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taz - 15.07.2012

Peter Altmaier zweifelt an der Energiewende

Es muss schon nach Drehbuch laufen

Den Stromverbrauch senken, mehr Elektroautos auf die Straße bringen, die 
Erderwärmung begrenzen: Der Bundesumweltminister ist skeptisch angesichts 
dieser ambitionierten Ziele

BERLIN dpa | Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat Zweifel an der 
Erreichbarkeit sämtlicher Ziele der Energiewende. "Es stellt sich die Frage, ob 
es wirklich gelingt, den Stromverbrauch bis zum Jahre 2020 um 10 Prozent zu 
senken", sagte er der Bild am Sonntag. "Wenn wir das noch irgendwie schaffen 
wollen, dann bedarf das riesiger Anstrengungen."

Auch bei einem weiteren Ziel müssen aus Altmaiers Sicht eventuell Abstriche 
gemacht werden. "Wir werden möglicherweise deutlich weniger Elektroautos haben 
als bislang angenommen." Die Bundesregierung will erreichen, dass bis zum Jahr 
2020 auf Deutschlands Straßen eine Million Elektro-Autos rollen, bis 2030 
sollen es sechs Millionen sein. Anfang des Jahres gab es in Deutschland nach 
Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes aber erst 4541 Elektroautos.

Gut im Zeitplan liege man hingegen beim Ausbau der erneuerbaren Energien, sagte 
Altmaier. Er räumte zugleich ein: "Nicht jedem war der Koordinierungsbedarf bei 
der Energiewende klar." Es seien Fehler gemacht worden. "Diese Fehler müssen 
korrigiert werden."

Zwei-Grad-Ziel gefährdet

Altmaier sieht zudem ohne mehr Einsatz für verpflichtende Klimaschutzmaßnahmen 
das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, in akuter Gefahr. "Das 
Zwei-Grad-Ziel war von Anfang an ein sehr ehrgeiziges Ziel, das nur erreicht 
werden kann, wenn alles gemäß Drehbuch verläuft", sagte er der dpa. Es habe 
aber viele Rückschläge gegeben.

Altmaier trifft an diesem Montag und Dienstag mit Ministern aus 35 Staaten in 
Berlin zum 3. Petersberger Klimadialog zusammen. Auch Kanzlerin Angela Merkel 
(CDU) will dabei in einer Rede mehr Tempo anmahnen. Beim letztjährigen 
Klimagipfel war beschlossen worden, bis 2015 einen Weltklimavertrag 
auszuhandeln. Alle Details sind aber bisher unklar.

Das Zwei-Grad-Ziel war 2010 von den UN-Staaten beschlossen worden. Es wird 
davon ausgegangen, dass sich die Folgen des Klimawandels nur bewältigen lassen, 
wenn die Erderwärmung nicht stärker ansteigt.

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http://www.klimaretter.info/politik/hintergrund/11566

Klimaretter.info - 15.07.2012

Altmaier zweifelt Energiewende an

Einen Tag vor Beginn des Petersberger Klimadialogs in Berlin verkündet der 
Umweltminister die große Ernüchterung. Das Zwei-Grad-Ziel sei womöglich nicht 
zu schaffen, die Ziele der Energiewende seien vermutlich zu ambitioniert, die 
Bundesregierung habe Fehler gemacht und den Koordinierungsbedarf unterschätzt. 
SPD-Chef Gabriel spricht vom "Versagen der Koalition" und fordert die 
Einrichtung einer eigenständigen Energieagentur. Also alles auf Anfang?

Von Verena Kern

Vorreiter zu sein ist offenbar eine schwierige und ambivalente Angelegenheit. 
Vor gut einem Jahr verkündete Kanzlerin Merkel die Energiewende [1], 
Deutschland stand plötzlich als Leuchtturm da und wurde weltweit für seinen Mut 
gelobt, ja bewundert, als erstes großes Industrieland den Umstieg von fossilen 
zu erneuerbaren Energieträgern anzugehen. Doch seitdem ist wenig geschehen. 
Statt das Großprojekt Energiewende zu planen, standen kleinliche Diskussionen 
über die Höhe der Solarförderung [2], der Spritkosten oder der 
Pendlerpauschale2 ganz oben auf der Agenda. Nun hat Bundesumweltminister Peter 
Altmaier, seit rund zwei Monaten im Amt, noch einen draufgesetzt. Die Ziele der 
Energiewende, sagte der CDU-Politiker in einem Interview mit der Bild am 
Sonntag, seien wohl nicht restlos zu erreichen. Es stelle sich etwa die Frage, 
ob es wirklich gelinge, den Stromverbrauch bis zum Jahre 2020 um zehn Prozent 
zu senken. "Wenn wir das noch irgendwie schaffen wollen, dann bedarf das 
riesiger Anstrengungen." Wer aber hat gesagt, dass es die Energiewende ohne 
Anstrengungen gibt?

Altmaier räumte Fehler der Bundesregierung ein. Nicht jedem sei der 
"Koordinierungsbedarf" klar gewesen. "Diese Fehler müssen wir jetzt 
korrigieren." Die Bezahlbarkeit von Strom bei der Umstellung von Atomstrom auf 
regenerative Energie sei aus den Augen verloren worden. Es sei auf Lösungen 
gesetzt worden, die nicht immer die preiswertesten gewesen seien. "Die Politik 
muss dafür sorgen, dass die Energiepreise für Bürger und Wirtschaft nicht über 
das absolut notwendige Maß hinaus steigen." Ein bezahlbarer Strompreis habe für 
ihn höchste Priorität. Womöglich müssten "Abstriche" bei den Zielen gemacht 
werden, etwa in Bereich der Elektromobilität. Die Bundesregierung möchte bis 
2020 auf Deutschlands Straßen eine Million Elektroautos sehen, bis zum Jahr 
2030 sogar sechs Millionen. Bislang gibt es nach Angaben des 
Kraftfahrt-Bundesamtes aber erst 4.541 Elektroautos.

Auch beim Zwei-Grad-Ziel tritt Altmaier nun auf die Bremse, ausrechnet einen 
Tag vor Beginn der Petersberger Klimadialoge, bei denen Altmaier sich morgen 
und übermorgen mit Ministern aus 35 Staaten in Berlin treffen wird. Das von 
Anfang an sehr ehrgeizige Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, 
sei ohne mehr Einsatz für verpflichtende Klimaschutzmaßnahmen in "aktuer 
Gefahr", sagte der Umweltminister gegenüber Bild am Sonntag. Es habe viele 
"Rückschläge" gegeben.

SPD-Chef Sigmar Gabriel wertete Altmaiers Äußerungen als Eingeständnis, dass 
die schwarz-gelbe Bundesregierung bei der Energiewende "bislang komplett 
versagt" habe. "Ich halte das inzwischen neben dem Euro für die größte Gefahr 
für den Wirtschaftsstandort Deutschland", erklärte Gabriel in Berlin - und 
forderte die Einrichtung einer eigenständigen Agentur für die Energiewende. 
"Weil sich die Ministerien gegenseitig blockieren". Kanzlerin Merkel müsse eine 
solche Stelle schaffen, in der Industrie und Wirtschaft, Verbraucherverbände, 
die Länder, Stadtwerke und Energiewirtschaft sitzen. "Diese Agentur muss der 
Politik dann Vorschläge machen, an welcher Stelle Entscheidungen getroffen 
werden müssen."

Erst vor wenigen Tagen hatte Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) die 
Einrichtung eines eigenen Energieministeriums gefordert [3] - um die 
Energiewende besser zu koordinieren. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) 
hatte dem postwendend widersprochen. Der bisherige Zuschnitt der 
Zuständigkeiten sei bewährt und werde nicht verändert.

Unterdessen kündigte Umweltminister Altmaier an, Vertreter der Sozialverbände, 
der Verbraucherschützer und der Politik für September zu einem runden Tisch 
einzuladen. Thema: die steigenden Energiekosten. "Wenn wir nicht aufpassen, 
dann kann die Energiewende zu einem sozialen Problem werden."

Geht es bei der Energiewende doch nur um die Kosten? Oder ist das die falsche 
Frage?

Im Text verwendete Links:

[1] http://www.klimaretter.info/politik/gesetze-zur-energiewende
[2] http://www.klimaretter.info/politik/hintergrund/11113
[3] http://www.klimaretter.info/politik/nachricht/11561

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