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<http://www.klimareporter.de/strom/eine-uni-kann-ihren-strom-selbst-produzie
ren>  

 

16. Februar 2019

 

Energiewende in Städten

 

"Eine Uni kann ihren Strom selbst produzieren"

 

Studierende der TU Berlin haben in Eigeninitiative eine große
Solarstromanlage auf das Dach der Uni-Bibliothek gesetzt. Andrea Ruiz, Nils
Becker und Ricardo Reibsch vom Verein Solar Powers erklären, wie es dazu
kam, warum Solarenergie für Städte die Zukunft ist und wieso es trotzdem so
wenige Solardächer gibt

 

INTERVIEW: ALENA SCHMIDBAUER

 

Klimareporter°: Wie kommen Studierende auf die Idee, an ihrer Uni so ein
großes Solarprojekt zu starten?

 

Andrea Ruiz: An der TU Berlin gibt es das  <https://energieseminar.de/>
Energieseminar, eine studentisch-selbstorganisierte Lehrveranstaltung. Eins
der Projekte war dort vor drei Jahren eine Machbarkeitsstudie für die TU,
welche Dächer für Photovoltaik genutzt werden könnten, welche Potenziale es
gibt.

 

Im folgenden Semester hat unsere Gruppe sich dann eine Dachfläche ausgesucht
und dort eine Solaranlage projektiert. Dabei merkten wir: Das Potenzial ist
da und Gelder kann man auch irgendwie bekommen. Wir hatten auch schon erste
Gespräche mit Unternehmen und die Unterstützung vom TU-Präsidium.

 

Ein Vorschlag war, dazu einen gemeinnützigen Verein zu gründen, falls die
Umsetzung möglich ist. Da haben wir gesagt: Wenn sich genug Leute finden,
die ehrenamtlich so eine Anlage bauen wollen, dann machen wir es.

 

KR: Woher kam die Motivation, das alles ehrenamtlich zu machen?

 

Nils Becker: Ursprünglich war unser Ziel, dass die TU die
Photovoltaik-Anlage selbst baut. Irgendwann aber war klar, dass die Uni das
nicht machen wird. Ein gemeinnütziger Verein bietet viele Möglichkeiten, zum
Beispiel die, ohne ein Gewerbe anzumelden relativ reibungslos so eine Anlage
zu betreiben. Uns passte das auch von der Grundmentalität her, weil wir
gerne etwas ehrenamtlich machen wollten.

 

Dazu kommen der soziale und der Bildungsaspekt: Es geht nicht darum, dass
man einfach Solarstrom verkauft und das Geld auf sein Konto schiebt. Wir
betrachten das Projekt nicht als großes Investment, nach dem Motto: Wir
nehmen das Geld aus der Anlage und haben dann vielleicht Rücklagen und
können mit Eigenkapital einen Kredit aufnehmen und noch eine Anlage bauen.
Das war uns salopp gesagt zu kapitalistisch.

 

Es war uns wichtig, das Geld zurück an die TU zu geben oder an andere
Bildungsprojekte, die unterstützenswert sind. Vor allem ging es darum, der
TU zu zeigen, dass der Betrieb solch einer Anlage funktioniert.

 

AR: Der Grundgedanke war: Wenn es nicht von der Uni selbst kommt, dann
müssen wir das anstoßen und den Ausbau der Solarenergie an der TU
vorantreiben, damit sie irgendwann versteht, dass sich die Anlagen rentieren
und der Betrieb pflegeleicht ist.

 

KR: Am Anfang gab es also Probleme mit der TU-Leitung - später hat sie das
Projekt aber unterstützt. Wie sah das aus?

 

NB: Die TU ist durchaus pluralistisch zu betrachten. Die Machbarkeitsstudie
aus dem ersten Seminar haben wir dem Präsidenten und der Bauabteilung der TU
vorgestellt. Bevor jemand etwas sagen konnte, war
<https://www.tu-berlin.de/menue/einrichtungen/praesidium/praesident/> der
Präsident mit im Boot. "Ich hab da Bock drauf" waren seine Worte. Damit hat
er eine wichtige Weiche gestellt.

 

Dadurch ist auch relativ schnell der Weg frei geworden, dass
<https://www.facilities.tu-berlin.de/menue/abteilung_iv_gebaeude_und_dienste
management/> die Bauabteilung uns das Bibliotheksdach zugesichert hat.
Allerdings ist das eine Abteilung, die nicht gerade überbesetzt ist und sich
deshalb schwertut, weitere Aufgaben übernehmen zu müssen. Insofern verstehe
ich, dass diese Abteilung dann auf der Bremse stand und es über ein Jahr
dauerte, bis wir den Pachtvertrag mit der TU hatten, und nochmal zwei Jahre,
bis wir bauen konnten.

 

KR: Wie viele Mitglieder hat der Verein, zwanzig?

 

AR: Nein, beim  <http://www.solarpowers.de> Solar Powers e.V. sind wir
momentan zu zehnt.

 

KR: Die Zehn haben das Projekt allein gestemmt?

 

AR: Im Prinzip ja, aber es gab mehrere Phasen. Im Energieseminar waren wir
schon etwa 20 Leute, da wurde auch viel vorbereitet. Aktiv waren dann nur
noch zehn.

 

Für die konkrete Bauplanung und Installation der Anlage hatten wir auch
Unterstützung vom KanTe, vom  <https://kante.info/> "Kollektiv für
angepasste Technik" in Berlin-Kreuzberg. Die haben die Bauanleitung gemacht
und uns gezeigt, wie man die Anlage installiert. Die
<https://www.mounting-systems.com/> Mounting Systems GmbH in Schöneberg hat
uns die Unterkonstruktion gespendet und uns bei der Auslegung geholfen.

 

NB: Als es Richtung Bau ging, hat es mit KanTe, Mounting Systems und der
Bauabteilung sehr gut funktioniert. Wir durften dann auch, was nicht
selbstverständlich ist, mit der Unterstützung von vielen Studierenden selbst
bauen, selber aufs Dach gehen und die Materialien tragen. Bei der HTW, der
Hochschule für Technik und Wirtschaft, gibt es
<http://einleuchtend.org/sonn-ja/das-projekt/> ein ähnliches Projekt, da
durfte nur ein Solarunternehmen bauen.

 

KR: Kann die TU-Bibliothek ihren Strom ganz aus der einen Solaranlage
beziehen?

 

Ricardo Reibsch:
<https://de.wikipedia.org/wiki/Zentralbibliothek_der_TU_und_UdK_Berlin> Die
Bibliothek verbraucht deutlich mehr Strom, als
<http://www.solarpowers.de/das-projekt-2/die-photovoltaik-anlage/> die
Solaranlage liefert. Meist wird der gesamte Strom der Anlage direkt in der
Bibliothek verbraucht. Wahrscheinlich werden wir also nichts ins öffentliche
Stromnetz einspeisen.

 

KR: "Sonne fördert Bildung" ist das Motto von Solar Powers. Mit dem Gewinn
aus dem Strom-Verkauf an die TU Berlin sollen Bildungsprojekte gefördert
werden. Welche zum Beispiel? 

 

AR: Wir wollen nicht nur Bildungsprojekte fördern, sondern auch Projekte,
die sich mit erneuerbaren Energien oder Klimaschutz auseinandersetzen.
Unsere Anlage ist seit zwei Jahren in Betrieb und im ersten Jahr mussten wir
erst Geld zur Seite legen, um einen Puffer zu haben, falls der
Wechselrichter Probleme macht oder irgendwas ausgetauscht werden muss.
Diesen Sommer ist zum Beispiel eine Sicherung aufgrund
<https://www.klimareporter.de/gesellschaft/ein-hitzerekord-nach-dem-anderen>
der Hitze durchgebrannt.

 

Deshalb haben wir bisher noch keine konkreten Projekte unterstützt, bis auf
das
<https://www.klimareporter.de/protest/kein-weiteres-dorf-kein-weiterer-baum-
fuer-die-kohle> Klimacamp im Rheinland im vergangenen Sommer. Wenn wir aber
bekannter werden an der Uni, ist die Idee, dass Initiativen und Projekte bei
uns Förderanträge stellen können.

 

KR: Momentan nutzt Solar Powers nur einen kleinen Teil der gesamten
TU-Dachfläche. Ist geplant, weitere Anlagen zu bauen?

 

AR: In der Lehrveranstaltung haben wir mehrere Dachflächen projektiert.
Theoretisch könnte man sich nun mit der Umsetzung beschäftigen.

 

RR: In der Studie haben wir damals auch untersucht, wie viel Photovoltaik
man überhaupt installieren könnte, und kamen auf ein Potenzial von vier
Megawatt.  <http://www.solarpowers.de/das-projekt-2/technische-daten/>
Unsere Anlage hat jetzt 30 Kilowatt, das heißt, theoretisch könnte man noch
viele solche Anlagen bauen.

 

Wir haben gezeigt: Solarenergie funktioniert auf einem Dach der TU. Das
könnte nun ein Anreiz für die Uni sein, weitere Anlagen zu bauen und zu
betreiben. Auch sie hat das Know-how, sie kann die finanziellen Mittel
bereitstellen, ihr gehören die Dächer - also würde es auch naheliegen, wenn
die TU sagt: Wir machen den Schritt und bauen selber.

 

NB: Zumal das für sie billiger wäre, wenn man die Kosten für die Anlage und
die Gebühren in unserem Betriebsmodell zugrunde legt. Für den Strom bekommen
wir von der Universität 16 Cent pro Kilowattstunde, ziemlich genau das, was
auch Vattenfall als jetziger Lieferant bekommt.

 

Wenn die TU solche Anlagen selbst betreiben würde, wären die Gebühren, vor
allem die EEG-Umlage, um 40 Prozent geringer. Die Uni könnte dann drei bis
vier Cent pro Kilowattstunde sparen.

 

KR: Wenn es keine finanziellen Gründe sind, warum dauert dann der Umstieg so
lange?

 

AR: Finanzielle Gründe gibt es sicherlich schon. Es ist nicht so, dass die
TU Geld einfach übrig hat. Es müsste auch eine Stelle geschaffen werden, die
sich darum kümmert. Außerdem hat die TU einen Vertrag mit Vattenfall.
Eigentlich muss Vattenfall der einzige Energieversorger sein. Auch deswegen
wäre es schwierig, wenn wir noch andere Anlagen bauen.

 

NB: Dazu kommt, dass die betreffende Abteilung eben unterbesetzt ist und der
Zuständige bald in Rente geht. Da ist es durchaus verständlich, wenn man das
nicht den Nachfolgern überlassen will, von denen man nicht weiß, wer und wie
viele es sein werden.

 

Zwar ist die Solaranlage wahrscheinlich die wartungsärmste
Erneuerbare-Energien-Einrichtung, die es gibt, doch wenn die Uni schon nicht
weiß, wie man damit hinterherkommen soll, die Energieanlagen auf dem Campus
- nicht nur für Strom, auch für Wärme und Kälteerzeugung - einigermaßen zu
überwachen, ist es nachvollziehbar, dass sie die Finger davonlässt. Dann
wird halt lieber an einen Verein outgesourct in der Hoffnung, weniger Arbeit
zu haben.

 

KR: Was sind die Gründe für die allgemeine
<https://www.klimareporter.de/strom/ostdeutschland-bei-solarstrom-vorn>
Stagnation bei der Photovoltaik? Ist der Ertrag zu gering? Fehlt es den
Menschen an Informationen?

 

AR: Die Einspeisevergütung wird immer weiter
<https://www.klimareporter.de/strom/preisdruck-bei-eeg-verguetung-ausgereizt
> reduziert. Betreiber bekommen immer weniger Geld pro eingespeister
Kilowattstunde. Durch das
<https://www.klimareporter.de/strom/koalition-schwaecht-solarkuerzung-leicht
-ab> neue Energiesammelgesetz sollen die Vergütungen jetzt nochmal um elf
Prozent bis zum 1. April gekürzt werden.

 

NB: Es wird  <https://www.klimareporter.de/deutschland/der-klima-alptraum>
politisch nicht vorgelebt, dass die Energiewende sinnvoll ist. In
Deutschland, das sich ja mal als Erneuerbare-Energien-Musterland verstand,
werden keine Anreize mehr gesetzt, dort zu investieren. So kommt es, dass
wir nicht einmal die eigenen Ausbauziele erreichen. 2018 hat Deutschland
zwar nochmal das Ziel von 2.500 Megawatt Photovoltaik-Zubau erreicht, aber
vorher war das seit 2014
<https://www.klimareporter.de/strom/ostdeutschland-bei-solarstrom-vorn>
nicht mehr der Fall.

 

KR: Seit etwa einem Jahr wird über den Klimawandel in den Medien viel
stärker
<https://www.klimareporter.de/gesellschaft/talkshows-nehmen-klimawandel-etwa
s-haeufiger-in-den-fokus> diskutiert als in früheren Jahren. Könnte
Solarstrom dadurch bald wieder mehr gefragt sein?

 

AR: Das ist unsere Hoffnung. Es scheint, dass sich immer mehr Leute mit
Klima und Energie
<https://www.klimareporter.de/technik/der-unbekannte-stromfresser-im-keller>
beschäftigen, gerade durch die Aufstände
<https://www.klimareporter.de/tag/hambach> im Hambacher Forst. Viele haben
realisiert, dass der Klimawandel definitiv da ist. Jetzt sollten wir uns
fragen: Was wollen wir tun? Wie kann man die Ziele der Regierung
vorantreiben?

 

NB: Ein Problem ist: Die Politik macht den Solar-Ausbau nur für Leute
interessant, die ein Eigenheim besitzen. Das führt dazu, dass wir in der
Stadt  <https://www.klimareporter.de/strom/macht-die-daecher-voll> kaum
ausbauen. Wer sich eine kleine Anlage aufs eigene Dach baut und den Strom
<https://www.klimareporter.de/tag/eigenverbrauch> selbst verbraucht, hat
Kosten von zehn bis zwölf Cent pro Kilowattstunde für den eigenproduzierten
Strom. Das ist um einiges günstiger als die 30 Cent für den Strom aus dem
Netz.

 

Doch in der Stadt besitzt so gut wie niemand das Haus, in dem er wohnt, und
<https://www.klimareporter.de/tag/mieterstrom> Mieterstrommodelle, die den
Ausbau von Solaranlagen auf Mehrfamilienhäusern fördern sollen, sind durch
das Energiesammelgesetz, das im Dezember beschlossen wurde, wahrscheinlich
<https://www.klimareporter.de/strom/koalition-schwaecht-solarkuerzung-leicht
-ab> erst mal chancenlos. Die waren vorher schon schwierig zu kalkulieren
und es wird jetzt noch schwerer werden.

 

Ricardo Reibsch, Andrea Ruiz Lopez und Nils Becker studieren und forschen am
<https://www.hri.tu-berlin.de/menue/home/team> Hermann-Rietschel-Institut
für Gebäude-Energie-Systeme der TU Berlin und haben den Verein Solar Powers
mitgegründet.

 

--

 

Beispielhaftes Solarprojekt

 

Das studentische Projekt  <http://www.solarpowers.de> Solar Powers aus
Berlin erhielt im letzten Jahr den
<https://eurosolar.de/de/index.php/solarpreise/archiv-deutscher-solarpreis-e
urosolar/2280-deutscher-solarpreis-2018-in-bonn-verliehen> Deutschen
Solarpreis und wurde zum  <https://wettbewerb.buendnis-buergerenergie.de/>
Bürgerenergieprojekt 2018 gekürt. Seit zwei Jahren betreibt der Verein an
der TU Berlin eine durch
<https://energieseminar.de/solar-powers-bei-betterplace/> Spenden
finanzierte Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der
<https://de.wikipedia.org/wiki/Zentralbibliothek_der_TU_und_UdK_Berlin>
Universitätsbibliothek in der Fasanenstraße. Den erzeugten Strom verkauft
Solar Powers an die TU, um mit den Einnahmen Bildungsprojekte zu fördern.

 

 

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