroKo zum bundesweiten Wolfsmanagement aus
dem vergangenen Jahr blieb auf der Strecke. Insbesondere das
Agrarministerium geht stattdessen eigene Wege und zeigt sich alles
andere als lösungsorientiert. Ministerin Klöckner beharrt weiterhin auf
rechtswidrigen und sinnlosen Forderungen nach Bejagung, anstatt sich
endlich für den Herdenschutz und damit für ihr eigenes Klientel der
Weidetierhalter einzusetzen. An sorgfältigem, fachgerechten Herdenschutz
mit bundeseinheitlichen Standards führt aus NABU-Sicht kein Weg vorbei.

 
Minister Scheuer muss erklären, wie die CO2-Emissionen im
Verkehrssektor bis zum Jahr 2030 um 42 Prozent im Vergleich zu 1990
gemindert werden können und welchen Beitrag sein Ressort zum
Klimaschutzgesetz leisten wird. „Allein mit ein bisschen
Verkehrslenkung, veränderter Ampelschaltung und einer neuen
Mobilitäts-App wird das kaum gelingen“, so Tschimpke. Der NABU
fordert eine deutliche Reduzierung des Individualverkehrs bei
gleichzeitiger Umstellung auf elektrische Antriebe auf Basis
erneuerbarer Energien. Ebenso ist es dringend nötig Bus-, Bahn- und
Radverkehr erheblich zu verbessern, so dass der Umstieg auf diese
umweltverträglichen Verkehrsträger möglich und attraktiv wird. 
 
Beim Ressourcenschutz ist ein Schritt erfolgt. Der im November
veröffentlichte 5-Punkte-Plan des Bundesumweltministeriums „Nein zur
Wegwerfgesellschaft“ liefert erste gute Ansatzpunkte, um den Plastik-
und Verpackungsmüll zurückzudrängen. Dazu gehören die Förderung von
Leitungswasser als Trinkwasser oder die Ankündigung einer bundesweiten
Recyclat-Initiative. Der Plan muss nun in der Praxis wirken, vor allem
auch durch die konsequente Förderung von Mehrweglösungen und
Abfallvermeidung. Hier müssen Handel und Industrie bis Herbst Angebote
vorlegen, sonst sind gesetzliche Maßnahmen notwendig.



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