Die EVN präsentierte eben den EVN-Spannungswächter. Er soll einen schwelenden Konflikt zwischen EVN und Grünen beheben. Die hatten der EVN nämlich vorgeworfen, private Solaranlagen nicht ans öffentliche Stromnetz anschließen zu wollen. Aber dahinter steht ein technisches Problem.
Beide haben recht: Die einen fordern zu Recht die Einspeisung erneuerbarer Energie, die anderen fürchten zu Recht um ihr Netz. Eines ist klar: Es muss immer genau so viel Energie erzeugt werden, wie verbraucht wird. So lange die Energie nur in eine Richtung fließt, lässt sich das recht fein regeln, aber wenn zu viel Energie dezentral eingespeist aber nicht verbraucht wird gibt es Probleme, die Spannung im Netz konstant zu halten. Im Prinzip bräuchte man ein "Smart Network", mit dem die Einspeisung privater Produzenten zentral gesteuert werden kann, so wie es bei Großkraftwerken der Fall ist. Der Spannungswächter ist also ein Gerät, das zwischen Solaranlage und Stromnetz geschaltet wird. Und in der Praxis heisst das: Wenn die Sonne scheint, zu viele Anlagen gleichzeitig rückspeisen und die Spannung im Netz steigt, wird die Rückspeisung unterbrochen. Während man also früher einfach ohne Rücksicht auf irgendwas Solarstrom einspeisen konnte geht das mit einem Spannungswächter nur mehr, wenn jemand den Strom auch wirklich braucht. Als Netzkunde merkt man es, wenn sich nicht mehr jede Sonnenstunde als Abzug auf der Stromrechnung niederschlägt. Künftig hat man also die Wahl: entweder man unterwirft sich dem im jeweiligen Stromnetz gültigen Markt - oder man lagert die Energie zu Hause ein, um sie erst bei hohem Energiebedarf im Netz anzubieten. Große Solaranlagen auf die grüne Wiese zu stellen, um damit die Sonne zu "ernten", wird damit vorbei sein. Die Anlagen amortisieren sich nämlich mit Spannungswächtern nur mehr dann, wenn es auch Abnehmer für den Strom gibt. Bei Überschuß wird der Strom nicht ins Netz gespeist. Das System könnte sich mittelfristig zu einem echten Markt entwickeln: Das Stromnetz nicht als Versorgungs-, sondern als Handelsplattform über die die Marktteilnehmer ihren Strom austauschen. Im Idealfall erzeugt jedes Gebäude seine Energie selbst und über das Netz werden Differenzen ausgeglichen. Das inkludiert natürlich große und kleine Stromspeicher, etwa die Pumpspeicherkraftwerke in den Alpen oder Brennstoffzellen- und Druckluft-Speicher. Oder man ist reiner Verbraucher, weil in einer Stadt kein Platz für eigene Energiegewinnung ist und kauft die Energie nur zu. Der Handels-Strompreis wird in so einem System auch für private Einspeiser in Echtzeit ermittelt; die wiederum können in eine Speichertechnologie investieren, um dezentral Strom einzulagern und bei Bedarf wieder zu verkaufen. Interessant und spannend, die Entwicklung - speziell weil man Methoden und Systeme finden muss, um den Markt zu stabilisieren, damit er nicht bei kleinen Störungen über- oder untersteuert. Und noch spannender wird, in wie weit sich die Netzbetreiber dazu treten lassen, diesen Markt für Endkunden zu öffnen. In Deutschland forschen Sie jedenfalls schon eifrig an so einem Markt: Der deutsche Solarstrom muss teilweise zu negativem Preis nach Österreich verkauft werden, weil die Möglichkeiten Strom in großem Maßstab einzulagern in den Alpen eher gegeben sind. In Köstendorf / Salzburg gibt es bereits interessante Systeme: Überschüssiger Solarstrom wird dort in 30 Elektroautos gespeichert. Die sind somit nahezu zum Nulltarif unterwegs. fra P.S.: Wie der EVN-Spannungswächter aussieht und was er genau kann, weiß ich leider noch nicht. Aber prinzipiell sieht ein Spannungswächter so aus: http://tinyurl.com/klbstet Oder er ist ein wenig intelligenter, dann sieht er so aus, wie in diesem quer-Beitrag des BR zu sehen: http://tinyurl.com/lexe8dz _______________________________________________ bagasch mailing list bagasch@lists.monochrom.at http://monochrom.at/mailman/listinfo/bagasch