NABU-PRESSEMITTEILUNG | NR 73/18 | 20. JUNI 2018
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Umwelt/Umweltpolitik (zum 21. Juni)
NABU zu 100 Tage GroKo: Durchwachsene Öko-Bilanz
Tschimpke: Kabinett Merkel verliert Nachhaltigkeitsziele aus dem Blick
- Finanzierung für "Aktionsprogramm Insektenschutz" sicherstellen
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Berlin – Mit Blick auf die ersten 100 Tage der Großen Koalition zieht
der NABU eine durchwachsene Öko-Bilanz. Brennende Themen wie
Insektensterben, Klimaschutz, Diesel-Skandal und Plastikflut seien zwar
in der öffentlichen Debatte, bei der Lösung dieser Probleme sei das
Kabinett Merkel kaum vorangekommen. Deutschland drohen nicht nur Strafen
der EU, wenn deren Umweltrecht weiter systematisch gebrochen wird, sei
es bei der Belastung des Grundwassers, der Luft in Städten oder dem
Erhalt geschützter Arten. Die klaffende Finanzierungslücke von einer
Milliarde Euro jährlich im deutschen Naturschutz wird eingeräumt, aber
nicht gestopft. Auf globaler Bühne droht ein Glaubwürdigkeitsverlust,
denn von den weltweiten Nachhaltigkeitszielen (SDGs) ist Deutschland
noch weit entfernt. Bis 2020 verlangen diese eine Trendwende für die
Artenvielfalt, bis 2030 eine wirklich nachhaltige Landwirtschaft.  
 
„Konzepte gegen den Artenschwund, eine andere Agrarpolitik und für mehr
Klimaschutz liegen auf dem Tisch,  jetzt muss die Politik liefern“, sagt
NABU-Präsident Olaf Tschimpke. In der EU-Agrarpolitik muss die
Bundesregierung in den nächsten Monaten zweckgebundene Fördermittel für
den Schutz der biologischen Vielfalt einfordern, sowie starke Standards
für gesunde Böden und sauberes Grundwasser.
Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner lasse trotz eindeutiger
Aussagen im Koalitionsvertrag weiter alle Welt im Unklaren darüber, wie
sie auf EU-Ebene verhandeln will. Beim Agrarrat am vergangenen Montag
habe sie vor allem betont, was sie alles nicht wolle. Wie die
Umweltbilanz der Agrarpolitik konkret verbessert werden soll, zum
Beispiel durch rechtsverbindliche Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen
der Landwirte, ließ sie offen.  Tschimpke: „Die Bundesregierung hat
jüngst selbst eingeräumt, dass jährlich eine Milliarde Euro fehlen um
die Verpflichtungen Deutschlands unter den EU-Naturschutzrichtlinien zu
erfüllen. Klar ist auch, dass diese Geld zum allergrößten Teil aus der
Gemeinsamen Agrarpolitik der EU kommen muss –  doch die zuständige
Ministerin unternimmt keinerlei Anstrengungen in diese Richtung, wie
ihre 100-Tage-Bilanz verrät.“ 
 
Das von der Bundesregierung  vorgelegte Eckpunktepapier zum
„Aktionsprogramm Insektenschutz“ ist ein Schritt in die richtige
Richtung, „Die Systemrelevanz der Insekten für unsere Volkswirtschaft
ist erkannt.  Es gibt viele gute Ansätze und Handlungsideen. Aber noch
ist leider nicht erkennbar, dass eigenes Geld in die Hand genommen
werden soll. Das Programm kann nur erfolgreich sein, wenn die
Finanzierung sichergestellt ist. Zur Rettung der Banken hat die
Bundesregierung Milliarden in die Hand genommen. Mit Ankündigungen wird
die Rettung der Insekten nicht erfolgen“, so Tschimpke.
 
Im Klimaschutz habe sich die Bundesregierung innerhalb der ersten 100
Tage als handlungsunfähig präsentiert. Statt Maßnahmen auf den Weg zu
bringen, um die Lücke zum Erreichen der Klimaziele 2020 zu schließen,
überträgt sie diese Arbeit der Kohlekommission. Auf europäischer
Ebene sabotiert die Bundesregierung die klimapolitisch notwendige
Steigerung der Effizienz- und Erneuerbaren-Energien-Ziele. Ein
Gesamtkonzept für die Wärmewende ist ebenfalls nicht in Sicht – nicht
mal die nötigen Finanzierungen der Einzelmaßnahmen, wie steuerliche
Anreize zur energetischen Modernisierung, sind eingeplant. „Vom früheren
Umweltminister ist nichts mehr übrig. Als Energie- und
Wirtschaftsminister bremst Peter Altmaier die Energiewende aus,
blockiert den CO2-Preis und in Brüssel ehrgeizigere Klimaziele“, so
Tschimpke. Wichtiger wäre es, in Deutschland die dreckigsten
Kohlekraftwerke schnell abzuschalten. 
 
Völlig unzureichend bewertet der NABU die bisherige Bilanz der
Verkehrspolitik. Fast drei Jahre nach Beginn des Dieselskandals werden
die Luftschadstoffgrenzwerte immer noch viel zu oft überschritten, das
Vertrauen in die Dieseltechnologie  ist ins Bodenlose gefallen und zu
einer Nachrüstung mit wirksamer Abgastechnologie hat sich die
Bundesregierung immer noch nicht durchringen können. „Die Strategie der
Bundesregierung, der Autoindustrie nicht zu sehr auf die Finger zu
schauen und mit Software-Updates die Luft sauber zu kriegen ist krachend
gescheitert“, so  Tschimpke. Ob es der Bundesregierung mit einer Senkung
der Kohlendioxidemissionen im Verkehrsbereich ernst ist, wird sich am
heutigen Mittwoch zeigen, wenn die zuständigen Minister über die
CO2-Grenzwertverordnung für Pkw der EU-Kommission verhandeln.
 
Positiv wertet der NABU, dass Kanzlerin Merkel sich offen für eine
Kunststoffsteuer zeigt. Der NABU sieht in einer Materialsteuer 
einen wichtigen Baustein, um die Meere besser vor der zunehmenden
Plastikvermüllung zu schützen. Auch mit Blick auf den von China
verhängten Importstopp von Plastikabfall appelliert der NABU an die
Große Koalition, darin eine Chance für eine neue Ressourcenpolitik zu
sehen. 31 Kilo Plastikmüll pro EU-Bürger pro Jahr sind zu viel. „Auch
Deutschland hat sich viel zu lange auf niedrigen Recyclingquoten
ausgeruht und auf Verbrennung gesetzt. Die Vermeidung von Einweg-Plastik
muss endlich Priorität haben. Eine Materialsteuer, die bei den
Plastikproduzenten ansetzt, könnte erheblich zur Kunststoffvermeidung
und zu besserem Recycling beitragen“, so Tschimpke. 
 
Beim Umgang mit dem europaweit streng geschützten Wolf fordert der NABU
die Bundesregierung auf, die 2015 eingesetzte Dokumentations- und
Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) als beratendes
Expertengremium und wesentliches Element für ein hochwertiges,
länderübergreifendes Wolfs-Monitoring auch über den Herbst 2018
hinaus zu sichern. Die Bundesregierung hat in den ersten 100 Tage
wichtige Zeit verstreichen lassen und bisher keinerlei Signale gesendet,
aktiv zu werden.
 
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