Hallo, ich studiere Informatik an der TU Chemnitz und möchte, da ich das Thema interessant finde, mal ein wenig über die Situation freier Software an der Uni berichten.
Zunächst einmal wird freie Software eingesetzt (aber nicht ausschließlich). So ist in den Universitätsrechenzentrums-PC-Pools (URZ) i. d. R. Scientific Linux echt installiert sowie oft noch ein virtuelles Windows 7. Im Fakultätsrechenzentrum (FRIZ) ist Opensuse und oft noch Windows 7 auf den PCs installiert – wenn ich bemerke, dass da gerade W7 läuft, dann starte ich natürlich den Rechner neu und wähle Opensuse aus, was im GRUB-Menü immerhin auch die Standardauswahl ist ;-). Auf den Webseiten vom URZ und FRIZ kann man sich das noch ein bisschen genauer ansehen, was da so alles läuft und installiert ist [1], [2], [3]. Für jeden Studenten verfügbar ist Zugang zu einem SSH-Loginserver. Im Modul „Algorithmen und Datenstrukturen“ war es sogar erfordert, dass die für die Prüfungsvorleistungen (Hausaufgaben) in C/C++ geschriebenen Programme auf dem Loginserver mit gcc/g++ kompiliert und ausgeführt werden können, anderenfalls bekam man 0 Punkte. [4] Interessanterweise sollen Bachelorarbeiten etc. an der Professur Rechnernetze unter BSD-Lizenz gestellt werden (zumindest die Programme), „um sowohl die wissenschaftliche Nutzung durch die Gruppe als auch eine Weiternutzung des Codes durch Sie selbst nach Ablauf der Arbeit zu gewährleisten“ [5]. (Um das wirklich zu gewährleisten, wäre doch eine Copyleftlizenz wesentlich besser geeignet, aber immerhin eine freie Lizenz). Professoren oder Dozenten, die bewusst freie Software einsetzen, sind mir zur Zeit nicht bekannt, dafür aber einige wissenschaftliche Mitarbeiter, die sogar auf den Chemnitzer Linuxtagen mal Vorträge gehalten haben und/oder sich an der Organisation derer beteiligen. In einem Labor der technischen Informatik ist auschließlich Windows 7 installiert und man muss da ggf. auch proprietäre Software benutzen. Für das Hardwarepraktikum im vergangenen Sommersemester wurde aber als Neuerung das freie GHDL anstatt einer unfreien VHDL-Simulationssoftware verwendet – man musste sich also keine unfreie Software auf seinem eigenen Rechner installieren. Allerdings wird für das Modul Rechnerorganisation wahrscheinlich eine etliche Gigabyte große proprietäre VHDL-Synthesesoftware eingesetzt, die man sich hoffentlich nicht installieren muss (es könnte aber sein…). Bei der Vorlesung Physik, die ich als Nebenfach besucht habe, wurde eigentlich nur Windows mit einem wohl proprietären Programm zur Auswertung und Durchführung von Messungen sowie noch ein alter PC mit DOS (jedenfalls war es ein altes rein tastatur- und „textgesteuertes“ Betriebssystem) ebenfalls für Messungen benutzt und vorgeführt. Dies geschah aber nicht in jeder Lehrveranstaltungsstunde, nur ab und zu – meistens war es nur mit Tafel und Experimenten „von Hand“. Ein grundsätzliches Problem stellen auch noch diese Rahmenverträge dar, bei denen u. a. das Land Sachsen Geld an Microsoft bezahlt, damit die Studenten „kostenlos“ diverse Microsoftprogramme bei Dreamspark herunterladen können – ich persönlich boykottiere das und habe dort noch nichts heruntergeladen. Hat da eigentlich schon mal jemand versucht, etwas dagegen zu unternehmen? Ich hoffe, damit ein paar nützliche Informationen beigetragen zu haben. Vielleicht könnte man ja so eine Wiki-Übersichtsseite mit solchen Stichpunkten anlegen und ein Fragebogen mit konkreten Fragen wäre gewiss auch nicht schlecht. Mit freundlichen Grüßen, Benedikt Geißler [1] https://www.tu-chemnitz.de/urz/ [2] https://www.tu-chemnitz.de/urz/software/poolsoftware.php [3] https://www.tu-chemnitz.de/informatik/friz/ [4] https://www.tu-chemnitz.de/informatik/DVS/lehre/Datenstrukturen/Hausaufgaben/Hausaufgaben2013/PVL%20-%20Allgemeine%20Hinweise.pdf [5] https://vsr.informatik.tu-chemnitz.de/edu/studentprojects/guidelines#Rechte_an_entwickelten_Code PS: In der Mensa ist übrigens an solchen „Geldautomaten“ offenbar ein Linuxkern am werkeln: https://gnusocial.de/attachments/8d780acf1480389a7f69e3e36ed9b2e1110e9a8108ac27897c556043ead19854.jpg _______________________________________________ fsfe-de mailing list fsfe-de@fsfeurope.org https://mail.fsfeurope.org/mailman/listinfo/fsfe-de