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Viehzucht ernährt 1,3 Milliarden Menschen

Thema für den Rio+20-Erdgipfel

Von Johanna Treblin

New York, 2. Mai (IPS) – Auf der UN-Nachhaltigkeitskonferenz 'Rio+20' [1]
werden im Juni nicht nur menschliche Entwicklung und Artenschutz im
Blickpunkt stehen. Die Vertreter Hunderter Staaten und
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) werden in Rio de Janeiro auch über das
Wohlergehen von Nutztieren und nachhaltige Landwirtschaft diskutieren.

Die Initiative dazu ging von der Welttierschutzgesellschaft [2] (WSPA) sowie
von den Regierungen der G-77-Entwicklungsländer, der Schweiz und Neuseelands
aus. Gemeinsam beteiligten sie sich an dem Entwurf des Abschlussdokuments
[3] von 'Rio+20', über das im Juni auf dem Gipfel verhandelt werden soll.

Darin werden alle Staaten aufgerufen, "der nachhaltigen Intensivierung der
Nahrungsproduktion durch höhere Investitionen in die lokale
Nahrungsproduktion Priorität zu verleihen", insbesondere im Hinblick auf
Frauen, Kleinbauern, Jugendliche und indigene Bauern. In dem Entwurf wird
außerdem ein verstärkter "Einsatz geeigneter Technologien für nachhaltige
Landwirtschaft" gefordert.

Die WSPA, die sich nicht nur als Tierschutzorganisation, sondern auch als
Unterstützerin einer nachhaltigen Landwirtschaft betrachtet, sieht die
nachhaltige Viehzucht als Teil eines Nahrungs- und Agrarsystems, das
umweltverträglich, für Bauern und Landgemeinden und andere Teile der
Gesellschaft gerecht sowie hinsichtlich der Nutzung und Behandlung von Vieh
human sein soll.

Für 70 Prozent der ländlichen Armen ist Vieh überlebenswichtig

Nach Angaben der UN-Agrarorganisation FAO sichert der Viehzuchtsektor
weltweit 1,3 Milliarden Menschen ein Auskommen– mehr als ein Sechstel der
gesamten Erdbevölkerung. Was die ländlichen Armen angeht, ist der Anteil
sogar noch höher. Sie sind zu 70 Prozent von der Viehzucht abhängig.

Die industrielle Landwirtschaft, die insbesondere die Existenz der
Kleinbauern bedroht [4] und zugleich das sozio-ökonomische Gefüge und die
Umwelt schädigt, kam in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf.

"Der alte Vertrag über eine verantwortliche Führungsrolle, den die Bauern
Tausende Jahre lang einhielten, wurde durch Methoden der Massentierhaltung
ersetzt, die ethische Praktiken zugunsten größerer wirtschaftlicher
Profitabilität abschafften", heißt es in einem 2010 veröffentlichten Artikel
[5] in der Fachzeitschrift 'Holistic Nursing Practice'. Gewinne seien "auf
Kosten des Wohlergehens von Tieren und um den Preis einer Zunahme möglicher
gesundheitsschädigender Folgen für die Öffentlichkeit" erwirtschaftet
worden.

"Massentierhaltung ist nicht nachhaltig und schadet überdies dem Klima",
kritisierte auch Dinah Fuentesfina von WSPA Thailand. Tatsächlich entstehen
durch die Viehzucht mehr Treibhausgasemissionen als durch Autofahren, wie
zudem aus einem 2006 verbreiteten FAO-Bericht [6] hervorgeht. Außerdem trage
sie maßgeblich zur Degradation von Böden und Gewässern bei. "Die Viehzucht
ist einer der wichtigsten Auslöser für die gravierendsten Umweltprobleme in
der heutigen Zeit", erklärte Henning Steinfeld, der Hauptautor des Reports.

"Bei der Rio+20-Konferenz geht es um Armutsbekämpfung. Um in dieser Hinsicht
erfolgreich zu sein, darf man so wichtige Bereiche wie Landwirtschaft und
Viehzucht keinesfalls ausklammern", sagte Stephen Chacha von WSPA Tansania.
"Die Regierung müssen darauf größeren Nachdruck legen."

Mehr als 100.000 Unterschriften gegen Massentierhaltung

Um die auf dem Rio-Gipfel vertretenen Regierungen davon zu überzeugen, sich
bei ihren Beratungen auch mit Viehzucht zu befassen, hatte die NGO mehr als
100.000 Unterschriften in rund 165 Ländern gesammelt [7]. WSPA übergab am
25. April in New York eine an die Vorsitzenden der Konferenz, John W. Ashe
und Sook Kim, gerichtete Petition. Die verantwortlichen Koordinatoren der
UN-Konferenz, Elizabeth Thompson und Brice Lalonde, sicherten zu, die
Unterschriften weiterzuleiten.

Die Petition ist Teil einer WSPA-Kampagne [8], die erreichen will, dass das
Wohlergehen von Tieren auf die Rio+20-Agenda gesetzt wird. Auf der ganzen
Welt entstehen immer mehr Bewegungen, die die Bedeutung des Tierschutzes für
Umwelt- und Klimaschutz sowie für die menschliche Gesundheit hervorheben.
Zahlreiche Studien und Gruppen haben herausgefunden, dass das Wohlergehen
von Tieren im Zusammenhang mit der Nahrungssicherheit steht.

"Die Standards für das Wohlergehens von Tieren und den Umgang mit ihnen,
einschließlich des Fütterns, der Unterbringung und der Haltung, können sich
auf das Auftreten nahrungsbedingte Krankheiten auswirken", heißt es auf der
Website der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit [9] (EFSA).

Obwohl die Konsumenten sich allmählich bewusster für bestimmte Lebensmittel
entscheiden, muss sich die Bewegung noch gegenüber der industriellen
Landwirtschaft durchsetzen. Im Kampf für ein nachhaltiges und
umweltverträgliches Agrarsystem kann der Fortschritt quälend langsam
vonstatten gehen.

'Burger King' will Eier von glücklichen Hühnern verwenden

Kürzlich kündigte immerhin die Fastfood-Kette 'Burger King' einen größeren
Strategiewechsel an [10]. In den über 7.200 Restaurants in den USA sollen
spätestens 2017 nur noch Eier freilaufender Hühner verwendet werden. Diese
Zahl entspricht mehr als der Hälfte der insgesamt rund 12.500
'Burger-King'-Filialen in 81 Ländern und Territorien. Ob auch außerhalb der
USA auf Eier aus Käfighaltung verzichtet werden soll, steht allerdings noch
nicht fest. (Ende/IPS/ck/2012)

Links:

[1] http://www.uncsd2012.org/rio20/
[2] http://www.wspa.de/
[3] http://uncsd2012.org/rio20/index.php?page=view&type=12&nr=324&menu=20
[4] http://www.twnside.org.sg/title2/susagri/susagri087.htm
[5] http://journals.lww.com/hnpjournal/Fulltext/2010/05000/.8
[6] http://www.un.org/apps/news/story.asp?newsID=20772&CR1=warning
[7] http://prn.to/JOg1iA
[8] http://www.wspa-international.org/pawprint/
[9] http://www.efsa.europa.eu/
[10] http://usat.ly/Jo8J7z

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