NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 127/20 | 18. DEZEMBER 2020
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Kreislaufwirtschaft
NABU und Deutsche Umwelthilfe entlarven falsche Umweltversprechen des
chemischen Recyclings
Neue Studie: Angebliche Umweltvorteile können nicht nachgewiesen werden
– Miller: Abfallvermeidung, Mehrweg und werkstoffliches Recycling
stärken
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Berlin – Das als besonders innovativ und umweltfreundlich beworbene
chemische Recycling hält nicht, was es verspricht. Dies ist das Ergebnis
einer aktuell veröffentlichten Studie des Naturschutzbundes Deutschland
(NABU), der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und weiterer europäischer
Umweltverbände. Gemeinsam haben die Verbände verschiedene Studien zu den
Umweltauswirkungen des chemischen Recyclings analysiert. Das Ergebnis:
Bisher fehlt es an unabhängigen Untersuchungen zu diesem Thema. In den
untersuchten Publikationen werden Ergebnisse verzerrt dargestellt,
ungerechtfertigte CO2-Gutschriften erteilt und wichtige Umweltaspekte
außer Acht gelassen. Zusätzlich verhindert die Geheimhaltung
zugrundeliegender Daten eine Reproduzierbarkeit der Studienergebnisse.
Die vermeintlichen Umweltvorteile des chemischen Recyclings können damit
nicht belegt werden.
 
Chemische Recyclingtechniken sind mit einem enormen Energiebedarf
verbunden, da Kunststoffe unter hohen Temperaturen in ihre Bausteine
zerlegt und dann unter erneutem Energieaufwand wieder zusammengesetzt
werden müssen. Zudem entstehen beim Recyclingprozess giftige
Chemikalien, die in aufwändigen Aufbereitungsprozessen wieder entfernt
werden müssen und als gefährliche Abfälle zurückbleiben. Diese wichtigen
Umweltaspekte wurden in bisherigen Ökobilanzen nur ungenügend
berücksichtigt.
 
„Das mechanische Recycling ist nachweislich umweltfreundlicher als das
chemische Recycling. Die Politik darf sich von intransparenten und
tendenziösen Ökobilanzen nicht täuschen lassen. Initiativen sollten sich
auf Recyclingfähigkeit, Sortier- und werkstoffliche
Recyclingtechnologien konzentrieren. In diesen Bereichen gibt es einen
enormen Handlungsbedarf. Das chemische Recycling wäre eine Sackgasse,
die wichtige Mittel für andere umweltfreundlichere Technologien
vergeuden würde“, kritisiert NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
 
Das chemische Recycling wird zunehmend als Alternative zu nachweislich
umweltfreundlicheren werkstofflichen Recyclingverfahren betont.
Unternehmen wie BASF, Südpack und Borealis haben sich im Projekt
„Chemcycling“ zusammengeschlossen, um das chemische Recycling in
Deutschland voranzubringen. Dabei wird mit der Umweltfreundlichkeit der
Verfahren geworben, obwohl diese bisher nicht nachgewiesen sind.
 
„Die Versprechen der Industrie zur Umweltfreundlichkeit des chemischen
Recyclings entbehren jeder Grundlage. Diese unausgereifte Technologie
ist hochriskant und hat massive Umweltauswirkungen. Um die Probleme
durch Kunststoffabfälle in den Griff zu bekommen, sind viele
Lösungsansätze bereits vorhanden – sie müssen nur umgesetzt
werden. So gibt es ein großes Potential mehr Verpackungen als bisher zu
recyceln, indem sie recyclingfähig gestaltet werden. Auch sollten durch
die Förderung von Abfallvermeidung, Wiederverwendung und Öko-Design
Abfallmengen insgesamt reduziert werden. Das chemische Recycling darf
wichtige Investitionen und Entwicklungen in diese Richtung keinesfalls
behindern“, sagt die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH,
Barbara Metz.



Nach eigenen Angaben der Chemieindustrie geht bei den bislang
angewendeten chemischen Recyclingprozessen die Hälfte des eingesetzten
Materials verloren. Zudem ist unklar, ob Kunststoffhersteller mit hohen
Anteilen an chemisch recyceltem Material überhaupt umgehen können und ob
sich dies nicht sogar negativ auf die Materialqualität auswirkt.
 
Hintergrund
Als chemisches Recycling werden Verfahren zusammengefasst, bei denen
Altkunststoffe in ihre Grundbausteine zerlegt werden, die dann als
Rohstoffe zur Herstellung von neuen Kunststoffen oder anderen
Materialien dienen. Im Gegensatz zum sogenannten mechanischen Recycling
findet dabei eine chemische Veränderung des Materials statt. Das
chemische Recycling verspricht, aus bisher nicht recycelbaren
Kunststoffabfällen neuwertige Kunststoffe herzustellen, die sogar im
Lebensmittelbereich eingesetzt werden können. Zur technischen
Umsetzbarkeit und Umweltrisiken dieser Technologie liegen bisher aber
noch keine ausreichenden Informationen vor. Das chemische Recycling wird
in Deutschland bisher nicht in großindustriellem Maßstab angewendet.
 
Studie „Understanding the Environmental Impacts of Chemical Recycling –
Ten concerns with existing life cycle assessments”
https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/abfallpolitik/201218_die_umweltauswirkungen_des_chemischen_recyclings_von_kunststoffen_final.pdf


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