Hallo,

On 10.03.2016 12:49, Thomas Schmidt wrote:
> Hallo Tobias!
>
>> Wenn Dir DTP-Software wie Scribus oder Adobe Indesign nicht
>> zusagen, dann kenne ich keine WYSIWYNG-Software in dieser Richtung.
Wenn diese Systeme eine vernünftige Vorlagenverwaltung haben, bieten sie
Dir so etwas ähnliches wie einen Pagebuilder, ähnlich wie es
Präsentationsprogramme á la LibreOffice Presenter oder MS PowerPoint.

Das ist das, was die Leute kennen. Wenn Du es restriktiver haben willst,
dann vermute ich, dass es einfach schwer wird, sowas gegen die
Word+Excel-Experten durchzusetzen. Mit den Office-Programmen wird
heutzutage wirklich *alles* gemacht, egal, ob es sinnvoll ist oder nicht.

Im Webbereich hat sich das nicht durchgesetzt, weil es zu kompliziert
ist, mit Word direkt auf dem Server zu arbeiten, insbesondere wenn
dynamische Inhalte eingebunden werden sollen, und weil die Leute Angst
davor haben, kryptische Sprachen wie HTML zu lernen.

Außerdem möchten sich die Programmierer ihr HTML/CSS nicht von DUs
zerschießen lassen. Das kann man auf zweierlei Art erreichen: Einerseits
kann man versuchen kaputte Eingaben zu reparieren und andererseits kann
man sie gar nicht erst zulassen. Letzteres ist der Punkt, der zur
Entwicklung von Pagebuildern geführt hat. Mit dynamischen Inhalten muss
man u.U. HTML durch Platzhalter oder ähnliche Konstruktionen ergänzen,
das spart man sich mit einem Pagebuilder.
>> LaTeX
>> HTML ist nicht auf Webseiten beschränkt.
> Ich habe mich wohl sehr unklar ausgedrückt. HTML, TeX und DTP sind
> genau das, was ich nicht meine. :-)
Das glaubst Du.

Wenn Du von einem Webseiten-Pagebuilder sprichst, redest Du automatisch
von HTML. Alternativen wären Java und Flash und das will heutzutage
niemand vernünftiges.

Mal sachlich: Dein Page-Builder setzt auf einer der bekannten
Text-Markup-Sprachen auf. Egal mit welcher Programmiersprache und
(virtuellen) Maschine er geschrieben wurde, macht er auch nichts weiter,
als irgendwo im Hintergrund eine HTML-Datei zu generieren, die im
Browser angezeigt wird. Je nach System geschieht das beim Ersteller, auf
dem Server, beim Leser auf im Browser oder überall ein wenig.

Meine Aussage ist: Nimm einen Webseiten-Pagebuilder, lass Dir HTML+CSS
produzieren und verfüttere das an ein Textsatzsystem, das mit HTML
umgehen kann.

Das kann man alles auf einem Intranet-Server verstecken. Oder was
glaubst Du, wie Vistaprint & Co. funktionieren?
> Bei einem Page Builder beginnt man nicht mit einer leeren Seite wie
> bei vi oder Libreoffice. Viel mehr sieht man nur eine Liste der
> möglichen Layouts. Fließtext, Überschrift, Galerie, Tabelle, Infobox,
> Zeug. Davon wählt man eines aus und gibt die nötigen Daten ein.
> Darunter klickt man das nächste Layout und so weiter, bis das Dokument
> fertig ist. Es ergibt sich eine lange Liste Layouts. Kein weißes
> Blatt, keine Auszeichnungssprache.
Die Oberfläche ist orthogonal zur Datenhaltung. Ich wage zu behaupten
auch ein Pagebuilder kommt nicht ohne Auszeichnungssprache aus. Allein
für Links und Hervorhebungen braucht man sowas.
> So sieht ein schöner Page Builder im Web-Bereich aus:
> https://wagtail.io/features/streamfield/
Das ist mir schon klar.
> Meine Überlegung war jetzt: Warum gibt es so etwas nicht zum
> Bücher-Schreiben mit einer schönen Oberfläche und Docbook-Export?
Von welchen Büchern redest Du? Ein Roman besteht meist aus reinem Text.
Den bekommt man gut lesbar in einer Textdatei unter. Bilder kommen meist
von ganz woanders her. Bei Kinderbüchern und Anatomieatlanten sieht das
schon anders aus.
> Oder anders: Warum tun sich LaTeX-Autoren eine Sammlung Textdateien
> an, wenn sie eigentlich Texte, Tabellen, Diagramme und so weiter
> bearbeiten wollen?
Es gibt viele Gründe, warum man ein Textformat bevorzugt. Meinereiner,
weil der Overhead für Fließtext relativ gering ist. Dazu gibt es den
Vorteil, dass ich quer durch die Datei editieren kann. Ich kann Teile
einer Formel, einer Aufzählung und eines Bildes kopieren und einfügen.
Damit kann ich mir relativ schnell aus verschiedenen Ecken meines Textes
Daten zusammensuchen.

Mein Texteditor besitzt eine Schrift mit fester Breite. Das ist sehr
entsprannend beim Editieren. Ich kann einfach abschätzen, wie lange der
Cursor braucht, um eine bestimmte Stelle zu erreichen. Das geht so
einfach, dass es unterbewusst passieren kann.

Ich werde beim Arbeiten nicht dadurch gestört, dass ich mich ums Layout
kümmern muss. Dafür kann ich mich darum kümmern, wenn ich mal keinen
Bock auf Arbeit habe und trotzdem vorwärts kommen möchte.

Es ist eindeutig definiert, in welchem Formatbereich ich mich befinde,
also ob ich vor oder hinter der schließenden Klammer bin.

Ich werde nicht gezwungen, die Maus anzufassen, um ein Bild einzufügen.

Langer Rede, kurzer Sinn: Textdateien sind eine gute Darstellung von
Text. Grafikdateien sind eine gute Darstellung von Grafik.
Tabellenformate sind kompliziert, egal, wie man es dreht und wendet.

Zu letzterem: Ich habe mal eine Zeitlang Termintabellen für eine
Homepage aufgearbeitet. Am Anfang stand Lotus Wordpro mit HTML und
Tabellen. Es dauerte nicht lange und ich entdeckte, dass ich mit LaTeX
genauso schnell bei der Eingabe bin, wenn nicht sogar schneller. Deshalb
habe ich sie dann aus der HTML-Datei herausgenommen und aus einem
Dateiformat generiert. Das Problem bei Tabellen ist: Du hast eine
Zweidimensionale Struktur mit vielen kleinen Textschnipseln. Weil jeder
Textschnipsel an sich linear ist, bekommst Du insgesamt eine Struktur,
die Du weder mit der Maus noch mit der Tastatur wirklich komfortabel
bedienen kannst.

VG

Tobias


_______________________________________________
Lug-dd maillist  -  Lug-dd@mailman.schlittermann.de
https://ssl.schlittermann.de/mailman/listinfo/lug-dd

Antwort per Email an