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N A B U - P R E S S E D I E N S T  ----  NR. 114/12 ---- 8.10.2012 
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Umwelt/UN-Naturschutzkonferenz
NABU: Weltnaturschutzgipfel muss Finanzierung für die biologische
Vielfalt sichern
Tschimpke: Nötig sind 50 Milliarden Euro pro Jahr – andernfalls drohen
Folgekosten in Billionenhöhe
 
Berlin/Hyderabad – Zum heutigen Beginn des Weltnaturschutzgipfels im
indischen Hyderabad (8.-19.10.) fordert der NABU alle 193 teilnehmenden
Regierungen auf, endlich die notwendigen finanziellen Weichen für die
Rettung der biologischen Vielfalt zu stellen. „Alle Lippenbekenntnisse
helfen nichts, wenn die Regierungen nicht endlich Taten folgen lassen.
Ohne konkrete Finanzzusagen in Hyderabad riskieren wir einen
unumkehrbaren Verlust der Arten und Folgekosten in Billionenhöhe“, so
NABU-Präsident Olaf Tschimpke. 
Nach Schätzungen der Umweltverbände müssen weltweit jährlich mindestens
50 Milliarden Euro aus öffentlichen Mitteln bereitgestellt werden, um
das Artensterben zu stoppen und die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme zu
erhalten. Derzeit liegen die Ausgaben bei etwa 30 Milliarden Euro pro
Jahr.
Um die fehlenden 20 Milliarden Euro aufzubringen, müssen die
Regierungen nun verbindlich festlegen, welche Beiträge dazu von welchen
Staaten geleistet werden. „Vor allem die Industrienationen stehen in
Hyderabad in der Verantwortung. Ihre Naturschutzhilfen an die
Entwicklungsländer müssen mindestens verdoppelt werden, von derzeit etwa
fünf auf zehn Milliarden Euro jährlich. Dies kann auch durch eine
schrittweise Steigerung der Mittel um 20 Prozent pro Jahr erreicht
werden“, so NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Im Verhandlungsdokument der
Konferenz findet sich bereits der Vorschlag zur zehnprozentigen
Steigerung, der den meisten Industriestaaten aber zu weit geht.
Darüber hinaus fordert der NABU einen gemeinsamen Beschluss aller
Staaten, einschließlich der Entwicklungsländer, die staatlichen Ausgaben
für den Schutz der biologischen Vielfalt im eigenen Land von nun an
jährlich um durchschnittlich zehn Prozent zu steigern. 
Trotz knapper öffentlicher Haushalte sind diese Forderungen aus Sicht
des NABU mehr als gerechtfertigt und erfüllbar. Laut EU-Kommission
könnten die Kosten des Artenverlusts andernfalls allein in Europa bis
2050 auf jährlich eine Billion Euro steigen. Dazu zählen Verluste durch
den Wegfall von Leistungen, die die Natur bislang kostenlos erbringt:
zum Beispiel die Trinkwasserspeicherung und -reinigung durch Moore, die
Speicherung von Treibhausgasen in Wäldern oder die unersetzlichen
Bestäubungsleistungen der Insekten im Obstbau. Eine artenreiche Natur
ist zudem die kostengünstigste Versicherung gegen den Klimawandel, denn
sie bremst Hochwässer, mildert Dürreperioden und spart letztlich auch
Gesundheitskosten. 
„Wenn die Weltgemeinschaft weiterhin eine Politik des Nichtstuns an den
Tag legt, müssen wir künftig auch die Kosten des Nichtstuns tragen.
Dabei haben es die Staaten in Hyderabad in der Hand: Investieren sie
jetzt 50 Milliarden Dollar pro Jahr, verhindern sie Folgekosten in
zwanzigfacher Höhe. Diese einfache Rechnung sollte jedem Finanzminister
einleuchten“, so Konstantin Kreiser, NABU-Experte für Internationale
Biodiversitätspolitik.
Dass das notwendige Geld vorhanden ist, beweist die EU derzeit durch
ihre Agrarsubventionen. Trotz Finanzkrise sind die EU-Länder auf dem
besten Wege, 40 Milliarden Euro jährlich allein für umweltschädliche
Direktzahlungen an die Landwirtschaft bis 2020 zu beschließen. 
 
Hintergrund zur Lage der Artenvielfalt:
Von den weltweit bekannten 5.500 Säugetierarten stuft die
Weltnaturschutzorganisation IUCN derzeit etwa ein Viertel als vom
Aussterben bedroht ein. Die am meisten gefährdete Tiergruppe der Welt
sind Amphibien – von ihnen stehen etwa 40 Prozent auf der Roten Liste.
 Fast ein Viert
el aller Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht und
ein Achtel aller Vogelarten. Die weltweit am schnellsten abnehmende
Artengruppe sind Korallen. Trotz vielfältiger Bemühungen und einzelner
wichtiger Erfolge bei der Rettung von Arten wird die globale Rote Liste
auch heute noch immer länger. 
Besorgniserregend ist die Lage auch in Europa: Die hochsubventionierte
intensive Landwirtschaft hat seit 1980 schätzungsweise 300 Millionen
Vögeln das Leben gekostet. Gerade ehemals häufige Arten wie Kiebitz
und Feldlerche sind besonders stark betroffen.
 
Für tagesaktuelle Einschätzungen der Verhandlungen,
Hintergrundinformationen und Interviews stehen Ihnen Konstantin Kreiser
ab dem 8. Oktober und NABU-Präsident Olaf Tschimpke ab dem 17. Oktober
in Hyderabad zur Verfügung. Der NABU twittert zudem aus den
Verhandlungen unter: http://twitter.com/NABU_de
 
Die NABU-Forderungen und weitere Informationen zum
Weltnaturschutzgipfel in Indien (CBD-COP 11):
www.NABU.de/themen/naturschutz/vielfalt/cop11  
 
Für Rückfragen:
Konstantin Kreiser, NABU-Experte für Internationale
Biodiversitätspolitik, mobil: 0172-4179730
 
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NABU-Pressestelle, Telefon: 0 30.28 49 84-1510, -1722, -1952
Telefax: 0 30.28 49 84-2500, E-Mail: pre...@nabu.de
Redaktion: Kathrin Klinkusch, Britta Hennigs, Jasmin Singgih
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