<<PM_Überlange_Verfahren.pdf>> Zum Beschluss des Deutschen Bundestages zum 
verbesserten Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren erklärt 
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Der von mir vorgeschlagene Rechtsschutz gegen überlange Gerichtsverfahren ist 
heute mit breiter Mehrheit vom Deutschen Bundestag beschlossen worden. 
Betroffene sollen eine angemessene Entschädigung erhalten, wenn ein Prozess zu 
lange dauert. Wir stärken den Rechtsschutz und verhindern unangemessen lange 
Verfahren. 

In den letzten zehn Jahren wurde immer wieder ergebnislos über den Rechtsschutz 
bei überlangen Verfahren diskutiert. Vor meiner Amtszeit gab es mehrere Anläufe 
der Länder, der Anwaltschaft und meiner Amtsvorgängerin, die alle ohne Erfolg 
blieben. Jetzt können endlich die Versprechen eingelöst werden, die Grundgesetz 
und Menschenrechtskonvention schon lange geben. Jeder hat Anspruch auf 
Rechtsschutz in angemessener Zeit - dieser Satz kann jetzt mit Leben gefüllt 
werden.
Die zwei Stufen meines Vorschlags verhindern, dass die Justiz unnötig belastet 
wird. Betroffene müssen immer erst auf die drohende Verzögerung hinweisen, 
damit das Verfahren möglichst doch noch rechtzeitig abgeschlossen wird. Erst 
wenn die Rüge ungehört bleibt und es wirklich zu lange dauert, gibt es auf der 
zweiten Stufe eine angemessene Entschädigung. 
Ich bin zuversichtlich, dass der Bundesrat dem Gesetz zustimmen wird, nachdem 
viele Anregungen der Länder in das Gesetz aufgenommen wurden. Die Mahnungen des 
EGMR müssen endlich gesetzgeberische Folgen haben. 

Zum Hintergrund:
Das neue Gesetz sieht eine angemessene Entschädigung vor, wenn gerichtliche 
Verfahren zu lange dauern.
 
Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) beanstandet seit vielen Jahren 
das Fehlen eines besonderen Rechtsschutzes bei unangemessen langen Verfahren in 
Deutschland. Die erste Verurteilung Deutschlands durch den EGMR erfolgte im 
Jahr 2006. Da der Rechtsschutz in Deutschland trotz zahlreicher weiterer 
EGMR-Urteile nicht verbessert wurde, hat der EGMR ein sogenanntes "Piloturteil" 
gegen Deutschland erlassen und eine Frist bis Dezember 2011 zur Schließung der 
Rechtsschutzlücke gesetzt.

Die Bundesjustizministerin hat daher unmittelbar nach Amtsantritt einen 
Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der Betroffenen die Möglichkeit gibt, sich 
in zwei Stufen gegen überlange Gerichtsverfahren zu wehren. 

* Auf der ersten Stufe müssen die Betroffenen das Gericht, das nach ihrer 
Ansicht zu langsam arbeitet, mit einer Rüge auf die Verzögerung hinweisen. Das 
hilft, überlange Verfahren von vornherein zu vermeiden. Die Richter erhalten 
durch die Verzögerungsrüge die Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen. Das bedeutet: 
Man kann einem Verfahren nicht einfach seinen langen Lauf lassen und später 
eine Entschädigung fordern. 

* Wenn sich das Verfahren trotz der Rüge weiter verzögert, kann auf der zweiten 
Stufe eine Entschädigungsklage erhoben werden. In diesem 
Entschädigungsverfahren bekommen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger für die 
sog. immateriellen Nachteile - zum Beispiel für seelische und körperliche 
Belastungen durch das lange Verfahren - in der Regel 1200 Euro für jedes Jahr, 
soweit eine Wiedergutmachung auf andere Weise nicht ausreichend ist. Neben dem 
Ausgleich für die immateriellen Nachteile ist zusätzlich eine angemessene 
Entschädigung für materielle Nachteile vorgesehen, etwa wenn die unangemessene 
Verfahrensdauer zur Insolvenz eines Unternehmens führt.

Der neue Entschädigungsanspruch hängt nicht von einem Verschulden ab. Es kommt 
also nicht darauf an, ob den Richtern ein Vorwurf zu machen ist. Neben der 
neuen Entschädigung sind zusätzlich - wie bisher schon - Amtshaftungsansprüche 
denkbar, wenn die Verzögerung auf einer schuldhaften Amtspflichtverletzung 
beruht. Dann kann umfassend Schadensersatz verlangt werden, etwa auch der 
Ersatz von entgangenem Gewinn. 
Der Schutz vor überlangen Verfahren wird positive Effekte für die Justiz 
insgesamt bringen. Wo viele berechtigte Klagen wegen der Verfahrensdauer 
erfolgen, werden die Verantwortlichen über Verbesserung bei Ausstattung, 
Geschäftsverteilung und Organisation nachdenken müssen. Der Gesetzentwurf 
stärkt somit nicht nur den Rechtschutz vor deutschen Gerichten, sondern auch 
die deutschen Gerichte selbst.

Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz am 29. September 2011 beschlossen. Es 
bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates.

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