Schattenblick 
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11. Dezember 2011

Klimakonferenz von Durban 

Alle wichtigen Fragen ausgeklammert 

Die UN-Klimaschutzkonferenz von Durban endete mit einer Botschaft, die
niemand ausspricht und hinter einem Paket an sogenannten
Verhandlungserfolgen verborgen wird. Sie richtet sich an die in Existenznot
geratenen Bewohner der klimatisch benachteiligten Regionen und lautet: Sauft
ab, verdurstet, verhungert, egal was, Hauptsache, ihr belästigt uns nicht,
indem ihr zu uns kommen wollt oder andere ernsthafte Ansprüche stellt.

Im Vorfeld der Konferenz hatten Wissenschaftler gewarnt, dass die globale
Durchschnittstemperatur um fünf bis sechs Grad Celsius gegenüber der
vorindustriellen Zeit ansteigen wird; für einen beträchtlichen Teil der
Menschheit wären die Konsequenzen verheerend. Der größte Erfolg der
Durban-Konferenz lautet nun: Wir setzen noch bis 2017, vielleicht aber auch
2020 fort, was im Sinne seines Anspruchs nahezu unwirksam war - das
Kyoto-Protokoll -, nur dass davon auch noch einige Länder (Kanada, Japan,
Russland und Neuseeland) abspringen. Anschließend sehen wir weiter, wenn
Länder wie die USA, China und Indien, die sich bereits heute nicht einig
sind und dies in neun Jahren noch viel weniger sein werden, in die
Klimaschutzverhandlungen einsteigen. Deren Ergebnisse sollen dann rechtlich
verbindlich sein oder vielleicht auch nicht, das wird man sehen, wenn es
soweit ist ...

Man muss sich einmal vergegenwärtigen, wo wir schon angekommen sind. Noch
vor wenigen Jahren erklärten die flachen Inselstaaten und ärmeren Länder,
das 2-Grad-Ziel genüge nicht, die internationale Staatengemeinschaft müsse
sich auf das 1,5-Grad-Ziel festlegen und dementsprechend größere
Anstrengungen unternehmen, damit ihre Treibhausgasemissionen reduziert
werden. Inzwischen wird das 2-Grad-Ziel als nicht mehr erreichbar
beschrieben, die globale Durchschnittstemperatur stiege mindestens um drei,
wahrscheinlich sogar vier, fünf oder noch mehr Grad.

Mit der Vereinbarung, eine frühere Vereinbarung einhalten zu wollen - die
Rede ist von einem Klimafonds mit einem Finanztransfer von den reichen zu
den armen Ländern von jährlich 100 Mrd. Dollar ab dem Jahr 2020 -, soll der
Umstand verschleiert werden, dass auch heute schon die Menschen, die am
schwersten von der Erderwärmung betroffen sind, von den anderen im Stich
gelassen werden. Mehr noch, sie werden sogar mit technischen und
militärischen Mitteln davon abgehalten, klimatisch weniger benachteiligte
Regionen aufzusuchen. So errichten die USA einen Hightech-Zaun an der Grenze
zu Mexiko, die EU hat ebenfalls gut bewachte Grenzbefestigungen aufgezogen
und sichert die Seewege durch die Grenzschutzagentur Frontex. China, Indien,
Saudi-Arabien, Botswana ... in der ganzen Welt entstehen Befestigungsanlagen
zwischen reich und arm, wobei die wirtschaftliche Besserstellung auf der
einen Seite des Zauns häufig mit einer klimatischen Vorteilslage, mindestens
aber mit mehr Möglichkeiten, die Folgen des Klimawandels abzudämpfen,
einhergeht. Selbst innerhalb der Staaten siedeln sich die Reichen, geschützt
in "gated communities", nicht in den Abluftzonen urbaner oder gar
industrieller Zentren an, sondern stets in Vorteilslagen.

Das eigentliche Fazit der Durban-Konferenz: Kernfragen des menschlichen
Zusammenlebens werden gar nicht erst gestellt. beispielsweise die Frage, wie
mit den Flüchtlingen umgegangen wird, die ja heute schon versuchen, sich aus
den Mangelzonen zu retten. Den Prognosen der Wissenschaftler zufolge werden
in Zukunft Dutzende bis Hunderte Millionen Menschen ihre Heimat verlassen,
wenn Inseln und niedrige Küstengebiete überschwemmt werden, Schmelzwässer
der Gletscher ausbleiben und daraufhin ganze Landstriche trockenfallen,
Grundwasser in unerreichbare Tiefen sinkt, lebensfeindliche Hitzezonen
entstehen.

Mit Blick auf den Klimafonds sagte der Sprecher der Afrika-Gruppe auf der
UN-Konferenz, Seyni Nafo, dass die armen Länder nicht 100 Milliarden,
sondern 500 bis 600 Milliarden Dollar jährlich benötigten. Das war keine
taktische Zahl, damit sich die reichen Länder wenigstens an die niedrigere
Verpflichtung halten, sondern der Versuch, in Geldwert auszudrücken, was an
Nöten auf die ärmeren Länder zukommt.

Die internationale Staatengemeinschaft erlebt derzeit tiefgreifende
Umbrüche. Nicht wenige politische Analysten sagen für dieses Jahrhundert den
Niedergang Europas und des US-Imperiums sowie auf der anderen Seite ein
globalpolitisches Erstarken bestimmter Schwellenländer voraus. In dieser
Umbruchphase wird nicht ernsthaft um Klimaschutz, sondern um Vorherrschaft
gerungen. Was in Durban und den früheren UN-Konferenzen zum Klimaschutz
verhandelt wurde, zielte nicht primär darauf ab, wirksam Einfluss auf das
Klima zu nehmen, sondern darauf, sich im Rahmen der Staatenkonkurrenz
wirtschaftliche, technologische und politische Vorteile zu verschaffen bzw.
diese zu bewahren. Die Opfer dieses Strebens werden namen- und gesichtslos
bleiben und später nur als Zahl in irgendwelchen Statistiken auftauchen,
über die allenfalls Krokodilstränen vergossen werden. [HEGE/1734]




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