Hungerstreik und Revolte in Berliner Gefängnissen!?

 

Mitteilung und gleichzeitig Offener Brief an Justizsenator Heilmann der 
Gesamtinsassenvertretung der JVA Tegel, der Gesamtverwahrtenvertretung und der 
Redaktionsgemeinschaft "der lichtblick", Deutschlands auflagenstärkster und 
einzig unzensierter Gefangenenzeitung aus der JVA Berlin-Tegel, besonders an 
Journalistenkollegen - bitte berichten Sie darüber . 

 

In Berliner Gefängnissen rumort es mächtig: gesetzeswidrige 
Lockerungsverweigerung, gesetzeswidrige Nicht-Entlassung, gesetzeswidrige 
Unterbringung, gesetzeswidrige Nicht-Behandlung. Gefangene und 
Sicherungsverwahrte, die unter diesen Verhältnissen in Berliner Gefängnissen 
eingepfercht sind, beschweren sich - ganz zu Recht: der Berliner Justizsenat 
praktiziert einen Vollzug, der Gesetze missachtet, vorsätzlich die Sicherheit 
der Bevölkerung gefährdet und weder wissensbasiert, noch human, noch 
sozialstaatlich mit seinen Gefangenen umgeht. Und die Folgen werden sich nicht 
nur auf Klagewellen, Hungerstreiks und Gefängnisrevolten beschränken, sondern 
verfehlte Strafvollzugspolitik schadet jedem Berliner Bürger!

 

Fernab von populistischer Berichterstattung über den zum 5-Sterne-Hotel 
hochstilisierten Gefängnisneubau (JVA Heidering) praktiziert der Berliner 
Justizsenat einen Strafvollzug, der bewährte und gesetzlich geforderte 
Maßnahmen der Straftäterbehandlung nicht bzw. nur eingeschränkt anwendet.

Gefangene, Rechtsanwälte, Organisationen der Straffälligenhilfe, Beiräte und 
Wissenschaftler rügen den Berliner Strafvollzug:

-          Lockerungen werden allenfalls wie Goldstaub gewährt: die 
Lockerungsquote ist im Geschlossenen Vollzug in Berlin im Jahr 2012 massiv 
reduziert worden. Gründe hierfür sind nicht erkennbar - im Gegenteil: 
Lockerungen sind bewährtes Behandlungsinstrument, gesetzlich verankert und 
erhöhen erwiesenermaßen nachhaltig die Sicherheit der Bevölkerung!

-          Vorzeitige Entlassungen zum sogenannten 2/3-Zeitpunkt, die das 
Strafgesetzbuch als wichtiges Instrument benennt, werden in Berlin 
außerordentlich selten gewährt. U.a. bedeutet dies unnötige Kosten für den 
Steuerzahler - diese Gefangenen sind bereits wieder temporär frei, ein langer 
Verbleib im Offenen Vollzug über den 2/3-Zeitpunkt hinaus ist - sofern keine 
besonderen Gründe im Einzelfall vorliegen - nicht angezeigt.

-          Berlin hat unlängst die Doppelbelegung wieder eingeführt, mehrere 
Gefangene werden in einer Zelle eingepfercht. Gerichte haben dies immer wieder 
gerügt - trotzdem kehrt der Berliner Justizsenat zu dieser Praxis zurück.

-          Ersatzfreiheitsstrafer werden im Geschlossenen Vollzug 
untergebracht: Bürger, die eine Geldstrafe absitzen, werden neuerdings vermehrt 
im Hochsicherheits-Knast eingekerkert - dies führt nicht nur zu angespannter 
Belegungssituation, sondern ist Ausdruck besonderer Gnadenlosigkeit und Härte.

-          Im Gefängnis sollen Menschen mit Fehlern und Schwächen so behandelt 
werden, dass sie nach Verbüßung ihrer Strafe und Entlassung ein normales Leben 
ohne Straftaten führen (können). Nicht nur das Gesetz schreibt es dem Vollzug 
ins Aufgabenheft, sondern auch gesunder Menschenverstand legt es nahe und die 
Bevölkerung fordert es zu Recht: Straftaten müssen verhindert werden - hierzu 
braucht es jedoch die sogenannte Behandlung. Der Berliner Justizsenat jedoch 
beschäftigt für diese Aufgabe aktuell nur noch eine einzige Person für ca. 
50-60 Gefangene.

 

Es ist bald ein Jahrzehnt her, dass in einem deutschen Gefängnis revoltiert 
wurde - im damals CDU-regierten Hamburg praktizierten Innensenator Schill und 
Justizsenator Kusch einen gesetzeswidrigen, hirnverbrannten, widerlichen 
Strafvollzug . Kusch und Schill sind in der Gosse gelandet, der Strafvollzug 
musste in Hamburg mühsam wieder so aufgebaut werden, dass er das Gesetz 
einhält, Sinn macht und Einzelne und Bevölkerung nicht beschädigt.

 

Sehr geehrter Herr Senator Heilmann - die Gefangenen bitten darum,

-          die gesetzlich nicht gestattete Doppelbelegung unverzüglich zu 
beenden,

-          Ersatzfreiheitsstrafer nicht im Hochsicherheitsknast unterzubringen, 
sondern zu entlassen,

-          Sozialarbeiter für die Ihnen zur Behandlung anvertrauten Gefangenen 
in ausreichender Zahl zu beschäftigen,

-          Lockerungen gesetzestreu zu gewähren,

-          mit vorzeitigen Entlassungen den Steuerzahler zu entlasten,

-          Vollzugskonzepte anzuwenden, die der Erreichung des Vollzugszieles 
dienlich sind

 

Kurzum: Senator Heilmann - lassen Sie den Berliner Strafvollzug nicht in der 
Gosse landen!

Und wieso:

-          beginnen Sie jetzt  in der JVA Moabit Baumaßnahmen, die zu 
gesetzeswidriger Doppelbelegung führen?; 

-          wollen Sie Umbauten für die Sicherungsverwahrten vornehmen, die 
diese selbst nicht wollen, viel Geld kosten und zu Beeinträchtigungen für alle 
Gefangenen in der JVA Tegel führen?;

-          beschäftigen Sie Sozialarbeiter nicht weiter, sondern setzen diese 
vor die Türe?;

-          wollen Sie für Unruhe sorgende, unsinnige Verlegungsorgien 
veranstalten?;

-          schließen Sie jetzt das Gefängnis in der Lehrter Straße und bringen 
deshalb bspw. Ersatzfreiheitstrafer teuer und grauslich im Hochsicherheitsknast 
unter?

Die Berliner Gefangenen kündigen Hungerstreik und Revolte an! Wenden Sie diese 
selbstverschuldete Katastrophe ab, halten Sie sich an das Gesetz und schädigen 
Sie die Bevölkerung nicht!

 

Die Redaktionsgemeinschaft "der lichtblick", die Gesamtinsassenvertretung der 
JVA Tegel, die Gesamtverwahrtenvertretung

Gefangenenzeitung
der lichtblick
Seidelstraße 39
D-13507 Berlin

fon +49 (30) 90 147 2329
fax +49 (30) 90 147 2329
mail:gefangenenzeitung-lichtbl...@jva-tegel.de
internet: www.lichtblick-zeitung.de

 

"der lichtblick" gewährt Blicke über hohe Mauern und durch verriegelte Türen. 
Er versteht sich als Sprachrohr der Gefangenen: Er macht auf Missstände 
aufmerksam und kämpft für einen humanen, sozialstaatlichen und wissensbasierten 
Strafvollzug. Oft nimmt er eine vermittelnde Position zwischen dem 
Resozialisierungsanspruch der Gefangenen und dem Schutzbedürfnis der 
Bevölkerung ein; dass das Eine das Andere befördert und verstärkt, kann gar 
nicht oft und deutlich genug betont werden. Neben kriminal- und 
strafvollzugspolitischem Engagement initiiert "der lichtblick" "Berührungen" 
zwischen drinnen und draußen und fungiert als Kontaktstelle. Nicht zuletzt ist 
"der lichtblick" die Lieblingszeitung vieler Insassen - und wird auch von 
Justiz, Politik und Wissenschaft gelesen.

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Zuspruch ist uns sehr willkommen: schreiben Sie uns eine E-Mail, erhalten Sie 
regelmäßig das Neueste von drinnen und gestalten Sie unsere Gesellschaft - 
deren Umgang mit Delinquenz - mit!

 

 

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