Re: [rohrpost] Gegen den digitalen Stalinismus

2013-11-12 Diskussionsfäden brincken_pp

Hallo,

On 12.11.2013 11:22, hello | florian kuhlmann wrote:

Aber es gibt daneben noch zahlreiche andere Netz-Anwendungen, die -
ohne funktionale Bedenken - technisch und rechtlich besser in
Europa aufgehoben sind.


fyi

https://netzpolitik.org/2013/die-wunschliste-des-bundesinnenministerium-fuer-mehr-ueberwachung/


Hmm, der Zusammenhang geht mir nicht ganz auf.
Willst du sagen, die Daten sind in den USA immer noch besser aufgehoben 
als in der EU?


Gruß /
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Re: [rohrpost] Gegen den digitalen Stalinismus

2013-11-12 Diskussionsfäden hello | florian kuhlmann

Am 12.11.2013 um 10:46 schrieb brincken...@kanka.de:

> Aber es gibt daneben noch zahlreiche andere Netz-Anwendungen, die - ohne 
> funktionale Bedenken - technisch und rechtlich besser in Europa aufgehoben 
> sind.


fyi

https://netzpolitik.org/2013/die-wunschliste-des-bundesinnenministerium-fuer-mehr-ueberwachung/

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Re: [rohrpost] Gegen den digitalen Stalinismus

2013-11-12 Diskussionsfäden Armin Medosch



Aber es gibt daneben noch zahlreiche andere Netz-Anwendungen, die - ohne
funktionale Bedenken - technisch und rechtlich besser in Europa
aufgehoben sind.


wie zum Beispiel DNS Root Server ;-)

A



Gruß /


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Re: [rohrpost] Gegen den digitalen Stalinismus

2013-11-12 Diskussionsfäden brincken_pp

Hallo,

On 12.11.2013 10:16, Caspar Clemens Mierau wrote:

Wieso kritisiert Ihr "digitalen Stalinismus", wenn Ihr selber ein
"Europäisches Facebook" fordert und damit Grenzen im Netz ziehen wollt?


Das ist doch Wortklauberei. In dem "europäischen" Facebook wird man dann 
ja nicht US-Teilnehmer ausschließen, oder Aufrufe von dort blocken.
Man wird es nur auf europäischem Boden nach hiesigen rechtlichen 
Standards betreiben.


Wobei im Falle Facebuck fraglich ist, ob der Funktions-immanente Teil 
der Selbstentbößung nicht schädlicher ist als der restliche.


Aber es gibt daneben noch zahlreiche andere Netz-Anwendungen, die - ohne 
funktionale Bedenken - technisch und rechtlich besser in Europa 
aufgehoben sind.


Gruß /
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Bernd Brincken
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Re: [rohrpost] Gegen den digitalen Stalinismus

2013-11-12 Diskussionsfäden Caspar Clemens Mierau
Wieso kritisiert Ihr "digitalen Stalinismus", wenn Ihr selber ein
"Europäisches Facebook" fordert und damit Grenzen im Netz ziehen wollt?

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Re: [rohrpost] Gegen den digitalen Stalinismus

2013-11-12 Diskussionsfäden Krystian Woznicki
Hallo,

das Live-Video zum Beitrag von Thorsten Schilling findet sich hier:
http://vimeo.com/album/2603234/video/79024014

Die Berliner Gazette plant diesen Text in einem eBook aufzunehmen,
dass das Jahresthema (KOMPLIZEN) und die Jahrestagung (COMPLICITY)
aufarbeitet. Es soll Anfang Dez. diesen Jahres bei iRights.media erscheinen.

Viele Grüße,

Krystian

On 11/10/2013 06:39 PM, Thorsten Schilling wrote:
> Gegen den digitalen Stalinismus
> 
> von Thorsten Schilling
> 
> (überarbeitetes Grußwort für die Jahreskonferenz der Berliner Gazette,
> „Complicity“, am 09.11.2013)
> 
> Vor 24 Jahren fiel die Berliner Mauer und mit ihr der Eiserne Vorhang.
> Der kalte Krieg und damit der 2. Weltkrieg fand sein friedliches Ende.
> Heute sehen wir im Reich der digitalen Kultur neue Eiserne Vorhänge
> entstehen, dieses mal mitten in der westlichen Welt – es zeigen sich
> starke Symptome einer Art digitaler Stalinismus.
> 
> Die aggregierte Verbindung der zentralistischen und kaum kontrollierten
> Datenregimes und des darin versammelten Des/Informationsapparates von
> digitalen Konzernen wie Google, facebook, Amazon, Apple etc. und den
> Sicherheitsapparaten der Exekutive wie NSA u.a. können in Ihrer
> Machtballung gar nicht unterschätzt werden.
> 
> Mich erinnert einiges daran an Zustände hinter dem Eisernen Vorhang, wie
> ich sie in der DDR erfahren habe. Auch wenn historische Analogien immer
> schief sind, vielleicht helfen sie ja für einen Moment, sich der
> Tragweite der aktuellen Geschehnisse bewusster zu werden. Ich nenne das
> derzeit vorherrschende Datenregime deshalb einen aufkommenden „digitalen
> Stalinismus“.
> 
> Digitaler Stalinismus heißt:
> 
> - permanente massenhafte Überwachung von Kommunikation und Verhalten
> (z.B. als Konsumentendaten, Verbindungsdaten auf Plattformen etc., von
> Individuen, Institutionen, Gruppen etc.)
> - institutionalisierte Paranoia, versehen mit ungeheuren, maßlosen
> personellen, finanziellen und technischen Ressourcen
> - Bereiche unkontrollierter, für demokratische Kontrolle unzugänglicher
> (Über)Macht (der Herrschaftsraum arkaner Politik, im Namen von
> Nationalen Sicherheits-Interessen oder im Namen des Geschäftsgeheimnisses)
> - eine wachsende Kultur des Misstrauens, der Verdächtigungen, der
> Diffamierungen, Desinformationen und der diffusen Furcht im digitalen
> Alltag
> 
> Die Wirklichkeiten dieser vernetzten autoritären Praxis stellen
> substantielle Bedrohungen für grundlegende Werte und Regeln der
> liberalen Demokratie dar.
> 
> In weiten Bereichen des kommerzialisierten und überwachten digitalen
> Lebens gilt „habeas corpus“ kaum noch, unteilbare Rechte des Individuums
> existieren hier nicht mehr.
> Im Angesicht der großen und kleinen Datenfürsten wie Google, Amazon,
> facebook, NSA etc. kann es so etwas wie das Individuum nicht wirklich
> geben. Individuum bedeutet im Wortsinn unteilbar zu sein. In den
> digitalen Fürstentümern oder den Gulags kommerzieller Clouds habe ich
> als Einzelner aber alle Bestandteile meines Datenkorpus immer schon
> verloren gegeben und bestenfalls zurück geliehen bekommen.
> Hier kann und soll ich nicht Souverän meiner Daten sein. Wie im
> Stalinismus und anderen Absolutismen gibt es nur an der Spitze der
> Hierarchien noch so etwas wie einen Souverän, von dessen Güte oder
> Wahnsinn dann alle abhängig bleiben.
> Wo Un/Recht war, wird Un/Gnade sein.
> 
> Es ist eine der historische Aufgaben unserer Gegenwart, diesen Tendenzen
> und Praktiken eines neuen übermächtigen Autoritarismus wirksam entgegen
> zu treten.
> Eine Anfang könnte darin bestehen, sich unvoreingenommener mit den
> aktivistischen, dissidentischen Herangehensweisen und Kulturen zu
> konfrontieren. (Vielleicht ist ja Snowden ein Sacharow unserer Zeit? Wie
> dieser kommt er aus dem technische Apparat einer Supermacht. Es ist
> allerdings eine bittere und noch nicht durchschaubare Form der
> Komplizenschaft, wenn er nun unter der Obhut der Nachfahren des KGB sein
> Asyl fristet.)
> 
> In den dissidentischen Kulturen des Kalten Krieges waren Gewissensfragen
> leitend, waren die Werte unverzichtbarer Würde, demokratischer
> Freiheiten und Rechte das Prinzip des Handelns. Diese Werte und
> Gewissensentscheidungen wogen die Gefahren für Leib und Leben immer
> wieder auf, gaben der Entschiedenheit und dem persönlichen Mut im Alltag
> Kontur. Solche Haltungen sind heute wieder gefragt.
> 
> Aber dissidentische Praktiken, selbst kritische Expertenkulturen sind
> nicht die Lösung, sie können nur einen Anfang machen. Die Mauer ist 1989
> nicht durch ein paar Dutzend mutige Protestanten gestürzt worden. Erst
> als die Massen dabei waren, fiel das hohle Regime an seiner eigenen
> Schwäche zusammen.
> Die Ideen, Konzepte, Lösungsansätze, Forderungen, die in den
> verschiedenen kritischen Diskursen und Praktiken, sei es im Aktivismus,
> sei es in der Publizistik, in wissenschaftlichen oder technischen
> Netzwerken kursieren, müssen neu zusammenfinden und Einzug in den
> Mainstream de

[rohrpost] Gegen den digitalen Stalinismus

2013-11-11 Diskussionsfäden Thorsten Schilling

Gegen den digitalen Stalinismus

von Thorsten Schilling

(überarbeitetes Grußwort für die Jahreskonferenz der Berliner Gazette, 
„Complicity“, am 09.11.2013)


Vor 24 Jahren fiel die Berliner Mauer und mit ihr der Eiserne Vorhang. 
Der kalte Krieg und damit der 2. Weltkrieg fand sein friedliches Ende. 
Heute sehen wir im Reich der digitalen Kultur neue Eiserne Vorhänge 
entstehen, dieses mal mitten in der westlichen Welt – es zeigen sich 
starke Symptome einer Art digitaler Stalinismus.


Die aggregierte Verbindung der zentralistischen und kaum kontrollierten 
Datenregimes und des darin versammelten Des/Informationsapparates von 
digitalen Konzernen wie Google, facebook, Amazon, Apple etc. und den 
Sicherheitsapparaten der Exekutive wie NSA u.a. können in Ihrer 
Machtballung gar nicht unterschätzt werden.


Mich erinnert einiges daran an Zustände hinter dem Eisernen Vorhang, wie 
ich sie in der DDR erfahren habe. Auch wenn historische Analogien immer 
schief sind, vielleicht helfen sie ja für einen Moment, sich der 
Tragweite der aktuellen Geschehnisse bewusster zu werden. Ich nenne das 
derzeit vorherrschende Datenregime deshalb einen aufkommenden „digitalen 
Stalinismus“.


Digitaler Stalinismus heißt:

- permanente massenhafte Überwachung von Kommunikation und Verhalten 
(z.B. als Konsumentendaten, Verbindungsdaten auf Plattformen etc., von 
Individuen, Institutionen, Gruppen etc.)
- institutionalisierte Paranoia, versehen mit ungeheuren, maßlosen 
personellen, finanziellen und technischen Ressourcen
- Bereiche unkontrollierter, für demokratische Kontrolle unzugänglicher 
(Über)Macht (der Herrschaftsraum arkaner Politik, im Namen von 
Nationalen Sicherheits-Interessen oder im Namen des Geschäftsgeheimnisses)
- eine wachsende Kultur des Misstrauens, der Verdächtigungen, der 
Diffamierungen, Desinformationen und der diffusen Furcht im digitalen Alltag


Die Wirklichkeiten dieser vernetzten autoritären Praxis stellen 
substantielle Bedrohungen für grundlegende Werte und Regeln der 
liberalen Demokratie dar.


In weiten Bereichen des kommerzialisierten und überwachten digitalen 
Lebens gilt „habeas corpus“ kaum noch, unteilbare Rechte des Individuums 
existieren hier nicht mehr.
Im Angesicht der großen und kleinen Datenfürsten wie Google, Amazon, 
facebook, NSA etc. kann es so etwas wie das Individuum nicht wirklich 
geben. Individuum bedeutet im Wortsinn unteilbar zu sein. In den 
digitalen Fürstentümern oder den Gulags kommerzieller Clouds habe ich 
als Einzelner aber alle Bestandteile meines Datenkorpus immer schon 
verloren gegeben und bestenfalls zurück geliehen bekommen.
Hier kann und soll ich nicht Souverän meiner Daten sein. Wie im 
Stalinismus und anderen Absolutismen gibt es nur an der Spitze der 
Hierarchien noch so etwas wie einen Souverän, von dessen Güte oder 
Wahnsinn dann alle abhängig bleiben.

Wo Un/Recht war, wird Un/Gnade sein.

Es ist eine der historische Aufgaben unserer Gegenwart, diesen Tendenzen 
und Praktiken eines neuen übermächtigen Autoritarismus wirksam entgegen 
zu treten.
Eine Anfang könnte darin bestehen, sich unvoreingenommener mit den 
aktivistischen, dissidentischen Herangehensweisen und Kulturen zu 
konfrontieren. (Vielleicht ist ja Snowden ein Sacharow unserer Zeit? Wie 
dieser kommt er aus dem technische Apparat einer Supermacht. Es ist 
allerdings eine bittere und noch nicht durchschaubare Form der 
Komplizenschaft, wenn er nun unter der Obhut der Nachfahren des KGB sein 
Asyl fristet.)


In den dissidentischen Kulturen des Kalten Krieges waren Gewissensfragen 
leitend, waren die Werte unverzichtbarer Würde, demokratischer 
Freiheiten und Rechte das Prinzip des Handelns. Diese Werte und 
Gewissensentscheidungen wogen die Gefahren für Leib und Leben immer 
wieder auf, gaben der Entschiedenheit und dem persönlichen Mut im Alltag 
Kontur. Solche Haltungen sind heute wieder gefragt.


Aber dissidentische Praktiken, selbst kritische Expertenkulturen sind 
nicht die Lösung, sie können nur einen Anfang machen. Die Mauer ist 1989 
nicht durch ein paar Dutzend mutige Protestanten gestürzt worden. Erst 
als die Massen dabei waren, fiel das hohle Regime an seiner eigenen 
Schwäche zusammen.
Die Ideen, Konzepte, Lösungsansätze, Forderungen, die in den 
verschiedenen kritischen Diskursen und Praktiken, sei es im Aktivismus, 
sei es in der Publizistik, in wissenschaftlichen oder technischen 
Netzwerken kursieren, müssen neu zusammenfinden und Einzug in den 
Mainstream der öffentlichen Debatten halten. Das Unbehagen muss 
politisch werden.
Denn Alternativen zum digitalen Stalinismus sind möglich und ja auch 
schon bzw. immer noch wirklich. Neue Allianzen müssen dafür gefunden und 
eingegangen werden.


Die Bedrohung des klassischen Geschäftsmodells des 
privatwirtschaftlichen Journalismus durch die Oligopole von Google etc. 
auf dem digitalen Werbemarkt bringt die Interessen von Verlegern näher 
an kritische, ja auch aktivistische Diskurse als beiden Seiten bisher 
bewusst zu sein