http://www.vzbv.de/8657.htm

Verbraucherzentrale Bundesverband - 24.01.2012

Kleinkinder brauchen keine Diät

Lebensmittelindustrie soll Ködertaktik beenden

Die Lebensmittelindustrie verunsichert Eltern und Kinder und leistet falschen 
Ernährungsgewohnheiten Vorschub. So lautet der Vorwurf des Verbraucherzentrale 
Bundesverbandes (vzbv) im Zusammenhang mit sogenannten Kleinkinder- und 
Kinderlebensmitteln. Bedenklich sei vor allem die Zunahme von diätischen 
Lebensmitteln für Kleinkinder. "Eltern und Kinder werden von Anfang an 
entmündigt und auf Fertigprodukte geeicht", kritisiert vzbv-Vorstand Gerd 
Billen. Ältere Kinder würden mit schriller Aufmachung und Geschenken geködert. 
"Kinderlebensmittel sind eine Konsumfalle", meint Billen. Selbstverpflichtungen 
für ein verantwortungsvolles Marketing laufen bislang weitgehend ins Leere. 
Kinderlebensmittel stehen am 26. Januar 2012 im Fokus des 
verbraucherpolitischen Forums des vzbv zur Internationalen Grünen Woche.

Im Kampf gegen Übergewicht und Fehlernährung fordert der vzbv eine Herausnahme 
von Kleinkinderlebensmitteln aus der Verordnung für diätische Lebensmittel. 
"Kleinkinder brauchen keine Extrawurst. Alle Lebensmittel müssen auch für 
Kleinkinder unschädlich sein", sagt Billen. Zudem fordert der vzbv einen Stopp 
von verkaufsfördernden Maßnahmen, die die geschäftliche Unerfahrenheit von 
Kindern ausnutzen. Billen: "Spielzeug ist Spielzeug. Lebensmittel ist 
Lebensmittel."

Kleinkinder gehören mit an den Familientisch

Ernährungswissenschaftler, etwa vom Forschungsinstitut für Kinderernährung, 
empfehlen, dass gesunde Kinder ab einem Jahr in die normale Familienkost 
eingebunden werden. Eine besondere Kost sei nicht erforderlich. "Allen 
Marketingaussagen zum Trotz sind spezielle Lebensmittel für Kleinkinder 
überflüssig und teuer", sagt Billen. Dies gelte für "Kindermilch" ebenso wie 
für Pudding oder besondere Frühstücksflakes. "Kinder sollen Obstgeschmack nicht 
durch Aromen, sondern durch echtes Obst kennenlernen", meint Billen. Als 
Konsequenz sei die EU-Kommission am Zuge, Kleinkinderlebensmittel aus dem 
Geltungsbereich des Diätrechts herauszunehmen.

Das Lebensmittel selbst wird zur Nebensache

Auch Riegel, Cornflakes oder Getränke, die nicht direkt mit einer Altersangabe 
beworben werden, aber in ihrer Aufmachung besonders Kinder ansprechen, sind 
vielfach nicht empfehlenswert. "Mit der extra Portion Zucker und Fett", wäre 
oftmals die treffliche Werbeaussage. Stattdessen werben Hersteller mit Aussagen 
wie "mit vielen Vitaminen" oder "mit dem Besten aus der Milch". Das Marketing 
scheint zu fruchten: Laut einer vom vzbv in Auftrag gegebenen, repräsentativen 
Umfrage gehen 40 Prozent der Verbraucher irrtümlich davon aus, dass 
Kinderprodukte im Zucker-, Fett- und Salzgehalt an die Bedürfnisse von Kindern 
angepasst sind. Eine Nährwertampel hätte auf einen Blick Gegenteiliges 
verdeutlicht. Da die Politik jedoch auf Druck der Lebensmittelwirtschaft auf 
deren Einführung verzichtet hat, müssen sich die Verbraucher mit den 
vorhandenen Angaben behelfen. Wer genau hinschaut bemerkt: Bei der üblichen 
GDA-Kennzeichnung wird auch bei Kinderlebensmitteln der tägliche Kalorienbedarf 
einer erwachsenden Frau zugrunde gelegt. Was dies für Kinder bedeutet, kann nur 
geschätzt werden.

Selbstverpflichtung der Lebensmittelwirtschaft greift nicht

Wer also die Ampel nicht will, sollte an anderer Stelle mit gutem Beispiel 
vorangehen - sollte man meinen. Seit 2009 gilt die freiwillige 
Selbstverpflichtung der Wirtschaft, wonach Kinder durch Werbeaktivitäten nicht 
in unangemessener Weise angelockt werden sollen. Doch der tägliche Blick in die 
Supermarktregale zeigt, dass die Selbstverpflichtungserklärung ins Leere läuft: 
Comic-Helden auf der Packung, Sammelaufkleber, Spielzeugzugaben, Gutscheine und 
spezielle Internetseiten für Kinder - die Lebensmittelindustrie spielt mit den 
Wünschen und Träumen der Kinder. Billen fordert die Wirtschaft auf, auf Zugaben 
wie Aufkleber und Figuren zu verzichten: "Die Branche muss sich von der 
Ködertaktik verabschieden und ihren Versprechungen nachkommen." Statt ständig 
auf die Verantwortung der Eltern und Lehrer zu verweisen, müsse die Industrie 
ihre Marketingstrategien anpassen.

Wenn die Wirtschaft es nicht schafft, muss die Politik dran

"Wenn die Wirtschaft es nicht schafft, muss die Bundesregierung für einen 
Verzicht der Werbung an Kinder sorgen. Wir brauchen einen klaren Rahmen, ein 
anständiges Monitoring und wirkungsvolle Sanktionen bei Fehlverhalten", sagt 
Billen. Neue Ansätze im Umgang mit Kinderlebensmitteln verspricht auch die am 
19.01.2012 vom Bundesverbraucherministerium vorgelegte Charta für 
Landwirtschaft und Verbraucher. Sie sieht unter anderem ein Forschungsvorhaben 
und eine Strategie im Kampf gegen Übergewicht und Fehlernährung vor. "Darauf 
aufbauend benötigen wir jetzt einen strategischen Kompass, bis wann welche 
Maßnahmen mit welcher Priorität verbindlich umgesetzt werden", meint Billen.

Jeder fünfte Euro fließt in die Werbung für Süßigkeiten

Im Jahr 2010 wurden laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Nielsen 
insgesamt 3,24 Milliarden Euro für Lebensmittelwerbung ausgegeben. Jeder fünfte 
Euro davon geht in die Werbung für Süßigkeiten. Auch gemessen am Umsatz sind 
die Werbeausgaben für Süßwaren wesentlich höher als für andere Lebensmittel. 
Interessant ist auch die steigende Tendenz der letzten Jahre. Verschiedene 
Studien belegen einen Zusammenhang zwischen Werbung und Ernährungspräferenzen.

Verbraucherpolitisches Forum live im Internet

Die vzbv-Veranstaltung "Konsumfalle Kinderlebensmittel" auf der Internationalen 
Grünen Woche in Berlin am 26. Januar 2012 wird ab 14 Uhr per Livestream im 
Internet übertragen.
http://www.vzbv.de/8413.htm 

Downloads

vzbv-Dossier "Kinderlebensmittel - bunt, bunter, zu bunt?" (PDF, 308,01 KB)
http://www.vzbv.de/cps/rde/xbcr/vzbv/Kinderlebensmittel-Dossier-vzbv-Januar-2012.pdf

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