PM Arbeitsgruppe Runder Tisch.pdf
Zu der heutigen letzten BMJ-Arbeitsgruppensitzung „Sexueller Kindesmissbrauch
in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen
Einrichtungen und im familiären Bereich“ erklärt Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger:
Eineinhalb Jahre nach Einsetzung des Runden Tisches hat heute die Arbeitsgruppe
ihre Arbeiten abgeschlossen. Ein erster wichtiger Schritt ist damit zur Hilfe
für Missbrauchopfer getan. Nach der Stärkung der Opfer, die mit dem bereits vom
Bundesjustizministerium vorgelegten Gesetzentwurf im Bundestag beraten wird,
und nach der Verabschiedung der Leitlinien zur zügigen Einschaltung der
Staatsanwaltschaft standen in dieser Sitzung die Hilfen für Betroffene im
Zentrum. Die Vorschläge, die heute beschlossen wurden, entsprechen in weiten
Bereichen den Empfehlungen der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des
sexuellen Kindesmissbrauchs, Dr. Christine Bergmann. Sie sehen in Bezug auf die
Missbrauchsfälle der Vergangenheit primär die Täter bzw. die Institutionen in
der Verantwortung, besonders wenn es Schmerzensgeldleistungen geht.
Die Vorschläge gliedern sich in drei Teile:
1) Erstens geht es um eine Verbesserung der bestehenden sozialrechtlichen
Systeme. Diese Systeme ermöglichen bereits jetzt weitreichende Hilfsleistungen.
Die Diskussion am Runden Tisch hat allerdings deutlich gemacht, dass die
Betroffenen einen „Lotsen“ benötigen, der sie durch das Dickicht des
Regelungswerks mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Leistungen führt.
Außerdem berichteten die Betroffenen über Defizite in der Anwendung der Systeme
der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Opferentschädigung nach dem
Opferentschädigungsgesetz. Zur Behebung oder zumindest Milderung dieser
Defizite hat die Arbeitsgruppe mit Unterstützung der fachlich zuständigen
Bundesministerien für Gesundheit (BMG) und für Arbeit und Soziales (BMAS)
zahlreiche Vorschläge erarbeitet.
2) Zweitens hat die Arbeitsgruppe Vorschläge für ein ergänzendes
Hilfesystem zur Abmilderung von Folgeschäden unterbreitet. Dieses Hilfesystem
bezieht sich auf Missbrauchsfälle aus der Vergangenheit, da dort
zivilrechtliche Entschädigungsansprüche verjährt sind, und soll zeitlich
begrenzt sein.
Sozialrechtliche Ansprüche sind grundsätzlich vorrangig geltend zu machen,
allerdings kann das Hilfesystem im Einzelfall Überbrückungshilfe leisten.
Voraussetzung für Hilfsmaßnahmen ist immer, dass die beantragten Hilfen zur
Rehabilitation der Betroffenen geeignet sind. Betroffene sollen aus einem
Katalog von Leistungen die für sie geeignete(n) auswählen können.
Die Arbeitsgruppe hat sich mit deutlicher Mehrheit dafür ausgesprochen, den
Kreis der berechtigten Antragsteller möglichst weit zu fassen (also auch Opfer
von sexuellem Missbrauch aus dem familiären Bereich einzubeziehen) und die
Sachleistungen pro Antragsteller auf einen Betrag von maximal 10.000 € zu
begrenzen. Diese Gelder dienen der Finanzierung der Träger, die Leistungen
erbringen. Unmittelbare Barauszahlungen an die Betroffenen werden von dem
Hilfesystem nicht vorgenommen. Derartige Zahlungen, die der Genugtuung der
Betroffenen dienen, also Schmerzensgeld, obliegen den Tätern und ggf. den
Institutionen, in deren Verantwortungsbereich das Unrecht geschehen ist.
Ausnahmen von der finanziellen Begrenzung sollen möglich sein.
Generell soll auch der Mehrbedarf behinderter Menschen abgedeckt werden. Bei
der Umsetzung der Vorschläge der Arbeitsgruppe soll das Hilfesystem des „Runden
Tisches Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“, dessen Details derzeit
erarbeitet werden, vergleichend berücksichtigt werden.
3) Drittens schlägt die Arbeitsgruppe Standards für die
Schmerzensgeld-Verfahren von Institutionen vor. Die Teilnehmer der
Arbeitsgruppe waren ganz überwiegend der Ansicht, dass Zahlungen aus einem
gemeinsamen Fonds insoweit nicht angemessen sind, da dies die
Verantwortlichkeit der jeweils betroffenen Organisation verschleiern würde. Die
Arbeitsgruppe hat Maßstäbe für diese Verfahren entwickelt, die die
Gleichbehandlung der Betroffenen und eine bessere Akzeptanz der getroffenen
Entscheidungen bezwecken sollen.
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