Am 18.01.2014 17:17, schrieb Paul Hänsch:
Matthias Kirschner <m...@fsfe.org>, Sat, 18 Jan 2014 14:56:50 +0100:
Die Schweizerische Fachstelle für Informationstechnologien im
Bildungswesen Educa will Freie Software an den Schulen fördern:
http://www.inside-it.ch/articles/35058

Kann jemand mehr dazu sagen, was das heißt? Was hat eine "Schweizerische
Fachstelle" zu sagen? Hat das schwerwiegendere Auswirkungen auf den
Schulalltag als der Lobbyismus irgendwelcher SW-Firmen die gerade hip
sind? Mit anderen Worten, kann sich daraus eine direkte Veränderung für
den Schulalltag ergeben, oder ist das nur ein weiterer steter Tropfen?

Ich denke es ist nur ein weiterer Tropfen, wie auch konkrete Projekte, z.B. der auf Debian Live aufbauende Lernstick: http://lernstick.educa.ch/de

Das Problem ist, dass praktisch sämtliche Verwaltungen in der Schweiz von der Bundesverwaltung bis zur kleinsten Gemeinde ganz stark von Firmen wie Microsoft und Apple abhängig sind - und es sein wollen. Ich habe in meiner Gemeinde Steffisburg versucht, bei der Aufgleisung eines neuen Schulinformatikprojekts Gegensteuer zu geben und wurde abgeblockt wo nur möglich, in der Nachbargemeinde Thun war es nicht besser. Beim Kanton Bern habe ich es auch versucht, aber das Verständnis für freie SW ist dort ebenfalls sehr klein, selbst bei einem grünen Bildungsdirektor. In der Stadt Bern kommt das Thema wenigstens ab und zu ins Parlament, aber da die Sozialdemokraten dort die meisten Regierungsmitglieder stellen, unterstützen sie deren Microsoft-lastige Politik. Die Politik hilft auch sonst nicht: die Parlamentsmitglieder sind praktisch zu 100% Windows- und Apple-User, selbst diejenigen, die sich für "Open Source" einsetzen.

Es gibt einzelne Ausnahmen, Inseln, wo freie Software eingesetzt und gefördert wird. Praktisch immer sind da einzelne starke Persönlichkeiten oder unermüdliche Schaffer am Werk, in der Educa übrigens auch. Wenn die mal weg sind, ist es meistens vorbei.

Die Schweiz ist nicht sehr korrupt im üblichen Sinn. Gerade deshalb bewirken kleine Gefälligkeiten, z.B. eine Einladung zum Mittagsessen von einem Microsoft-Manager, sehr viel. Umgekehrt hat unsere Seite zwar viele Entwickler und technisch versierte Leute, aber extrem wenig politische Mitstreiter und nur einzelne davon haben Lust und die Fähigkeiten, sich auf der menschlichen Ebene einzusetzen. Ich auch nicht, deshalb habe ich wenig bewirken können.

Auf dem Gebiet der Inhalte sieht es viel besser aus: da hat es viele Leute, die sich engagiert und kompetent bei Internet- und Urheberrechtsbelangen einsetzen. Auch die erwähnte Parldigi, eine nationale parlamentarische Arbeitsgruppe, ist verhältnismässig aktiv. Ich vermisse jedoch bei praktisch allen eine "konsequente" Haltung: gerade wurde z.B. bekannt, dass die Eidgenossenschaft Millionen für Überwachungssoftware ausgeben will, von einer amerikanisch-israelischen, der NSA nahestehenden Firma. Da will man nur noch heulen!

Viele Grüsse, Theo
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