NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 116/17 | 19. OKTOBER 2017

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Umwelt/Vogelschutz

NABU: 12,7 Millionen Vogelbrutpaare in Deutschland verloren 

Tschimpke: Massives Vogelsterben muss aufgehalten werden - Agrarreform
gefordert

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Berlin – Laut einer aktuellen Auswertung des NABU hat Deutschland in
nur zwölf Jahren 12,7 Millionen Vogelbrutpaare verloren (zwischen 1998
und 2009). Das entspricht 15 Prozent des Bestandes von 1998. Die
summierte Zahl der Brutpaare aller Vogelarten ging in diesem Zeitraum
von 97,5 auf 84,8 Millionen Paare zurück. Die Auswertung beruht auf den
Vogelbestandsdaten, die die Bundesregierung 2013 an die EU gemeldet hat.
Bislang war jedoch nur die Zu- oder Abnahme auf Artenebene  im Gespräch,
nicht was die Ergebnisse für die Gesamtzahl bedeuten. Die Zahlen machen
vor allem deutlich, dass zwar manche seltenen Arten zunehmen, dafür aber
häufige und weit verbreitete Arten massiv abnehmen.

 

„Aufgrund dieser dramatischen Zahlen muss man von einem regelrechten
Vogelsterben sprechen. Während wir es schaffen, große und seltene
Vogelarten durch gezielten Artenschutz zu erhalten, brechen gleichzeitig
die Bestände unserer Allerweltsvögel ein. Sie finden einfach in unserer
heutigen aufgeräumten Agrarlandschaft außerhalb von Naturschutzgebieten
keine Überlebensmöglichkeiten mehr“, sagt NABU-Präsident Olaf Tschimpke.


 

20 Prozent der verlorengegangenen Vögel stellt allein der Star, frisch
gekürter Vogel des Jahres 2018. Mit fast 2,6 Millionen Brutpaaren
weniger, ist diese Art besonders betroffen. Die häufigen Arten
Haussperling, Wintergoldhähnchen und Buchfink folgen auf den nächsten
Plätzen. Neben dem Star finden sich mit Feldlerche, Feldsperling und
Goldammer drei weitere Vögel der Agrarlandschaft unter den zahlenmäßig
größten Verlierern. „Sowohl bei den seltenen als auch bei den häufigen
Arten, sind die Vögel der Agrarlandschaft am stärksten betroffen. In der
Entwicklung unserer landwirtschaftlich genutzten Flächen ist auch der
mutmaßliche Grund für diesen massiven Bestandseinbruch zu suchen“, sagt
NABU-Vogelexperte Lars Lachmann. 

 

Im betroffenen Zeitraum hat der Anteil an artenreichen Wiesen und
Weiden oder Brachflächen drastisch ab-, dagegen der intensive Anbau von
Mais und Raps stark zugenommen. Ein verblüffend ähnliches Muster wie bei
der Entwicklung der Vogelzahlen zeigt sich bei der Zahl der Insekten:
Eine gestern in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift PLOS ONE
veröffentlichte Studie hat bisherige dramatische Befunde zum
Insektenrückgang in Nordwestdeutschland bestätigt. Seit den 90er-Jahren
hat dort die Biomasse der Fluginsekten zwischen 76 bis 81 Prozent
abgenommen. Durch die große Anzahl der untersuchten Standorte und
Lebensräume kann die Studie als repräsentativ für ganz Deutschland
erachtet werden. „Ein direkter Zusammenhang mit dem Vogelrückgang ist
sehr wahrscheinlich, denn fast alle betroffenen Arten füttern zumindest
ihre Jungen mit Insekten“, so Lachmann. 

 

Der NABU fordert die Koalitionsparteien einer neuen Bundesregierung
daher dringend dazu auf, die Notbremse zu ziehen, und eine grundlegende
Reform der Agrarförderung auf EU-Ebene durchzusetzen. Öffentliche Gelder
sollen nicht mehr mit der Gießkanne verteilt werden, sondern aus einem
Naturschutzfonds an Landwirte für konkrete öffentliche
Naturschutzleistungen gezahlt werden. „Nur so lässt sich das
Verschwinden der Vögel vor unseren Augen aufhalten und rückgängig
machen, bevor es zu spät ist“, so Lachmann.


Die komplette Auswertung und weitere Informationen unter:
www.NABU.de/vogelsterben
( http://www.nabu.de/vogelsterben)  
 
Eine Infografik „Drastischer Vogelschwund in Deutschland“zum
kostenlosen Download gibt es unter
www.NABU.de/pressebilder_vogelsterben
( http://www.nabu.de/pressebilder_vogelsterben) 
 
Der Nationale Bericht Deutschlands nach Art. 12 der
Vogelschutzrichtlinie an die EU ist verfügbar unter
www.bfn.de/0316_vsbericht2013.html
 
Webseite zum Insektensterben: www.NABU.de/insektensterben
( http://www.nabu.de/insektensterben)  
 
Link zur frei zugänglichen Insektenstudie „More than 75 percent decline
over 27 years in total flying insect biomass in protected areas“:
http://journals.plos.org/plosone/ 
 
Kostenfreie Pressebilder unter www.NABU.de/pressebilder_agrar
( http://www.nabu.de/pressebilder_agrar) oder
www.NABU.de/pressebilder_insekten
( http://www.nabu.de/pressebilder_insekten) 
 
Für Rückfragen:
 
Lars Lachmann, NABU-Vogelschutzexperte, Mobil 0172-9108275, E-Mail:
lars.lachm...@nabu.de 
 
Till-David Schade, NABU-Referent für Biologische Vielfalt, Tel. +49
(0)30.284984-1577, E-Mail: till-david.sch...@nabu.de 
 
 
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