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taz - 09.08.2012

GELDANLAGE

Ein ganz windiges Geschäft

In Erfurt werden Windparkmanager abgesetzt, weil sie Anleger betrogen haben. In 
der Branche ist das kein Einzelfall, ergeben Studien

BERLIN taz | Anleger eines Windparks haben vor dem Thüringer Oberlandesgericht 
erstritten, dass ihr Geschäftsführer den Park nicht weiterführen darf. Das 
Management habe sich unter anderem viel zu hohe Honorare reserviert, hatten die 
Anleger geklagt. Sie hatten insgesamt 2 Millionen Euro in die insgesamt elf 
Windräder der Anlage Möbisburg bei Erfurt gesteckt - bislang aber noch keine 
Rendite erhalten.

Unseriöse Geschäftspraktiken sind in der Windenergiebranche weit verbreitet, 
haben Verbraucherschützer herausgefunden. "Bei unseren Untersuchungen finden 
wir kaum Windfonds, die sich für Anleger lohnen", sagt Ariane Lauenburg von der 
Zeitschrift Finanztest.

Nach einer Studie der Firma Ökofair erfüllt über die Hälfte der überprüften 
Windfonds die Prognosen nicht, viele Anlagen seien "Sanierungsfälle." Reinhard 
Ernst vom Anlegerbeirat des Bundesverbandes Windenergie, der geprellte Anleger 
unterstützt, sagt: "Die ganze Branche ist verwurmt."

Derweil will die Bundesregierung Rechtssicherheit für Investoren schaffen, um 
den Ausbau von Offshore-Windparks zu beschleunigen. Dazu sollen noch in diesem 
Sommer eine Haftungsregelung und ein fester Ausbauplan vorgelegt werden. "Wir 
werden nicht nur die Risikoverteilung klären, sondern auch den notwendigen 
Systemwechsel hin zu einem Offshore-Netzentwicklungsplan auf den Weg bringen", 
sagte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am Mittwoch nach einem 
Spitzentreffen in Berlin.

Erneuerbare Energien haben in den ersten sechs Monaten des Jahres erstmals ein 
Viertel des deutschen Strombedarfs abgedeckt. Davon deckte die Windenergie 9,2 
Prozent ab. Im ersten Halbjahr 2011 waren es noch 7,7 Prozent.

Artikel zum Thema
Kommentar Windenergie-Anlagen: Abzocke mit Ökotarnung
http://www.taz.de/!99231/


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http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/wirtschaft/windenergie-in-der-branche-sind-unserioese-geschaeftspraktiken-verbreitet--63049601.html
 

Badische Zeitung - 10.08.2012

Windenergie: In der Branche sind unseriöse Geschäftspraktiken verbreitet

Privatanleger können in die Energiewende investieren - zum Beispiel in 
Windparks. Doch zahlreiche Manager zocken dort ab

Von Hannes Koch

BERLIN. In der Windenergiebranche sind laut Experten unseriöse 
Geschäftspraktiken verbreitet. Deshalb gucken Bürger, die ihr Geld in Windparks 
investieren, häufig in die Röhre. "Bei unseren Untersuchungen finden wir kaum 
Windfonds, die sich für Anleger lohnen", sagt Ariane Lauenburg von der 
Verbraucherzeitschrift "Finanztest".

Ein aktuelles Beispiel ist der Windpark Möbisburg bei Erfurt. Dort haben die 
Anleger vor dem Thüringer Oberlandesgericht erstritten, dass der ehemalige 
Geschäftsführer Stephan Hloucal den Park nicht weiter führen darf. Die große 
Mehrheit der Anteilseigner der elf Windräder meint, dass das Management sich 
unter anderem viel zu hohe Honorare reserviert habe. Interessanterweise ist der 
umstrittene Ex-Geschäftsführer noch immer Vorsitzender des Thüringer 
Windenergieverbandes. Dies ist die Regionalorganisation des Bundesverbandes 
Windenergie, des wichtigsten Branchenverbandes mit rund 20 000 Mitgliedern.

Wie kann jemand wie Stephan Hloucal die Interessen einer ganzen Branche 
vertreten, wenn viele Anleger ihm die vertrauenswürdige Führung eines Windparks 
nicht zutrauen? Hloucal selbst will sich nicht äußern. Der Bundesverband 
Windenergie sagt, Hloucal sei demokratisch gewählt, und an "seinem 
ehrenamtlichen Engagement als Landesvorsitzender gibt es nichts zu beanstanden".

Offenbar aber hat der Verband ein Problem. Denn der Konflikt von Erfurt scheint 
symptomatisch zu sein für große Teile der Branche. "Unseriöse Finanzpraktiken 
kommen bei geschlossenen Wind- und Erneuerbare-Energien-Fonds häufig vor", so 
Expertin Lauenburg. "Anbieter rechnen Erträge schön und genehmigen sich für 
ihre Dienste kräftige Vergütungen." Beispiel Möbisburg: Auf der Internetseite 
der am Projekt beteiligten Firma UDI kann man sich die Windstatistik ansehen. 
Die geplanten Erträge liegen deutlich über den erzielten. Bis heute erhalten 
die Anleger keine Ausschüttung. Leer ausgegangen sind sie aber nicht. Anfangs 
kann man die Investition in einen Windpark steuerlich absetzen.

Genaue Zahlen, wie verbreitet derartige Phänomene sind, gibt es noch nicht. Die 
Aufarbeitung steht erst am Anfang. Christian Herz von der Firma Ökofair, der 
neue Geschäftsführer des Windparks Möbisburg, hat bisher 600 der etwa 2500 
deutschen Windfonds analysiert. Sein Ergebnis: "Bei den großen 
Massenpublikumsgesellschaften, die in der Boomphase 1997 bis 2005 eröffnet 
wurden, erfüllen über die Hälfte die Prognosen nicht. Viele davon sind 
Sanierungsfälle."

Reinhard Ernst vom Anlegerbeirat des Bundesverbandes Windenergie, der geprellte 
Anleger unterstützt, sagt: "Die ganze Branche ist verwurmt. Wer in Windparks 
investieren will, sollte dies nicht bei den großen Projektierern und Betreibern 
wie Prokon, Umaag, Energiekontor oder Plambeck tun." Finanztest rät, die 
geschlossenen Windfonds, die gegenwärtig angeboten werden, vor einer 
Investition sehr genau zu prüfen. Generell sind geschlossene Fonds, egal worin 
sie investieren, eher etwas für geübte Anleger, sagen Verbraucherschützer. Weil 
das Geld auf Jahre hinaus festliegt und das Risiko eines Totalausfalls besteht, 
sollten Privatanleger höchstens einen kleinen Teil des eigenen Geldes darin 
investieren.

Eine Frage ist nun: Was soll man tun, wenn man sein Geld in erneuerbare 
Energien stecken möchte? Ernst rät zu einer sehr aufwendigen Lösung: 
Bürgerwindparks oder Genossenschaften. Das sind Organisationsformen, bei denen 
die Anleger ihre Geschäftsführung unter stärkerer Kontrolle haben. Um diesen 
Vorteil zu erhalten, müssen die Gesellschafter die Firma aber selbst gründen 
und die Verträge so formulieren, dass sie nicht über den Tisch gezogen werden. 
Das macht viel Arbeit, kann aber einen gewissen Schutz gegen Abzocke bieten.

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