Aufruf: Wozu brauchen wir Fiktionen des Fluiden?
Allein der Stadtkern ist uebriggeblieben, wo der Fernsehturm auf dem
Alexanderplatz steht. Die Schienenstraenge des S-Bahnhofs nehmen dort
ihren Lauf, um jaeh im Dickicht des Regenwalds zu versinken. Ist das
jetzt Berlin nach der Flut oder schon das Paradies? Die Antwort scheint
auf der Hand zu liegen. Mit den eingangs beschriebenen Fiktionen
arbeitete ein Kampagnenmotiv der Berliner Morgenpost. Im Jahr 2005 war
es in ganz Berlin praesent und kam mit einem eindeutigen Slogan in
Umlauf: >Berlin wird Steuerparadies<. In diesem Steuerparadies sind
Wedding, Marzahn, Charlottenburg, sowie alle anderen Berliner Bezirke in
den Untiefen des Ozeans verschwunden.
In der blau schimmernden Waterworld konnten nur wenige Menschen
ueberleben. Eine Elite, die einen Platz an der Sonne gefunden hat. Vier
Jahre spaeter wirkt dieses Kampagnenmotiv ungewollt prophetisch. Die
Weltwirtschaftskrise ist ueber den Planeten gleich einer Flut
hereingebrochen und nur wenige Menschen konnten sich auf Inseln retten.
Vor diesem Hintergrund muss das Motiv heute einer Neubewertung
unterzogen werden, so wie auch andere Motive, die mit Metaphern des
Fluiden arbeiten, neu betrachtet und kritisiert werden sollten. Gestern
priesen sie quasi unterhinterfragt flexible, gleichsam fluessige
Verhaeltnisse im globalen Kapitalismus.
Heute fragt sich mehr denn je: Wie fluessig darf unsere Welt werden?
Wieviel Halt brauchen wir? Wieviel Struktur? Das Berliner Gazette
Seminar ruft alle Interessierten dazu auf, Motive und Metaphern des
Fluiden zu sammeln und mit Hinweis auf Quelle und Entstehungszeit
einzusenden i...@berlinergazette.de. Erwuenscht sind sowohl Text- als
auch Bildbeispiele. Die Einsendungen werden auf der Webseite des
Berliner Gazette Seminars praesentiert und hier im digitalen
Mini-Feuilleton berlinergazette.de analysiert. Einsendungen erbeten bis
zum 30.11. Einige Anregungen in Bildform finden Sie hier:
http://bit.ly/8jsx00
Kontakt:
Web: www.berlinergazette.de
E-Mail: i...@berlinergazette.de
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Caspar Clemens Mierau
Dipl.-Kult. (Medien)
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