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Aufruf zu Publikationen Theme: Politische Theorien der Grenze Publication: Zeitschrift für Praktische Philosophie Date: Themenheft Deadline: 31.7.2019 __________________________________________________ In gegenwärtigen politikphilosophischen und -theoretischen Debatten zu Migration und Flucht wird die Existenz von Grenzen zwar stets zugrunde gelegt, jedoch kaum als eigenständiges Problem beachtet und kritisch reflektiert. So werden Grenzen innerhalb der vorherrschenden normativen Diskursstränge zu Aufnahme bzw. Integration von „Fremden“ in demokratische Staaten und national organisierte Gesellschaften vornehmlich in der rechtsphilosophischen Tradition territorialer Trennlinien begriffen, die es – je nachdem, ob für ein right to exclude oder für open borders argumentiert wird – entweder zu verteidigen oder zu überwinden gilt. Gegen die impliziten Annahmen derartiger Ansätze, die Grenzen weitgehend auf geographische Erscheinungsformen rechtsstaatlicher Gebilde reduzieren, zielt der Themenschwerpunkt darauf ab, das Phänomen der Grenze (sowie für dieses konstitutive Verfahren und Praktiken der Grenzziehung) in seinem komplexen Charakter anschaulich zu machen und zu problematisieren. In diesem Zusammenhang soll nicht zuletzt die konventionelle politische Imagination auf den Prüfstand gestellt werden, die aktuelle Diskurse zur Regelung von Ein- und Ausschluss in politischer Theorie und Praxis maßgeblich bestimmt: Dieser zufolge schließen Grenzen ein konturiertes, von „Mitgliedern“ (d.h. von Staatsbürger*innen) bewohntes Innen gegen ein amorphes Außen ab, aus welchem „Nicht-Mitglieder“ (d.h. Migrant*innen, Geflüchtete oder Staatenlose) „zuströmen“, wobei staatlich-rechtlich verfasste Territorien in Analogie zu abgeschlossenen Systemen wie z.B. dem Staat als Haus oder als Schiff begriffen werden. Auch die verbreitete Annahme, die Konstellation zwischen „Neuankömmlingen“ und aufnehmenden Staaten bzw. Gesellschaften lasse sich im Sinne einer Gerichtsverhandlung verstehen (bei welcher deren Entscheidungsträger*innen und „alteingesessenen“ Bürger-Mitgliedern die Richterrolle zufällt), fußt auf dieser reduktiven Vorstellung. Alternative Theorisierungen der Grenze, die sich um eine sozialwissenschaftlich genauere, begrifflich differenziertere Erfassung derselben bemühen, können sich dabei u.a. an folgenden Fragen orientieren: Inwiefern sind Grenzen als Übergänge ermöglichende Schwellen bzw. als Kontakt verhindernde Barrieren oder Zonen zu verstehen? Worin besteht die eigentümliche Wirksamkeit von Grenze/Grenzziehung, deren konstruierter, kontingenter Charakter vielfach durch Naturalisierungen oder Pseudo-Objektivierungen verschleiert wird? Wie verhalten sich neue Formen von Grenze/Grenzziehung (z.B. biometrische Datenbanken, Strategien des „Outsourcing“, Einsatz von Drohnen) zu traditionellen Mechanismen geographischer Trennung (wie Mauern oder check points)? In welcher Weise wirken sich Grenzen/Grenzziehungen auf das Verständnis des demos, d.h. der demokratischen politischen Gemeinschaft als impermeabel bzw. permeabel aus? In welcher Art wären Grenzen anders zu denken und zu regeln, um „wirkliche Demokratie“ im Sinne Hannah Arendts zu gewährleisten, die über den Schutz bürgerlicher Grundrechte hinausgeht? Welche politisch-rechtlichen und welche „gelebten“ Möglichkeiten bestehen, Formen von Koexistenz zu realisieren, die nicht auf scharfe Trennlinien zwischen Innen und Außen, Mitgliedschaft und Nicht-Mitgliedschaft rekurrieren? Und in welcher Art werden Grenzen/Grenzziehungen von kritischen Lebensformen transnationaler, kosmopolitischer Mobilität durchkreuzt, in denen eine unabhängige politische Subjektivität und Handlungsfähigkeit zum Ausdruck kommt, die sich von der bürgerlichen unterscheidet und die diese herausfordert? Um den argumentativen Charakter des Themenschwerpunktes „Politische Theorien der Grenze“ zu gewährleisten, suchen wir sachlich wie auch methodologisch vielfältige Originalbeiträge in deutscher Sprache mit einer Länge von 40.000 bis 60.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen). Diese sind bis zum 31. Juli 2019 an die Herausgeber Florian Grosser und Andreas Oberprantacher zu schicken. Herausgeber: Florian Grosser California College of the Arts, San Francisco University of California, Berkeley Email: fgros...@cca.edu Andreas Oberprantacher Universität Innsbruck Email: andreas.oberprantac...@uibk.ac.at Website der Zeitschrift: https://www.praktische-philosophie.org __________________________________________________ InterPhil List Administration: https://interphil.polylog.org InterPhil List Archive: https://www.mail-archive.com/interphil@list.polylog.org/ __________________________________________________