Wiener Colloquien Medienwissenschaft
Workshop 01
Think Tanks - Was wissen Berater?
27.11.2008
Atelierhaus der Akademie der Künste Wien
Lehárgasse 6-8
1060 Wien
Beginn: 10.00 Uhr s.t.
Informationen, Programm und Leporello unter URL
http://homepage.univie.ac.at/sebastian.vehlken/wcm.html
Konzept Claus Pias//Sebastian Vehlken//Thomas Brandstetter//
Epistemologie und Philosophie der Digitalen Medien
Instiut für Philosophie
Universität Wien
Organisation
[phi]gital - verein für die förderung von kultur- und medienwissenschaft
Teilnehmer/innen
Dirk Baecker (Soziologe, Friedrichshafen)//Thomas Macho
(Kulturwissenschaftler, Berlin, Linz)//Lea Hartung
(Kulturwissenschaftlerin, Bielefeld)//Sebastian Hetzler (Consultant,
Bensheim)//Dieter Klumpp (Vorstand Alcatel/Lucent, Berlin)//Thomas Macho
(Kulturwissenschaftler, Berlin, Linz)//Michael Thompson (Politikberater,
Laxenburg)
Dirk Baecker spricht im Rahmen der Wiener Vorlesungen im
Odeon Theater
Taborstraße 10
1020 Wien
Beginn: 19 Uhr
Mit Unterstützung der Wissenschafts- und Forschungsförderung der Stadt
Wien, MA7
und der Akademie der Künste Wien.
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Programm
10.00 Uhr
Einführung: Think Tanks. Über die Orte des Wissens
Claus Pias/Sebastian Vehlken/Thomas Brandstetter//Universität Wien
10.30 Uhr Das Konsiliatorische Wissen. Fragmente einer Geschichte der
Beratung
Thomas Macho//Humboldt-Universität Berlin, Kunstuniversität Linz
11.30 Uhr
Kaffee+Schnittchen
11.45 Uhr "Winning the battle of ideas" - die Mont Pèlerin Society als
Mutter aller Think Tanks?
Lea Hartung//Universität Bielefeld
12.45 Uhr Brain-Supporting Environments. Neue Formen des Denkens,
Entscheidens und Planens in komplexen Situationen
Sebastian Hetzler//Tonbeller AG, Bensheim
13.45 Uhr Mittagsbuffet
15.30 Uhr Szenarien des Scheiterns
Dieter Klumpp//Alcatel/Lucent, Berlin
16.30 Uhr An Anti-Think Tank: The International Institute For Applied
Systems Analysis (IIASA) Michael Thompson//IIASA Laxenburg
17.30 Uhr
Kaffee+Kuchen
18.00 Uhr Die Beratung der Gesellschaft. Vertrauensspiele in einer
unsicheren Welt
Dirk Baecker//Zeppelin-University Friedrichshafen
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Abstract
//»By think tanks I mean the people who are paid to think by the makers
of tanks« � dieser Satz der US-amerikanischen Globalisierungskritikerin
Naomi Klein illustriert eine notorische Konnotation von Think Tanks als
diffuse Agenten politischer Beeinflussung, als Kristallisationsphänomene
dessen, was einmal »militärisch-industrieller Komplex« genannt wurde.
Das Spiel mit der doppelten Wortbedeutung von »Tank« liegt nicht fern,
entspringt die Bezeichnung doch dem Kontext der »War Rooms« des
britischen Militärs während des Zweiten Weltkriegs. Ab 1946 dann
firmiert Project RAND, die spätere RAND Corporation, in den USA als
erste Organisation offiziell unter dem Label »Think Tank«. Diese
Institution wird zunächst als Sektion der US Air Force gegründet, um
auch in der Nachkriegszeit interdisziplinär arbeiten und erfahrene
Wissenschaftler in Diensten des Militärs halten zu können. Ganz im Sinne
des im Krieg von Vannevar Bush geleiteten Office of Scientific Research
and Development zur Koordination militärischer Großprojekte wurde damit
die wachsende Bedeutung von »Research and Development«, so die Bedeutung
auch hinter dem Akronym RAND, für die Konflikte der Zukunft antizipiert.
Ausgehend von der historischen Szene, in der eine Institution wie RAND
entsteht, deuten sich epistemologische und mediengeschichtliche Aspekte
an, die Think Tanks als spezifische Verschaltungen von Wissen und Räumen
zu denken geben, die ihren Imaginationswert im Rahmen eines politisch
Unheimlichen steigerten, aber auch die Ausweitung des Think
Tank-Konzepts als Instrumente der Politikberatung oder des
betriebswirtschaftlichen Managements nachvollziehbar machen. Diese
Aspekte lassen sich in vier Themenbereiche fassen:
Erstens: Think Tanks oszillieren zwischen räumlicher Öffnung und
Schließung. Sie implizieren eine örtliche Akkumulation von »Experten«
und »Informationen«, durch die entscheidungsrelevantes »Wissen«
generiert werden soll. Die Beschaffung und Distribution der
zugrundeliegenden Informationen und Daten funktioniert jedoch nur über
qualifizierte, weitgespannte personale und technische Netzwerke.
Zweitens: Think Tanks arbeiten in einer Zeit der Dauer (Henri Bergson).
Im Unterschied zu War Rooms wird in Think Tanks nicht entschieden,
sondern werden Entscheidungen vorbereitet oder die Folgen denkbarer
Entscheidungen abgeschätzt. Think Tanks können daher als eine Art
intellektuelle Spielwiese, als ein Möglichkeitsraum für die Bildung
alternativer Szenarien angesehen werden. In dieser Zeit-als-Aufschub ist
das »thinking about the unthinkable« (Herman Kahn) nicht nur
realisierbar, sondern vielmehr gefordert. Zum paradigmatischen Tool
entwickeln sich vor diesem Hintergrund Verfahren der
(Computer-)Simulation und des Szenario-Building.
Drittens: Think Tanks stehen in einem Spannungsfeld von Freiheiten und
Zwängen. In den Spielstätten von Think Tanks verwirklicht sich nicht nur
eine unmilitärische, ent-hierarchisierte Sozialform, ein »mix of
seriousness and informality«, sondern sie können auch als
Entwicklungsorte wissenschaftlicher Interdisziplinarität angesehen
werden. Dem entgegen sind sie oftmals Auftraggebern oder gewissen
ideologischen Rahmungen verpflichtet.
Viertens: Think Tanks verbreiten sich als Agenten einer zunehmenden
»Elitisierung«. Nicht nur im verwandten Modell allgegenwärtiger »Task
forces« zur Entscheidungsfindung in Politik und Wirtschaft, sondern auch
im Wettstreit um »Leuchtturmprojekte« und »Exzellenzcluster« spiegelt
sich eine Entwicklung, in der sich gemäß dem Konzept von Think Tanks
Gedanken der Abgrenzung und Bindung von (intellektuellen, finanziellen,
technischen) Mitteln an einem bestimmten Ort und Gedanken einer
Förderung von Vernetzung in Forschergruppen überschneiden. In diesem
Zusammenhang wäre zu fragen, inwiefern sich Think Tanks in
unterschiedlichen Gegenstandsbereichen in Aufbau, Arbeitsweise und
Zielsetzung voneinander unterscheiden.
Die Tagung Think Tanks bringt Experten aus Politikberatung,
Management/Consulting, Bildung und Militär mit kultur- und
medienwissenschaftlichen Positionen zusammen, um die medien- und
wissenschaftsgeschichtliche Spezifität dieser Orte des Denkens und des
Wissens der Berater herauszuarbeiten, den aktuellen Status der in ihnen
versammelten Denkweisen zu untersuchen, und zu fragen, inwieweit die
Idee des Think Tanks selbst historischen Transformationen unterworfen
war und ist.//
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Kontakt
Sebastian Vehlken, M.A.
Institut für Philosophie
Epistemologie und Philosophie der Digitalen Medien
Universitätsstraße 7
1010 Wien
AUSTRIA
tel: 0043-1-4277-46496
e-mail: [EMAIL PROTECTED]