Liebe Jünger-Freunde,

noch ein Leserbrief (der vierte!!) in der FAZ zur Burgunderszene. Sehr 
interessant, daß der Autor auf Proust verweist, kommt Proust doch als einer der 
"Hauptzeugen" in meiner Burgunder-Studie!

Beste Grüße,

Tobias Wimbauer
www.waldgaenger.de

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.05.2004, Nr. 105 / Seite 40

Burgunderschlürfend

Zum Artikel "Liebe statt Bomben - Ernst Jüngers Burgunderszene" (F.A.Z. vom 10. 
April) muß neu gelesen werden: Die "Burgunderszene" muß nicht neu gelesen 
werden, sondern überhaupt gelesen, da sie sich einer irgendwie gearteten 
Eindeutigkeit entzieht; "vorgeführt" wurde und wird Jünger hier jedoch nur als 
- möglicherweise ästhetizistischer - Literat. Und Ästhetizismus spielt sich 
jenseits von Kategorien der Moral oder Politik ab. Selbst wenn die 
Tagebucheintragung sich nun nicht als fiktiv oder fingiert erwiesen hätte, wäre 
es von der dandyhaften Pose des burgunderschlürfenden Beobachters zum 
nationalistisch-teleologischen Befürworter des Bombardements noch ein weiter 
Schritt. Gerade die distanzierte Perspektive ermöglicht dem Tagebuchautor das 
schriftliche Erfassen einer poetischen Wirklichkeit - unabhängig von Daten - 
innerhalb katastrophaler Ereignisse. Marcel Proust etwa hat noch nie jemand als 
"eiskalten Genüssling der Barbarei" bezeichnet - obwohl sein "Marcel" als 
erzählende Instanz in der "Wiedergefundenen Zeit" doch das Bombardement von 
Paris durch die Deutschen zu Vergleichen mit dem "Walkürenritt" Wagners anregt 
(ein Motiv, das Francis Ford Coppola in "Apocalypse Now" aufgreift), während 
der säbelrasselnde französische Patriot Saint-Loup mit Schubert-Liedern und 
Wagner-Melodien auf den Lippen in den Krieg zieht, um seinem doppelsinnigen 
Namen Ehre zu erweisen. Vielleicht aber dachte Jünger in einem Seitenweg an 
Proust, wenn er den Blick von St.-Germain (auch der Name "Guermantes" hat in 
der Recherche eine germanische Konnotation) auf das Burgunderglas in seiner 
Hand schweifen ließ?

Thorsten Kraechan, Sulzbach/Saarland


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Delivered-To: juenger_...@yahoogroups.de
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        Thu, 06 May 2004 09:04:41 +0200
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Jünger <juenger-list.juenger.org>
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X-KMail-MDN-Sent:

In der Druckausgabe gibt's da noch eine Zeichnung des Portratierten dazu :)

Junge Freiheit, Nr. 20/04 vom 07. Mai 2004, Seite 3
Tobias Wimbauer

Alles Jünger

von Thorsten Thaler

Im Anfang war, nein, nicht das Wort, sondern ein Bild. Irgendwann Anfang der 
neunziger Jahre sah der Schüler Tobias Wimbauer in einer Freiburger 
Buchhandlung das von Horst Janssen gezeichnete Porträt Ernst Jüngers, dessen 
Ausstrahlung ihn faszinierte. Obschon ihm Jünger damals noch kein Begriff war - 
in der Schule kam der Jahrhundertdichter nicht vor -, wollte er das Bild 
unbedingt besitzen. Er ließ sich die Zeichnung zurücklegen, suchte sich einen 
Ferienjob und finanzierte so den Kauf. Der Grundstock seiner Jünger-Obsession 
war damit gelegt.

Inspiriert durch dieses Bild, las er auch sein erstes Jünger-Buch, das 
„Abenteuerliche Herz“, die zweite Fassung. Die Lektüre habe auf ihn wie eine 
Droge gewirkt, bekannte Wimbauer später in einem Interview mit der Zeitschrift 
Zinnober. Fortan las er alles von und über Jünger, was er in die Finger 
bekommen konnte. Heute, als 27jähriger, verfügt er mit weit über tausend 
Publikationen nicht nur über eine der deutschlandweit größten Privatsammlungen 
zu Ernst Jünger, sondern hat sich auch in die Sekundärliteratur eingeschrieben. 
So veröffentlichte er 1999 ein „Personenregister der Tagebücher Ernst Jüngers“, 
das 2003 in einer zweiten, erweiterten Fassung erschien und als unverzichtbares 
Hilfsmittel der Jünger-Forschung gilt.

Am 13. Juni 1976 in Überlingen am Bodensee geboren und in Freiburg im Breisgau 
auf-gewachsen, leistete Wimbauer nach dem Abitur zunächst Wehrdienst bei der 
Marine. Anschließend studierte er von 1999 bis 2002 Germanistik und Philosophie 
in Freiburg. Nach einem beruflichen Intermezzo im Verlagswesen setzt er seit 
diesem Frühjahr sein Germanistik-Studium an der Universität Wuppertal fort. 
Nebenher ist er als Autor tätig, schreibt Prosa und Lyrik, die er bislang 
vornehmlich als Privatdrucke vertreibt bzw. auf seiner Internetseite ( 
http://www.waldgaenger.de ) veröffentlicht.

Ein Großteil seiner Schaffenskraft richtet sich indes weiterhin auf die 
Beschäftigung mit Leben und Werk Ernst Jüngers. Zahlreiche Veröffentlichungen 
in Zeitungen, Zeitschriften und Sammelbänden haben Wimbauer in der 
Jünger-Gemeinde inzwischen den Ruf exzellenter Kennerschaft eingetragen, 
vergleichbar dem von Piet Tommissen unter Schmittianern.

Seit 2003 ist er zudem Herausgeber der Schriftenreihe „Das Luminar“ mit Texten 
zu Ernst und Friedrich Georg Jünger, deren dritter Band in diesen Tagen in der 
Edition Antaios erscheint. In einem eigenen Aufsatz bietet Wimbauer darin eine 
vollkommen neue Lesart der ebenso berühmten wie umstrittenen „Burgunderszene“ 
in Jüngers Kriegstagebuch „Strahlungen“ an (JF 18/04). Die neue Interpretation 
könnte „Anhänger wie Feinde Jüngers verwirren“, urteilte die FAZ in einer 
Vorab-Betrachtung und würdigte Wimbauer zutreffend als den „Detektiv des Lebens 
Ernst Jüngers“. Und so dürfen vor allem Jünger-Jünger auf weitere Fundstücke 
aus der Detektei Wimbauer hoffen.


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