NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 111/17 | 29. SEPTEMBER 2017

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Umwelt/EU/Artenschutz (Achtung: Sperrfrist 3.10.2017, 00:01 Uhr)

Neue Studie zu invasiven Arten – NABU: EU muss ambitionierter handeln

Tschimpke: EU-Liste der invasiven Arten muss endlich erweitert werden,
um Risiken für die Ökosysteme zu begegnen

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Berlin – Anlässlich einer neuen Studie, die am 3. Oktober im Journal of
Applied Ecology veröffentlicht wird, sieht der NABU den dringenden
Bedarf, die sogenannte EU-Liste der invasiven Arten zu erweitern. Die
EU-Liste führt invasive Tier- und Pflanzenarten auf, die in der
Europäischen Union zu finden sind und für die biologische Vielfalt
oder den Menschen schädlich sein können. Derzeit sind nur 49 Arten auf
dieser Liste. Die Studie beschreibt dagegen 207 Tier- und Pflanzenarten,
die schnellstmöglich auf die Liste und damit von den Bestimmungen der
EU-Verordnung erfasst werden müssen. Bis 2030 sollen sogar 1.323 Arten
aufgenommen werden. „Angesichts von rund 12.000 gebietsfremden Arten in
der EU, von denen selbst die EU-Kommission rund 15 Prozent als invasiv
und damit kritisch für die biologische Vielfalt, die menschliche
Gesundheit und die Ökonomie ansieht, ist eine Erweiterung der EU-Liste
dringend erforderlich“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

 

Der NABU fordert die EU auf, umgehend auf diese Erkenntnisse zu
reagieren und dafür zu sorgen, dass weitere Arten in die EU-Liste
aufgenommen werden. Europaparlament und Umweltverbände dringen bereits
seit Jahren darauf. Auch die neue Bundesregierung wird sich dringend
dieses Themas annehmen müssen. Der Vertreter Deutschlands im zuständigen
EU-Ausschuss hatte bereits die erste Erweiterung der Liste um zwölf
Arten abgelehnt mit der Begründung, dass bisher noch zu wenig
Erfahrungen zum Vorgehen auf nationaler und regionaler Ebene mit den
Arten der ersten Unionsliste vorlägen. Zudem enthalte auch die
Ergänzungsliste viele Arten, die in Deutschland schon weit verbreitet
seien.

 

„Diese ,Argumente‘ sind nicht stichhaltig. Zum einen ist es
ausschließlich das Verschulden von Bundesregierung und Bundestag,
dass zu wenig Erfahrungen vorliegen. Denn die EU-Verordnung trat bereits
am 1. Januar 2015 in Kraft, wurde aber erst im Sommer 2017 vom Bundestag
in nationales Recht umgesetzt“, so Tschimpke. Zum zweiten räume die
Verordnung den Mitgliedstaaten weite Ermessensspielräume für den Umgang
mit invasiven Arten ein. „Die Unionsliste muss außerdem auch den
EU-Mitgliedstaaten Rechnung tragen, bei denen einige der gelisteten
Arten noch erfolgreich eingedämmt werden können“, sagte Tschimpke
weiter. „Hier wäre die gerade von Deutschland ansonsten immer gerne
geforderte EU-weite Solidarität gefragt, denn invasive Arten kennen
keine Grenzen.“

 

Auch bei den Managementmaßnahmen für bereits verbreitete Arten mahnt
der NABU Eile an. Erst Mitte September begann das Anhörungsverfahren
durch die Bundesländer. Der NABU kritisiert, dass nur Maßnahmen für
invasive Arten der Unionsliste 2016 erarbeitete werden sollen, nicht
aber für Arten der Ergänzungsliste 2017. „Da gerade die Ergänzungsliste
für Deutschland besonders relevante Arten, wie Riesenbärenklau und
Drüsiges Springkraut enthält, ist es nicht nachvollziehbar, dass
deren Behandlung erst 2018 geregelt werden soll“, so Tschimpke.

 

Hintergrund

Invasive Arten, also Arten, die für die Ökosysteme problematisch werden
können und einheimische Arten verdrängen, stellen eine der größten
Gefahren für die biologische Vielfalt dar. Die EU-Liste („Unionsliste“)
benennt jene invasiven Tier- und Pflanzenarten, für die nach
EU-Verordnung (Nr. 1143/2014) Mindeststandards zur besseren
Früherkennung, Monitoring und Management gelten sollen. So soll die
Kontrolle verbessert und mögliche Schäden verringert werden. Die jetzt
veröffentlichte Studie zeigt, welche Arten für eine Erweiterung der
Liste in Frage kommen und wann sie aufgenommen werden sollten. Sie
priorisiert die Risikobewertung von 207 Arten, wovon 59 im kommenden
Jahr und 148 bis 2020 gelistet werden sollen. Im nächsten Schritt werden
für eine Erweiterung bis 2025 weitere 336 Arten identifiziert. Bis 2030
sollen noch einmal 357 Arten beurteilt werden.

 

Die Studie im Original: 

A prioritised list of invasive alien species to assist the effective
implementation of EU legislation  (DOI: 10.1111/1365-2664.12997)


http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1365-2664.12997/full (nach
Sperrfrist abrufbar)

 

 

Mehr Infos & Pressefotos

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Zur EU-Verordnung Nr. 1143/2014 und der geltenden Unionsliste (inkl.
Ergänzungen 2017):

http://ec.europa.eu/environment/nature/invasivealien/list/index_en.htm

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:32017R1263



Für Rückfragen:
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