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Aufruf zu Beiträgen

Theme: Normkonzepte hegemonialer Deutungsmacht
Subtitle: Race, Class, Gender und Ability im Spannungsfeld von
Diversitäts- und Identitätskonzepten
Type: Interdisziplinäre Konferenz
Institution: Netzwerk (Neo)Rassismus & Bildung
   Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
Location: Ludwigsburg (Deutschland)
Date: 11.–13.10.2018
Deadline: 15.1.2018

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In unserer seit der Moderne durch scheinbare Eindeutigkeit geprägten
Welt wird Vielfalt zur Herausforderung, denn: Vielfalt stört
Eindeutigkeit. Als Folge davon werden Diversity und Intersectional
Konzepte allzu leicht als postmoderne Auflösungserscheinungen
gebrandmarkt: `Postmoderne` Vielfalt gerät in einen Gegensatz zur
`modernen` Ordnung (auch der Blicke). Dies erscheint umso
erstaunlicher, als die Gleichheit der Menschen sowohl
menschenrechtlich wie auch rechtsstaatlich zu einem nahezu
weltumspannenden Konsens geworden ist, der als noch offene und zu
realisierende Zukunft eine zentrale Aufgabe des menschlichen Handelns
darstellt.

Immer wieder begegnen uns im Alltag Begriffe wie z.B. gender oder
Ethnie. Meist werden sie verwendet, um auf einen Missstand
hinzuweisen: Wer die Berücksichtigung von gender- Aspekten
einfordert, verweist darauf, dass Frauen trotz Gleichheitsgrundsatz
nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Bezugnahme auf ethnische
(race) Konzepte zeigt an, dass die so sichtbar gemachten Personen
nicht aus dem eigenen Kulturkreis stammen, was offensichtlich
bemerkenswert und für die Betroffenen folgenreich ist.

Etabliert sich ein solcher Begriff im Sprachgebrauch, geht dies mit
einer Festsetzung der Bestimmung einher. Begriffe werden im Sinne
bloßer Behauptungen definiert, wir haben es sozusagen mit
Definitionen ohne Definition zu tun. Die Bedeutung wird nicht mehr am
Gebrauch gezeigt und von diesem her abgeleitet, sondern als
unhintergehbare Norm vorausgesetzt. Konzepte werden ausgearbeitet,
die eine Verwendung auf bestimmte Bereiche reduzieren. Den Begriff
des ‚Geschlechts’ beispielsweise, ist a) eine kulturelle Setzung
durch die Biologie in weibliches und männliches Geschlecht, aber auch
b) nicht allein auf biologische Aspekte zu begrenzen. Denn wir
verwenden Geschlecht ebenso in der Musik (Dur/Moll) oder
historisch/sozialpolitisch, wenn es um Adelsgeschlechter geht. Im
Spiel unserer Sprachspiele legen wir jeweils die Norm fest. Es liegt
also an uns, wie viele Familienähnlichkeiten wir unter dem Begriff
Geschlecht gebrauchen wollen. Die gegenteilige Annahme setzt eine
metaphysische Normierung voraus, deren wir nicht habhaft werden.
Vollständige Determination ist dann die Folge, bei der unser
Sprachgebrauch vollständig fremdgelenkt wird. Im Diskurs erfahren
solche Begriffe eine Hierarchisierung, denn ihre Bedeutung wird nicht
mehr diskutiert. Sie werden schlicht vorausgesetzt, um ihre
Bedeutungshoheit kann nur noch gestritten werden. Hierarchisierende
Konzeptualisierungen haben meist zur Folge, dass sie für einen
kreativen interdisziplinären Diskurs, der bestehende Probleme
lösungsorientiert angehen will, nicht mehr tragfähig sind. Sie
verkommen zu leeren Worthülsen, deren ursprünglich dynamische
Verwendungsweise auf ein statisches Fundament reduziert wurde: die
Norm.

Im Fokus der geplanten Konferenz steht daher eine kritische
Auseinandersetzung mit beobachteten Deutungsmachtkonflikten innerhalb
der unterschiedlichen Disziplinen, sowie deren Umgang mit diesen
Konflikten. Gleichzeitig kann eine solche Auseinandersetzung zur
Schärfung scheinbar konsensfähiger Begrifflichkeiten beitragen.
Deutungsmachtkonflikte zeigen sich in den machtbesetzten Diskursen um
die Deutungshoheit eines Begriffs. Wer verfügt über die richtige
Bedeutung des Begriffs? – derjenige wird zum `Hüter der Wahrheit`.
Nur darum geht es im Wettstreit um die eine richtige Bedeutung.

Die Konferenz zielt entsprechend auf einen kritischen und
differenzierten Umgang mit hegemonialen Deutungskonzepten und den an
diese gebundenen Machtstrukturen, die sich in den jeweiligen
Disziplinen – und auch interdisziplinär – finden lassen. Ziel der
Debatten wird dezidiert nicht sein, die ausgemachten Differenzen dann
wieder zu eigenen Konzepten zu verdichten. Vielmehr können diese
Differenzen als die verschiedenen Aspekte eines komplexen Phänomens
wahrgenommen werden, das sich an konkreten Erfahrungen orientiert.
Die Rückübersetzung dieser Offenheit in die jeweiligen
Bezugsdisziplinen kann dann als Aufgabe wissenschaftlicher
Reflexionen verstanden werden.

Eingereicht werden können Abstracts einer Länge von bis zu 500
Wörtern bis zum 15. Januar 2018 an: tony.pac...@wts.uni-heidelberg.de

Eine definitive Entscheidung wird spätestens bis 15. Februar 2018
bekannt gegeben.

Organisatoren:
Prof. Dr. Bärbel Völkel (PH Ludwigsburg)
Dr. Tony Pacyna (Universität Heidelberg)

Website der Konferenz:
http://www.netzwerk-neorassismus-bildung.org/Konferenzen/




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