Am Montag, den 29.01.2018, 13:49 +0100 schrieb Kevin Kofler: > Stefan Nagy wrote: > > Wenn du von Flurnamen, Namen von Bergen, Tälern, Wäldern, Wiesen, > > Bächen, Steigen etc. schreibst, dann ist das etwas völlig anderes. > > Ich gehe davon aus, dass die Flur, der Berg, das Tal, die Wälder, > > Wiesen, Bäche, Steige nach wie vor da sind. Wenn die ehemalige Flur > > jetzt eine Ansammlung von Kreisverkehren, Parkplätzen und Hofer-, > > Billa-, OMV-, usw. usf. Filialen ist, dann würde ich wieder meinen > > Standpunkt vertreten: Dann ist die Flur tot. Das Shopping-Paradies > > kann sich natürlich gern des alten Namens bedienen – dann ist er > > wieder da. Das ändert aber nichts daran, dass die Flur tot ist. > > Genau das ist aber in Nikolsdorf nicht passiert, da sehe ich auf der > Karte keinen einzigen Kreisverkehr oder Parkplatz und nur einen > Diskonter, der nicht wesentlich größer ist als andere Filialen > überall in Wien. > > Die Umgebung mitten in Margareten würde sich auch nicht für > derartige Konstruktionen eignen, das Problem betrifft eher ländliche > Gemeinden bzw. in Wien höchstens Gegenden am Stadtrand wie das von > Friedrich Volkmann erwähnte Rothneusiedl.
Ich bin offensichtlich wirklich unfähig, meine Position auch nur halbwegs verständlich zu formulieren… Sorry dafür. Vielleicht klappts ja diesmal. In dem oben von dir zitieren Absatz ging es mir nur darum, dass wenn eine Flur keine Flur mehr ist, sie eben nicht mehr existiert und alles andere, was auf dem Grund errichtet wird und den Namen der ehemaligen Flur trägt, lediglich auf dieses Etwas *übertragen* wurde. Es wäre in meinen Augen also abwegig, in einem solchen Fall zu behaupten, die Flur wäre noch immer da – nur eben bebaut. Eine kleine Chologie zu einer der Vorstädte, um die es in dieser Diskussion geht: Nikolsdorf wird im 16. Jahrhundert vom damaligen Besitzer der Herrschaft Margareten planmäßig angelegt. Anfang des 18. Jahrhunderts gelangt es durch Kauf an die Gemeinde Wien, im Laufe dieses Jahrhunderts wächst es mit zwei benachbarten Vorstädten (Hungelbrunn, Laurenzergrund) zusammen – das sieht man recht gut auf der Karte von 1773. 1812 ist es dann auch bereits mit den anderen beiden benachbarten Vorstädten (Matzleinsdorf und Margareten) verschmolzen. Erst 1850 wird Nikolsdorf in die Stadt Wien eingemeindet; da hört es dann auch auf, eine administrative Einheit zu sein. Natürlich können wir nicht nachvollziehen, wo die Bezugspunkte der damaligen Menschen waren; wie ihre lokalen Identitäten gestrickt waren. Aber vom Zentrum der deutlich älteren, ehemaligen Vorstadt Margareten bis nach Nikolsdorf sind es ca. 400 Meter, ungefähr 5 Gehminuten. Auf der anderen Seite stand seit 1725 in der Mitte der heutigen – auch damals schon so breiten – Wiedener Hauptstraße die alte Florianikirche (die war ein, zwei Gehminuten entfernt). Ich würde aufgrund der Umgebung also eigentlich sogar bezweifeln, dass die Bewohner im 19. Jahrhundert noch einen starke lokalen Bezug hatten. Aber bitte – immerhin gab es jemanden, der 1912 noch eine Postkarte mit dem "letzten Rest vom alten Nikolsdorf" gezeichnet hat… Also ganz verschwunden wars noch nicht. Im Jahr 2016 – ungefähr 200 Jahre nachdem diese Vorstadt mit vier benachbarten Vorstädten zusammengewachsen und 166 Jahre nachdem sie in die Stadt Wien eingemeindet worden war – wird sie als heute existentes Neighbourhood auf OSM eingetragen; mit dem Argument: die Vorstadt existiert nach wie vor. Und wenn man diese Vorstadt aus OSM entfernen würde, müsste man folgerichtig auch den place-node von Mödling löschen. Ich versuche den Bogen zurück zur Flur zu spannen: Wenn wir nun herausfinden, dass vor der geplanten Bebauung im 16. Jahrundert auf dem zirka 400 x 150 Meter großen Grund eine benannte Flur war – müssten wir nicht auch deren Namen eintragen? Natürlich nicht, denn die Flur gibt es nicht mehr (ich hoffe, zumindest darüber herrscht Einigkeit). Der Grund wurde bebaut und damit hörte die Flur im 16. Jahrhundert auf zu existieren. Eine Vorstadt kann auf unterschiedlichste Weisen definiert werden. Mir fällt aber kein einziges Kriterium ein, das es zulässig erscheinen ließe, Nikolsdorf heute als Vorstadt zu bezeichnen. Alles, was Nikolsdorf als Vorstadt ausgemacht hat, ist vergangen. Und damit verschiebt sich die Frage, ob es angemessen ist, den Namen Nikolsdorf auf OSM einzutragen, auf gegenwärtige Phänomene: Wurde der Name der alten Vorstadt auf ein neues Phänomen – ein Grätzl wäre am naheliegendsten – übertragen? Wenn ja, wäre das ein sehr, sehr gutes Argument für place=neighbourhood. Aber anstatt uns mit gegenwartsbezogenen Fragen zu beschäftigen, finden wir uns in der Diskussion hier permanent im Zeitraum vom 16. bis zum 19. Jahrundert wieder… -- E-Mails signieren & verschlüsseln · https://emailselfdefense.fsf.org/de/
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