Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2018-01-01 Diskussionsfäden Jochen Schmitt

> Am 01.01.2018 um 17:03 schrieb Christian Imhorst 
> :
> 
> "ADRIANE - 
> Desktop für blinde Computeranwender" [1] von Klaus Knopper vom CLT 2017

Hallo Christian,

bezüglich des Vortrags von Herrn Knopper muss ich doch einige kritische 
Kommentare loswerden:

Das Hauptproblem von Adriane ist nach meiner Meinung die Tatsache, dass es sich 
um eine sonderlösung für blinde und sehbehinderte Anwender handelt.

Das Hauptziel sollte ein System sein, dass von allen Benutzern ohne spezielle 
Zusatzsoftware eingerichtet und benutzt werden kann.

Laut einer inoffiziellen Statistik haben gerade mal 30% der blinden oder 
sehbeihinderten Erwerbstätigen eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt. Für 
eine Integration dieser Benutzergruppe wäre es hilfreich, wenn  IT-Systeme ohne 
teuere Zusatzsoftware oder Anpassungen von diesen benutzt werden könnten.

Wie solche IT-Systeme aussehen könnten, zeigt die Firma Apple. Dort kann man 
die Geräte eigenständig ohne sehende Hilfe Einrichten und mit ihnen arbeiten. 
Dies gilt sowohl für das iPhone, dem iPad oder den Mac Computern, da allle 
Betriebsysteme dieser Firma standfardmäßig mit dem Screenreader VoiceOver 
ausgeliefert werden.
Adriane hingegen ist eine Sonderlösung, die vielleicht im privaten Umfeld 
Bestand hat, aber im kommerziellen Bereicht Probleme verursacht, da 
zumindestens in Großbetrieben standardisierte Basissysteme im Einsatz sind, die 
im Notfall ohne großen Schwierigkeiten wiederhergestellt werden können.

> wenn es um die von dir angesprochene "Appifizierung" mit Smartphones geht. 
> Dadurch werden
> ganze Benutzergruppen von bestimmten Technologien ausgeschlossen.
> Gerade beim Smartphone muss ich Dir heftig widersprechen. Für Blinde war die 
> WWDC 2009 ein wichtiger Wendepunkt, da Apple auf dieser Veranstalltung die 
> Integration von VoiceOver in iOS verkündetet. Wenn Du einen blinden Mitbürger 
> fragst, was für ein Smartphone er benutzt, ist  die'' Wahrscheinlichkeit 
> recht groß, dass es ein iPhone ist. Auf einem Blog hat ein blinder Benutzer 
> ein Samsung Galaxy S8 getestet, welches er von seinem Netzbetreiber zur 
> Verfügung gestellt bekam. Das Fazit war, dass Android bis heute nicht mit iOS 
> mithalten kann, was die Barrierefreiheit betrifft.
Es wird die Ansicht vertreten, dass das iPhone die größte Innovation im 
Bereicht Hilfsmittel in den letzten zehn Jahren für Blinde Nutzer war.


Mit freundlichen Grüßen

Jochen Schmitt
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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2018-01-01 Diskussionsfäden Christian Imhorst
Hallo zusammen,

ich habe zu der Diskussion noch zwei Anmerkungen:

1.) Am 23. Dezember 2017 um 11:41 schrieb Irmhild Rogalla <
irmhild.roga...@institut-pi.de>:

> Soweit erst einmal. Wie gesagt: Bei Interesse gerne mehr!


Vielen Dank, die Beschreibung der Frustrate hat mich beeindruckt. Ich habe
mir
daraufhin auch deinen Vortrag "Warum nimmst du nicht einfach Skype" [0] und
"ADRIANE -
Desktop für blinde Computeranwender" [1] von Klaus Knopper vom CLT 2017
angeschaut.
Es ist schon cool, wie Klaus Knopper bereits vorhandene Freie und Open
Software nimmt,
um daraus etwas neues, einen Desktop für Blinde, zu schaffen. Bei beiden
Vorträgen sind
mir viele Punkte bewusst geworden, über die man normalerweise, wenn man
keine
Einschränkungen hat, nicht so nachdenkt.

Ich hätte auf jeden Fall Interesse, da ich die Frage, wie wir AnwenderInnen
mit Einschränkungen
befähigen können, ihre Technologie selber kontrollieren zu können, wichtig
finde. Gerade
wenn es um die von dir angesprochene "Appifizierung" mit Smartphones geht.
Dadurch werden
ganze Benutzergruppen von bestimmten Technologien ausgeschlossen.

[0] https://chemnitzer.linux-tage.de/2017/de/programm/beitrag/264
[1] https://chemnitzer.linux-tage.de/2017/en/programm/beitrag/214


2.) Am 20.12.2017 schrieb Paul Hänsch:

> Ich denke, Seiteninhalte hinter die Ausführung von JavaScript zu stellen

nötigt den Benutzer dazu Code auszufuhren, über dessen Tun und Inhalt er

effektiv keine Kontrolle hat.


Das ist jetzt vielleicht eher eine philosophische, als eine technische
Frage,
aber nötigt nicht jedes Programm AnwenderInnen dazu, Code auszuführen,
über dessen Tun und Inhalt sie effektiv keine Kontrolle haben. Bei Freier
Software ist der Quellcode einsehbar, so wie bei JavaScript im Prinzip auch,
aber wer schaut sich den Quellcode der Software oder der Webseite vorher
an, um zu gucken, was genau bei Ausführung des Codes passiert? Als einfacher
Anwender möchte ich ja, dass die Webseite oder das Programm funktionieren
und ich alle ihre Funktionen nutzen kann.

Das fiel mir irgendwie dazu ein, vielleicht bin ich da aber auch auf dem
Holzweg.

Viele Grüße
Christian
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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-25 Diskussionsfäden Jochen Schmitt
 Am 25.12.2017 um 14:24 schrieb Thomas Doczkal :
> 
>> On 12/25/2017  bnisse liefert? Gibt es nicht vom Gnome-Project einen
> Screenreader? Wie gut ist der bedienbar? Als nicht betroffener ist es
> für mich immer schwierig solche Bewertungen zu abzugeben, deshalb würde
> mich schon inter

> Hallo thomas,


ja, mir ist schon bekannt, dass es vom GnOME-Projekt einen Screenreader gibt. 
Um meine Skipsis zu verstehen, sollte ich kurz erklären, was ein Screenreader 
macht.

Ein Screenreader liest nicht nur einfach den Text vor, der auf dem Bildschirm 
angezeigt wird. Vielmehr muss er den Benutzer darüber informieren, um welches 
UI-Element, wie z. B. ein Textfeld oder Schaltfläche es sich hierbei handelt. 
außerdem stellt der Screenreader Tastenkürzel bereit, mit dem der Benutzer mit 
den Bedienelementen der Benutzeroberfläche interagieren kann. Man sollte sich 
vergewissern, dass ein blinder Benutzer nicht in der Lage ist, eine Mouse zu 
bedienen. Stattdessen arbeitet er mit der Tastatur, wo er mit HIlfe 
entsprechender Tastenkürzel durch die graphische Benutzeroberfläche navigiert.

Bei Linux tritt nun das Problem auf, dass die Bedienelemente nicht vom X-Sefver 
oder Wayland generiert werden. Vielmehr werden die Bedienelemente von den 
Toolkits, wie GTK oder Qt verwaltet. Das ist für die Entwicklung eines 
Screenreaders ein erhebliches Hinternis, da  er ja mehrere Toolkits 
unterstützen müsste.

Außerdem habe ich noch in einen anderen Punkt negative Erfahrungen mit der 
Barrierefreiheit bei Linux gemacht. Ich hatte vor mehreren Jahren ein MacBoot 
Pro 2013 gekauft, welches ein sogenanntes Retina-Display besitzt. Auf diesem 
Rechner habe ich neben Mac OS Fedora Linux installiert.

Unter KDE fiel mir negativ auf, dass die Schrift praktisch unlesbar war, da die 
Schriftgröße viel zu klein war. Bei GNOME-Anwendungen sah die Situation anders 
aus, dort hatten die Buchstaben eine vernünftige Größe. Dies galt 
selbstverständlich auch für Mac OS.

Mit freundlichen Grüßen

Jochen Schmitt
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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-25 Diskussionsfäden Thomas Doczkal
On 12/25/2017 01:54 PM, Jochen Schmitt wrote:
> Bei Linux hat man meines Erachtens das typische Linux-Prlbem, dass es eine 
> Vielfalt von Toolkits und so weiter gibt, was die Entwicklung eines 
> Screenreaders nicht gerade vereinfacht. Wenn man Linux auf einem Server per 
> ssh bedienen will, ist das kein Problem, aber auf dem Desktop treten die oben 
> genannten Probleme recht negativ zu Tage, wenn man mit einer graphischen 
> Benutzeroberfläche arbeiten will.

Mit anderen Worten es gibt für Linux keinen Screenreader, der halbwegs
brauchbare Ergebnisse liefert? Gibt es nicht vom Gnome-Project einen
Screenreader? Wie gut ist der bedienbar? Als nicht betroffener ist es
für mich immer schwierig solche Bewertungen zu abzugeben, deshalb würde
mich schon interessieren was die Personen, die die auf die Software
angewiesen sind nutzen und wie die Bewertungen der Software aussieht.

Für mich ist es her unpraktisch die Webseite für solche Tools zu
verbessern, wenn die Voraussetzung ein MS Windows oder Mac OS ist.
Beider habe ich nicht als primäres System zur Verfügung.

Viele Grüße
Thomas



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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-25 Diskussionsfäden Jochen Schmitt
Am 25.12.2017 um 13:16 schrieb Thomas Doczkal :
> 
> Nun bin ich etwas überrascht, das die von dir genannte freie Software
> NVDA in der neusten Version nur für Windows 7 SP1 verfügbar ist. Ältere
> Versionen von Windows können nur noch die 2017.3 Version verwenden. Ein
> Hinweis auf andere Betriebssysteme (Mac OS oder Linux) fehlen leider völlig.
> 
> Das Programm NVDA ist in Python geschrieben, setzt aber bei einem ersten
> versuch dies zu bauen python2 und _winreg voraus. Dieses Modul wurde mit
> Python3 zu winreg umbenannt...
> 
> Hab ich noch etwas übersehen, oder ist die Software tatsächlich nur für
> MS Windows verfügbar?
> 
> 

Hallo thomas,

NVDA ist wirklich nur für Windows erhältlich. Für Mac OS stellt sich das 
Problem überhaupt nicht, da Mac OS generell mit VoiceOver ausgeliefert wird. 
Auch wenn es bei VoiceOver noch Luft nach oben gibt, handelt es sich hierbei um 
einen vernümftigen Screenreader. Der größte Vortgeil ist, dass durch die 
Integration von VoiceOver in Mac OS es auch blinden Benutzer möglich ist, einen 
mac ohne fremde Hilfe aufzusetzen.

Bei Linux hat man meines Erachtens das typische Linux-Prlbem, dass es eine 
Vielfalt von Toolkits und so weiter gibt, was die Entwicklung eines 
Screenreaders nicht gerade vereinfacht. Wenn man Linux auf einem Server per ssh 
bedienen will, ist das kein Problem, aber auf dem Desktop treten die oben 
genannten Probleme recht negativ zu Tage, wenn man mit einer graphischen 
Benutzeroberfläche arbeiten will.

Mit freundlichen Grüßen

Jochen Schmitt
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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-25 Diskussionsfäden Dr. Michael Stehmann
Am 25.12.2017 um 13:15 schrieb Thomas Doczkal:

> Das Programm NVDA ist in Python geschrieben, setzt aber bei einem ersten
> versuch dies zu bauen python2 und _winreg voraus. Dieses Modul wurde mit
> Python3 zu winreg umbenannt...
> 
> Hab ich noch etwas übersehen, oder ist die Software tatsächlich nur für
> MS Windows verfügbar?

Man müsste einmal schauen, was winreg oder _winreg macht.

Ich denke aber einmal, dass diese Software ziemlich mit Windows
"verheiratet" ist [0].

Für Freie Betriebssysteme hat sich Klaus Knopper in's Zeug gelegt [1].

Gruß
Michael

[0] nach Lektüre: https://de.wikipedia.org/wiki/NonVisual_Desktop_Access
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/ADRIANE



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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-23 Diskussionsfäden Henning Thielemann


On Sat, 23 Dec 2017, Paul Hänsch wrote:


Hast du Informationen dazu, was für Einschränkungen außerdem noch Hindernisse
in der täglichen Arbei mit Webseiten darstellen können? Das erste woran wir
denken sind immer Augenprobleme, wie stark fällt es aber im Allag ins gewicht,
wenn ich z.B.
- Maus, Tastatur oder Touchscreen jeweils nicht bequem nutzen kann?
- nicht hören kann (Inhalte in Videos scheinen häufiger zu werden)?
- Probleme mit Farbwechseln / Bewegtbildern habe, die in der Nähe der Inhalte
  auftauchen?
- was für Probleme kann es noch geben?


Es gibt auch einige Leute mit Farbenblindheit. Wenn ein Designer so clever 
ist, mit den Farben rot und grün Informationen transportieren zu wollen, 
dann geht das da schief.


Im Alter lässt natürlich auch die Sehschärfe nach. Wenn dann Text in 
Grafiken versteckt ist, oder das normale Groß- und Kleiner-Stellen der 
Schrift mit JavaScript blockiert oder durch einen webseiten-eigenen 
Einsteller ersetzt wird ...___
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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-23 Diskussionsfäden Paul Hänsch
On Thu, Dec 21, 2017 at 04:48:50PM +0100, Jochen Schmitt wrote:
> bei blinden Benutzer ist es so, dass sie in der Regel eine Sprachausgabe 
> benutzen, da die Informationsaufnahme über eine Sprachausgabe deutlich 
> rascher vonstatten geht, als über eine Braillezeile. Hierzu werden spezielle 
> Screenreader, wie VoiceOver, JAWS oder die freie Software NVDA benutzt. Als 
> Browser kommen die normalen Browser in Einsatz, welche auch von sehenden 
> Personen benutzt werden.

Danke für die Beschreibung, meine Vorstellung hierzu war nur grob, und zudem
veraltet.

Hast du Informationen dazu, was für Einschränkungen außerdem noch Hindernisse
in der täglichen Arbei mit Webseiten darstellen können? Das erste woran wir
denken sind immer Augenprobleme, wie stark fällt es aber im Allag ins gewicht,
wenn ich z.B.
 - Maus, Tastatur oder Touchscreen jeweils nicht bequem nutzen kann?
 - nicht hören kann (Inhalte in Videos scheinen häufiger zu werden)?
 - Probleme mit Farbwechseln / Bewegtbildern habe, die in der Nähe der Inhalte
   auftauchen?
 - was für Probleme kann es noch geben?

Hat jemand Informationen dazu, wie hoch die Frustrate bei den jeweiligen
Personengruppen derzeit ist? Kann jemand beschreiben wie man unter den
jeweiligen Randbedingungen das Internet nutzt?

-- 
Paul Hänsch █▉Webmaster, System-Hacker
  █▉█▉█▉  
Jabber: p...@jabber.fsfe.org▉▉ Free Software Foundation Europe


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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-21 Diskussionsfäden Michael Kesper
Hallo zusammen,

Am Donnerstag, den 21.12.2017, 16:48 +0100 schrieb Jochen Schmitt:
> Bei Sehbehinderten ist die Sache komplizierter, da hier Aspekte, wie
> die Farbgebung, Konstrastgebung und so weiter eine rolle spielen. Da
> sich die Auswirkungen einer Sehbehinderung sich individuell anders
> auswirken, ist es wichtig darauf zu achten, dass der Anwender  die
> Schriftgröße oder die Farbgebung innerhalb der Website über seine
> Hilfssoftware, wie z. B. Zoomtext, frei wählen kann, um den für ihn
> am besten geeigneten Zustand zu erreichen.

Auch das dürfte bei Seiten ohne Javascript leichter zu erreichen sein.

Viele Grüße
Michael 

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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-21 Diskussionsfäden Jochen Schmitt
Am 21.12.2017 um 00:54 schrieb Paul Hänsch :
> 
> On Wed, Dec 20, 2017 at 11:53:31PM +0100, Johannes Zarl-Zierl wrote:
>>> [...]
> 
> Kann ein Benutzer z.B. eingeschränkt sehen, will er manchmal nur Text
> vergrößern, oder mit der Maus markieren können (zur Kontrasterhöhung oder
> Übertragung in ein TTS-System). Das Scripting darf dann nur nicht aktiv
> dazwischen funken.
> 
> Insbesondere Nutzer ohne Sicht können aber nach meinem Verständnis ein
> Braille-Terminal entspannter finden als einen Vorleseautomaten. Hier kommen
> häufig Browser zum einsatz, die einfach kein JavaScript implementieren, auch
> wenn das eher eine Überschneidung ist als eine zwingende technische
> Beschränkung.
> Hier ist es nötig, dass die Seite auch ganz ohne Scripting voll bedienbar
> bleibt, und dass vor allem der Textinhalt mit dem Dokument geladen wird (und
> nicht erst hinterher durch ein Script nachgeladen wird).
> 

Hallo Paul,

bei blinden Benutzer ist es so, dass sie in der Regel eine Sprachausgabe 
benutzen, da die Informationsaufnahme über eine Sprachausgabe deutlich rascher 
vonstatten geht, als über eine Braillezeile. Hierzu werden spezielle 
Screenreader, wie VoiceOver, JAWS oder die freie Software NVDA benutzt. Als 
Browser kommen die normalen Browser in Einsatz, welche auch von sehenden 
Personen benutzt werden.

Bei der Barrierefreiheit für blinde benutzer kommt es nur darauf an, dass er 
alle Informationen in Textform zur Verfügung gestellt bekommt. Damit sind aber 
keine grafischen Screenshots mit Textinhalten gemeint.

Bei Sehbehinderten ist die Sache komplizierter, da hier Aspekte, wie die 
Farbgebung, Konstrastgebung und so weiter eine rolle spielen. Da sich die 
Auswirkungen einer Sehbehinderung sich individuell anders auswirken, ist es 
wichtig darauf zu achten, dass der Anwender  die Schriftgröße oder die 
Farbgebung innerhalb der Website über seine Hilfssoftware, wie z. B. Zoomtext, 
frei wählen kann, um den für ihn am besten geeigneten Zustand zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Jochen Schmitt
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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-21 Diskussionsfäden Henning Thielemann


On Wed, 20 Dec 2017, Paul Hänsch wrote:


On Wed, Dec 20, 2017 at 07:23:17PM +0100, Johannes Zarl-Zierl wrote:

Ich habe zwar nur sehr beschränktes Wissen zum Thema Barrierefreiheit, aber
was ich bisher aus einschlägigen Vorträgen gehört habe war: Javascript ist
(grundsätzlich) kein Problem, solange einige Regel beachtet werden.


Ich denke, Seiteninhalte hinter die Ausführung von JavaScript zu stellen
nötigt den Benutzer dazu Code auszufuhren, über dessen Tun und Inhalt er
effektiv keine Kontrolle hat. Das ist meiner Meinung nach inkompatibel mit den
vier Freiheiten. Allein eine Free Software Lizenz ändert daran nichts, denn
der Benutzer hat ja dann immer noch keine Kontrolle über das Script, das ihm
die Seite da aufdrängt.
Deswegen bin ich persönlich immer gegen den Einbau von JavaScript auf
FSFE-Seiten. Einen offiziellen Konsens haben wir da leider im Moment nicht.


Sehe ich ganz genauso. Selbst wenn ich mich hinsetze, und den 
JavaScript-Code intensiv auf Gefahren hin abklopfe, kann ich beim nächsten 
Laden der Seite völlig anderen Code vorgesetzt bekommen.


JavaScript war mal als kleines Add-On gedacht, das man in seinem Browser 
auch getrost abschalten kann. Heute werden ganze Web-Seiten aus 
JavaScript-Code erzeugt. Die Suchmaschine kann nichts indizieren, mein 
Übersetzungsserver (parallelnetz.de) läuft ins Leere, die normalen 
Browserfunktionen "vor", "zurück", "URLs speichern" werden nutzlos. Dazu 
kommen die vielen Nervereien, die sich JavaScript-Programmierer ausdenken: 
Neuester Quatsch scheint mir zu sein, dass ich auf Zeitungsseiten nach 
unten rolle und statt der Kommentare einen neuen Artikel vorgesetzt 
bekomme, von dem ich nicht wieder zurück zum eigentlichen Artikel gelange.


Also auch wenn ich nicht irgendwie "eingeschränkt" bin, stellt der Zwang 
zum Aktivieren der JavaScript-Spielereien eine Barriere für mich dar. 
Vielleicht bin ich als jemand, der nicht bevormundet werden will, schon so 
sehr Außenseiter, dass ich speziell angepasste Web-Seiten benötige. :-)___
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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-21 Diskussionsfäden Dr. Michael Stehmann
Hallo,

Am 20.12.2017 um 23:40 schrieb Paul Hänsch:
> On Wed, Dec 20, 2017 at 07:23:17PM +0100, Johannes Zarl-Zierl wrote:
>> Ich habe zwar nur sehr beschränktes Wissen zum Thema Barrierefreiheit, aber 
>> was ich bisher aus einschlägigen Vorträgen gehört habe war: Javascript ist 
>> (grundsätzlich) kein Problem, solange einige Regel beachtet werden.
> 
> Ich denke, Seiteninhalte hinter die Ausführung von JavaScript zu stellen
> nötigt den Benutzer dazu Code auszufuhren, über dessen Tun und Inhalt er
> effektiv keine Kontrolle hat. Das ist meiner Meinung nach inkompatibel mit den
> vier Freiheiten. Allein eine Free Software Lizenz ändert daran nichts, denn
> der Benutzer hat ja dann immer noch keine Kontrolle über das Script, das ihm
> die Seite da aufdrängt.
> Deswegen bin ich persönlich immer gegen den Einbau von JavaScript auf
> FSFE-Seiten. Einen offiziellen Konsens haben wir da leider im Moment nicht.
> 
Ich stelle gerne von mir entwickelte unter einer Freien Lizenz zur
Verfügung und tue dies auch mit einem guten Gewissen..

Der Anwender muss sie dann herunterladen, installieren und schließlich
starten.

Dies bedeutet, dass er sich sehr bewusst darüber ist, dass auf seinem
Rechner fremde Software zur Ausführung kommt.

Diese drei Schritte fallen - zumindest als bewusste Handlungen - bei in
WWW-Seiten eingebettetem JS weg, sofern der Nutzer sich nicht bewusst
dafür entschieden hat, die Ausführung von JS per default zu verbieten
und seinen Browser entsprechend konfiguriert hat.

D.h. In den allermeisten Fällen wird fremde Software automatisch auf dem
Rechner des Nutzers ausgeführt, der sich dessen oftmals auch nicht
bewusst ist.

Dass diese Software auch oft nicht "frei" in unserem Sinne ist, kommt
noch hinzu.

Es dürfte auch nicht einfach sein, so "on the fly" das "untergejubelte"
JS an die eigenen Bedürfnisse anzupassen und die geänderte Version zur
Anwendung zu bringen.

Die Situation ist also eine völlig andere, als bei der Nutzung
"normaler" Freier Software.

Nun umfasst Freiheit im weitesten Sinne auch die Freiheit zur
Unmündigkeit. Diesen nicht verantwortungsbewussten Gebrauch der Freiheit
sollten wir aber weder propagieren, noch unterstützen oder gar befördern.

Dies ist kein generelles Plädoyer gegen JS. Es kann durchaus sinnvoll
sein, Anwendungen zu entwickeln, die Webtechniken nutzen und hierfür
auch JS einzusetzen. Es ist nur ein Plädoyer gegen den Einsatz von JS in
bestimmten Fällen, vor allem im WWW.

Gruß
Michael



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Re: JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-20 Diskussionsfäden Johannes Zarl-Zierl
On Mittwoch, 20. Dezember 2017 23:40:57 CET Paul Hänsch wrote:
> Ich denke, Seiteninhalte hinter die Ausführung von JavaScript zu stellen
> nötigt den Benutzer dazu Code auszufuhren, über dessen Tun und Inhalt er
> effektiv keine Kontrolle hat.

Diese Thematik sehe ich orthogonal zum Thema, ob JavaScript Barrierefreiheit 
unterstützt oder verhindert.

> Das ist meiner Meinung nach inkompatibel mit
> den vier Freiheiten. Allein eine Free Software Lizenz ändert daran nichts,
> denn der Benutzer hat ja dann immer noch keine Kontrolle über das Script,
> das ihm die Seite da aufdrängt.
> Deswegen bin ich persönlich immer gegen den Einbau von JavaScript auf
> FSFE-Seiten. Einen offiziellen Konsens haben wir da leider im Moment nicht.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir deinen Standpunkt in dieser Sache 
gänzlich zu eigen machen will. Ich tendiere aber dazu, dir zuzustimmen...

Liebe Grüße,
  Johannes


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JavaScript als Barriere (war: Aktion Mensch und der barrierefreie Player)

2017-12-20 Diskussionsfäden Paul Hänsch
On Wed, Dec 20, 2017 at 07:23:17PM +0100, Johannes Zarl-Zierl wrote:
> Ich habe zwar nur sehr beschränktes Wissen zum Thema Barrierefreiheit, aber 
> was ich bisher aus einschlägigen Vorträgen gehört habe war: Javascript ist 
> (grundsätzlich) kein Problem, solange einige Regel beachtet werden.

Ich denke, Seiteninhalte hinter die Ausführung von JavaScript zu stellen
nötigt den Benutzer dazu Code auszufuhren, über dessen Tun und Inhalt er
effektiv keine Kontrolle hat. Das ist meiner Meinung nach inkompatibel mit den
vier Freiheiten. Allein eine Free Software Lizenz ändert daran nichts, denn
der Benutzer hat ja dann immer noch keine Kontrolle über das Script, das ihm
die Seite da aufdrängt.
Deswegen bin ich persönlich immer gegen den Einbau von JavaScript auf
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