Re: Unfreie Software an deutschen (Hoch-)Schulen

2018-04-05 Diskussionsfäden Christian Carlowitz
Hallo,

Am 04.04.2018 um 19:31 schrieb Theo Schmidt:
> Am 04.04.2018 um 09:52 schrieb Erik Albers:
> ...
>> was Unternehmen angeht ist mir mal eine interessante Broschüre von
>> Lobbycontrol in die Hände gefallen:
>> https://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/Lobbyismus_an_Schulen.pdf
> 
> Hier wird bezüglich Informatik der Calliope Mini kritisiert. Ist das
> gerechtfertigt? Ist das unfreie SW?

da würde mich auch mal interessieren, wie das genau aussieht. Die
Hardware an sich wird nicht so sehr das Problem zu sein. Design und
Firmware scheinen auf den ersten Blick frei zu sein, auch wenn man die
Hardware-nahen Bibliotheken noch prüfen müsste, da sind manchmal
Einschränkungen versteckt (z.B. "darf nur mit unseren Prozessoren
verwendet werden"). Grundsätzlich ist das Ding ein Fork vom BBC micro:bit.

Ich sehe zwei Probleme:

1. Programmiert wird es anscheinend ausschließlich über Webdienste
(SASS), deren Lizenz mir z.T. unklar ist (vor allem der "Calliope Mini
Editor"). Jedenfalls konnte ich auf Anhieb weder deren Quellcode/Lizenz
noch eine alternative lokale Toolchain zur Programmierung finden. Einige
Einzelteile findet man zwar auf Github, es entsteht jedoch der Eindruck,
dass es einem hier schwer gemacht wird.
Hinter den anderen Diensten (PXT bzw. OpenRoberta) stehen Microsoft bzw.
Fraunhofer/Google. Ersterer hat eine unklare Lizenz (Klick auf
Nutzungsbedingungen führt zu nicht vorhandener Seite, ein zumindest
ähnlicher Code ist unter MIT Lizenz auf Github zu finden, identisch mit
"MakeCode"?), der zweite Dienst reklamiert "Open Source" für sich,
müsste aber mal recherchiert werden, da das Projekt recht groß und
unübersichtlich ist.

2. Einige große Firmen treten als Sponsoren auf für die Verteilung an
den Schulen. An sich sehe ich das nicht so sehr als Problem. Hinzu kommt
jedoch, dass Google anscheinend eine starke Position in der
Lehrerausbildung hierfür hat [0].

Insgesamt scheint mir das ganze System viele Parallelen zu Android zu
haben: Der Kern ist zwar schon frei, der Überbau (UI) und das große
Ganze wird jedoch von Unternehmen zumindest als Betreiber kontrolliert,
wodurch diese einen Fuß in die Tür bekommen ohne Aufsicht mit
unbeschränktem Einfluss (und verwenden z.B. schon Tracking-Cookies zu
"Analysezwecken"). Ähnlich wie bei Android ist damit ein Vendor-Lockin
und/oder die sukzessive Einführung proprietärer Bestandteile in Zukunft
nicht ausgeschlossen, sobald sich diese Plattformen etabliert haben.


Viele Grüße,

Christian


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Re: Spenden-Systeme

2018-04-05 Diskussionsfäden Bernhard E. Reiter
Hi Moritz,

Am Samstag 10 März 2018 11:38:41 schrieb Moritz Bartl:
> On 09.03.2018 11:18, Bernhard Reiter wrote:
> >> Die Plattform wird von einer gemeinnützigen Organisation betrieben und
> >> läuft auf freier Software.
> >
> > Beides sind wir mich tendenziell eher kleine Nachteile, weil langfristig
> > lebensfähige Organisationen wirtschaftlich arbeiten müssen und das
> > ehrenamtliche Engagement hat da erhöhte Risiken birgt,
>
> "Gemeinnützig" heißt nicht Ehrenamt.
> Freie Software heißt nicht "kein Geschäftsmodell".

das ist mir beides bekannt (als Mitgründer der FSFE, die gemeinnützig ist und 
Vollzeitangestellte hat und als Mitgründer von Intevation die rund 25 Leute 
beschäftigt und nur Freie Software "macht".)

Was ich sagen wollte ist: ein existierendes, transparentes Geschäftsmodell und 
eine erkennbare Tendenz zum nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg mit 
bezahlten Personen ist ein wichtiger Bewertungsfaktor, erst ist in diesem 
konkreten Fall für mich noch wichtiger als eine Gemeinnützigkeit.

Gruß,
Bernhard

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