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NABU - P R E S S E D I E N S T  ----  NR. 6/12 ---- 17.1.2012 
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NABU: Nach menschlicher Tragödie der „Concordia“ droht eine
Umweltkatastrophe
Tschimpke: Verunglücktes Kreuzfahrtschiff hat Tausende Tonnen Schweröl
gebunkert
 Berlin – Nach den menschlichen Tragödien auf dem verunglückten
Luxusliner „Costa Concordia“ vor der Mittelmeerinsel Giglio droht jetzt
auch noch eine Umweltkatastrophe, denn das Schiff hat bis zu 2400 Tonnen
Diesel- und Schweröl als Treibstoff gebunkert, warnt NABU-Präsident Olaf
Tschimpke. Natürlich steht die Rettung der Vermissten im Vordergrund.
Doch zugleich wächst die Gefahr, dass das havarierte Schiff, das nahe
dem Hafen Giglio Porto in knapp 30 Meter Wassertiefe auf Grund liegt und
fast 80 Grad Schlagseite hat, am steilen Hang in tieferes Wasser
abrutscht. 
Noch treten keine größeren Mengen Öl aus, aber wie lange die Tanks noch
halten ist ungewiss. „Bei einem Austritt stellt das Öl eine tödliche
Gefahr für zehntausende Meerestiere dar, die in dem 1996 gegründeten
Nationalpark Toskanischer Archipel leben“, erklärt
NABU-Meeresschutzexperte Dr. Kim Detloff. „Bereits wenige Tropfen Öl
führen dazu, dass das Federkleid von Seevögeln seine isolierende
Wirkung verliert. Die giftigen Inhaltsstoffe schädigen zudem das Immun-
und Fortpflanzungssystem sowie die Leber von Meerestieren und führen zu
erhöhten Krebsraten.“ Der NABU-Meeresbiologe arbeitete mehr als drei
Jahre auf Giglio und kennt die einzigartige Unterwasserwelt gut. Er
sorgt sich um die faszinierende Artenvielfalt. Das Tyrrhenische Meer an
Italiens Westküste ist eine sogenannte biogeographische Übergangsregion
und zeichnet sich durch eine für das Mittelmeer besonders hohe
Artenvielfalt aus. So leben hier zahllose wärmeliebende, subtropische
Arten wie Papageienfische oder der Rotviolette Seestern, aber auch
atlantische Arten wie Sardinen oder Eisseesterne. 
Tausende Sporttaucher kommen jedes Jahr nach Giglio. Besonders beliebt
sind die Steilwände und Überhänge, die dicht mit Hornkorallen,
Steinkorallen und Schwämmen bewachsen sind. Das ganze Jahr sind große
Schwärme von Barrakudas, Meerbrassen und  bunten Lippfischen zu
beobachten und immer wieder ziehen Delfinschulen und vereinzelte
Zahn-oder Bartenwale an der Insel vorbei. Auch Ornithologen schätzen die
kleine Granitinsel. Giglio ist ein Trittstein für den europäischen
Vogelzug, hier leben die stark bedrohten Sturmtaucher und an der
Südwestküste liegt eine Kolonie der seltenen Korallenmöwe.
„Unvorstellbar, wenn jetzt hunderte Tonnen Öl dieses Tierparadies
bedrohen sollten“, sorgt sich Detloff. „Zwar bereiten sich die Retter
inzwischen auf dieses Szenario vor, Pumpen und Tankschiffe stehen bereit
und erste Ölsperren sind ausgebracht, doch die Schiffskatastrophen der
Vergangenheit zeigen, dass es praktisch unmöglich ist, alles austretende
Öl abzufangen. Zudem nimmt Schweröl in kaltem Zustand eine teerartige
Konsistenz an, was das Abpumpen erschwert“, erklärt der NABU-Experte. 
Eine besondere Gefahr ist auch bei diesem Schiffsunglück die Tatsache,
dass die großen Reedereien nach wie vor überall, außer in besonderen
Schutzgebieten, mit billigem Schweröl als Treibstoff für ihre
Kreuzfahrtschiffe fahren und nicht mit weniger schädlichem
Schiffsdiesel. Das Abfallprodukt Schweröl ist hoch giftig und erzeugt
besonders gesundheitsgefährdende Emissionen sowie Rußpartikel, die den
Klimawandel beschleunigen. Und auch im Falle einer Havarie ist Schweröl
sehr viel schwerer zu bekämpfen als Schiffsdiesel und verschmutzt die
Küsten über lange Zeit. Der NABU fordert deshalb seit Jahren das
Verbot von Schweröl in der Seeschifffahrt.
Für Rückfragen:
Dr. Kim Detloff, NABU-Meeresschutzexperte, Telefon 030 284984 1626
Dietmar Oeliger, Leiter NABU-Verkehrspolitik, Telefon mobil 0172 9
20
1823
Im Internet zu finden unter http://www.nabu.de/themen/meere/lebensraum/
und http://www.nabu.de/themen/verkehr/schifffahrt/mirstinkts/
 
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NABU-Pressestelle, Telefon: 0 30.28 49 84-1510, -1722, 
Telefax: 0 30.28 49 84-2500, E-Mail: pre...@nabu.de
Redaktion: Karin Deckenbach, Britta Hennigs, Jasmin Singgih
 
 
 
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