Gemeinsame Pressemeldung von IFAW und NABU
 
Umweltverbände fordern in einem offenen Schreiben von den Bundesländern
ein klares Bekenntnis zum einheitlichen Umgang mit auffälligen Wölfen -

Ein Jahr nach Abschuss des Wolfsrüden „MT6“  ist die Ursache für dessen
Verhalten weiterhin nicht aufgeklärt 
 
Berlin, 20.04.2017. Ein Jahr nach der Tötung des Wolfes „MT6“ ziehen
die Umweltverbände International Fund for Animal Welfare (IFAW) und der
Naturschutzbund (NABU) eine kritische Bilanz des Wolfsmanagements in den
Bundesländern, insbesondere im Umgang mit auffälligen Wölfen: Bis heute
wurde nicht ausreichend untersucht, wodurch das auffällige Verhalten von
„MT6“ ausgelöst wurde.
IFAW und NABUfordern mehr Qualität, Transparenz und eine bessere
Vernetzung im Wolfs-Monitoring von Bund und Ländern. Vor einem Jahr
wurde der erste freilebende Wolf in Niedersachsen zum Abschuss frei
gegeben. Der Wolfsrüde, der einen Peilsender trug und unter dem Namen
„MT6“ bekannt war, stammte aus dem Rudel, das auf dem
niedersächsischen Truppenübungsplatzes Munster lebt. Er hatte sich
wiederholt Menschen mit Hunden genähert und ein nach Einschätzung von
Experten zuletzt unberechenbares Verhalten gezeigt. Daraufhin wurde der
Wolf auf Anordnung des zuständigen niedersächsischen Umweltministeriums
am 27. April 2016 erschossen. Die Naturschutzverbände IFAW und NABU
hatten ihr Bedauern über den Tod des Tieres und zugleich Verständnis für
die Entscheidung geäußert. MT6 habe durch sein auffälliges Verhalten am
Ende ein nicht mehr zu kalkulierendes Risiko für Menschen dargestellt.
Durch das Bundesumweltministerium ist in einem ersten wichtigen Schritt
zur Koordinierung des Wolfsmanagements die Dokumentations- und
Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (DBBW) eingerichtet worden. Ein
zentraler Baustein des DBBW ist ein Expertengremium, das die
Bundesländer im Umgang mit auffälligen Wölfen berät. Diese Kompetenz
müsse in jedem einzelnen Fall genutzt werden. Vor diesem Hintergrund
appellieren die Verbände in einem offenen Brief an die Umweltminister
der Länder, insbesondere bei Verdachtsfällen von auffälligen Wölfen, die
Beratung durch das Wolfsberatungszentrumintensiv zu nutzen.
Beim Fall des Wolfes „Pumpak“ in Sachsen – der Anfang des Jahres zum
Abschuss freigegeben, und danach nicht mehr gesichtet  wurde –   hatten
die sächsischen Behörden diese Beratungsleistung bedauerlicherweise
nicht in Anspruch genommen.  
 
Aus internationalen Studien („NINA Studie“) ist bekannt, dass
ausgewachsene Wölfe extrem selten die Nähe zu Menschen suchen: Meistens
sind Begegnungen ungefährlich und sind in der Regel auf eine naive
Neugier junger Wölfe zurückzuführen, die sich mit dem Heranwachsen
verliert. 
 
Wiederholte Begegnungen eines Einzelwolfes mit Menschen und die
Entwicklung von dreistem Verhalten werden im Tollwut freien Mitteleuropa
am wahrscheinlichsten von einer Anfütterung durch Menschen verursacht.
Die präventive Arbeit und Aufklärung der Bevölkerung ist von besonderer
Bedeutung, um die absichtliche oder unabsichtliche Anfütterung zukünftig
zu verhindern. 
 
Derzeit gibt es aus dem Heidekreis in Niedersachsen Meldungen von einem
Wolf, der ein unnatürlich auffälliges  Verhalten zeigen soll. Für die
Sicherheit des Menschen und den Schutz des Wolfes muss auch in diesem
Fall rasch überprüft werden, ob der Wolf eventuell angefüttert wurde und
darin möglicherweise die Ursache des potentiell auffälligen Verhaltens
liegt. 
 
Es ist in solchen Fällen nicht gänzlich auszuschließen, dass auch ein
Risiko für Menschen bestehen kann. Nach Ausschöpfung aller sanfteren
Maßnahmen der Vergrämung kann es als letzte Möglichkeit notwendig
werden, auffällige oder problematische Wölfe nach der Ausnahmeregelung
des Bundesnaturschutzgesetzes zu entnehmen, so wie es bei MT6 der Fall
war. Solche Entscheidungen müssen fachlich begründet und
wissenschaftlich nachvollziehbar sein und bestimmten
Entscheidungskaskaden folgen. Nach wie vor sind die Verbände überzeugt,
dass wirklich auffällige oder problematische Wölfe, wie es etwa bei MT6
der Fall war, als letzte Maßnahme entnommen werden können. Dafür reichen
die Ausnahmeregelungen des Bundesnaturschutzgesetzes völlig aus. Jede
Entnahme muss jedoch im Einzelfall gesondert betrachtet und begründet
werden und bei der Entscheidungsfindung sollte die DBBW der zentrale
Ansprechpartner sein. 
 
Dringendste Aufgabe sollte aber die Prävention sein, um die
Notwendigkeit der Tötung zu vermeiden. Die Verbände weisen darauf hin,
dass es mehr Aufklärung unter der Bevölkerung seitens der zuständigen
Stellen für Wolfsmanagement geben sollte, um unerwünschte
Verhaltensentwicklungen bei Wölfen zu vermeiden. Ein zentraler Aspekt
hierbei ist, dass das (beabsichtigte oder unbeabsichtigte) Anfüttern von
Wölfen unbedingt zu vermeiden ist.
 
Weitere Informationen unter www.NABU.de/wolf  
 
Für Rückfragen: 
Markus Bathen, NABU Wolfsbüro,  0172-6453537 
Robert Kless, IFAW Deutschland, 0173-6227538
 Literatur:
NINA Studie:
Linnell, J.D.C., et al. (2002): The fear of wolves: A review of wolf
attacks on humans. NINA/NIKU report, NINA Norsk institutt for
naturforskning, Trondheim, Norway, 65pp.
( http://www.nina.no/archive/nina/PppBasePdf/oppdragsmelding/731.pdf) 
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