Hi Karl.
Hallo TroLuger.

Ich komme aus persönlichen Gründen leider erst jetzt zum Antworten, obwohl mir 
das seit dem Erscheinen dieser Mail ein Bedürfnis ist.
Besonders da mich gerade von Karl, als langjährigem Gentoo-User, hier einige 
Statements sehr überrascht haben, ebenso wie sein Angebot einen Vortrag über 
Mint zu halten.

Aber nun gut, so sei es und eine sachlich geführte Debatte soll ja durchaus 
belebend auf so manche Mailingliste wirken. ;-)

Am Donnerstag, 9. April 2015, 16:59:53 schrieb Karl:
> Hey Randy Andy!
> Hey Troluger!
> 
> Am 06.04.2015 um 15:37 schrieb Randy Andy:
> > Frohe Ostern allen TroLugern,
> >
> > ich möchte Euch noch eine kleine Reminiszenz ins Osternest legen.
> "Heute wird der Terminus in dieser Bedeutung nicht mehr so häufig
> verwendet.", ist auf Wikipedia zu lesen. Quelle:
> http://de.wikipedia.org/wiki/Reminiszenz
Das war mir wohl bekannt, ist aber kein Hindernis für mich. 
Ich halte es damit wie mit guten alkoholischen Getränken, je länger diese 
gereift, desto besser und wertvoller werden sie meist.
Diese werden dann erst zu besonderen Gelegenheiten dargeboten, so wie in meinem 
Fall eben jene Reminiszenz zum Osterfest. ;-)

> Leider hat die Häufigkeit der Verwendung dieses seltenen Wortes vieles
> gemein mit der Häufigkeit der Verwendung der Distribution gentoo. Viel
> wurde darüber geschrieben wie aussagekräftig die Seite distrowatch.com
> sein mag, dennoch darf man diese Seite im Groben als Richtwert über die
> Aktualität einer Distri heranziehen.
Ich würde sagen Aktualität ist hier das falsche Wort, was Du meinst ist wohl 
eher die Beliebtheit und selbst da habe ich schon einige male ausgeführt, dass 
sich das Ranking nur auf die Zugriffe pro Tag (hits per day) über Distrowatch 
auf die jeweiligen Distros bezieht. 
In Sachen Aktualität wäre Gentoo, bezogen auf Paketversionen, ja ganz weit 
vorn, was Jonas in seinem Vortrag ebenfalls dargelegt hat.

> Schaue ich mir die Seite heute an,
> sehe ich, linuxmint.com steht ganz oben und gentoo.org steht weiter
> unten. gentoo erlebte in dieser Liste schon wesentlich bessere Zeiten
> und stand weiter oben. Woran mag das liegen? Es liegt auch daran, dass
> es sich eben um eine Distribution handelt, deren Handling sehr viel
> Wissen und Zeit, Geduld und Spucke braucht.
Genau. 
Und Distrowatch ist vielleicht eher eine Seite für den Kurzweiligen User, den 
Distro-Hopper, der auf der Suche nach etwas Neuem ist und schnell an die Info 
und das Iso der nächsten Distro zum Testen gelangen möchte.
Da die meisten Distros einer stufenförmigen Entwicklung folgen, mit 
~halbjährlichen Releases, gibt's dafür eben regelmässig Ankündigungen die dazu 
führen, das jene Distro wieder und wieder in die Schlagzeilen gerät und somit 
auf sich aufmerksam macht.
Das ist bei Gentoo dank des Rolling Release Systems nicht der Fall, obwohl die 
Distro quasi täglich aktualisiert wird, konkret die Pakete, das Pendant zur 
Installation wäre demnach das Stage3-Abbild welches mindestens wöchentlich 
aktualisiert wird, doch dafür wird es kaum eine Ankündigung auf den weekly news 
Seiten geben.
Man hat dieses Problem bei Gentoo erkannt und bringt daher alle Jubeljahre mal 
eine Live-DVD heraus um es genauso selten mal in die News zu schaffen.
Das ist daher ein Teil meiner Theorie zu dem schlechten Ranking auf 
Distro-Watch.

Daher gibt es auch kaum Wiederholungstäter über deren Seite zu Gentoo, denn hat 
ich es einmal installiert, braucht man deren Seite eigentlich nicht mehr 
aufrufen um zu schauen ob es etwas Neues dafür gibt.

> > Warum einfach, wenns auch kompliziert geht ist ja die meist vorherrschende 
> > Meinung zu Gentoo.
> Ja und so ist es auch, denke ich , aus der Sicht vieler, vieler User.
> Gerne rufe ich Dir ein suum cuique zu!
Ja, jedem das Seine und der erhöhte Schwierigkeitsgrad soll hier auch nicht in 
Abrede gestellt werden. Ist halt wie im richtigen Leben. Je mehr  man am Anfang 
investiert, desto mehr kann man später erhalten, nur das hier eben Zeit 
investiert wird, nicht Geld. ;-)

Übrigens gibt es ja fast jedes Jahr diverse Umfragen nach den beliebtesten 
Programmen, Distributionen auf den einschlägigen Seiten.
Wenn man sich diese Anschaut, dann ist es um Gentoo wesentlich besser bestellt, 
als das Distrowatch widerspiegeln könnte.

Donnie Berkholz hat die darin erhobenen Zahlen zuzüglich weiterer mal näher 
analysiert und zeichnet ein ganz anders Bild und zieht interessante 
Schlussfolgerungen daraus.
Wer jetzt mit anderen Vergleichszahlen daher kommen möchte, der möge bitte auch 
mal in die Kommentare zu seinem Bericht unten schauen, ob diese dort nicht 
genannt wurden und deren grössere Ungenauigkeit nicht bereits dargelegt wurde.

http://redmonk.com/dberkholz/2013/05/20/ranking-linux-distributions-and-the-decline-of-the-traditional-distros/
https://news.ycombinator.com/item?id=5730762
http://www.linuxjournal.com/slideshow/readers-choice-2012


> 
> > Viele, die sich schon einmal oberflächlich mit einer Gentoo-Installation 
> > und deren Details auseinandersetzt haben, würden dem sicher spontan 
> > zustimmen wollen.
> >
> > Aus meiner heutigen Sichtweise würde ich dagegen sagen, dass ich es benutze 
> > weil es so einfach und komfortabel, oder auch so geradlinig und konsequent 
> > ist.
> > Wenn ich mich Heute zurück besinne, dann weiß ich noch, dass ich damals in 
> > 2007 gelegentlich über Programme gestolpert bin, die ich auch haben oder 
> > installieren wollte, aber für die es zu diesem Zeitpunkt noch keine Pakete 
> > für meine damals verwendeten Binären Distributionen gab.
> Ja! Ein Mint lässt sich wesentlich leichter und schneller installieren
> als ein gentoo. " *Gentoo Linux* (englische Aussprache [dʒentuː 'lɪnʊks
> <https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_IPA-Zeichen>]) ist eine
> quellbasierte Linux-Distribution
> <https://de.wikipedia.org/wiki/Linux-Distribution> für
> fortgeschritteneLinux <https://de.wikipedia.org/wiki/Linux>-Benutzer,
> die ihr System komplett individuell einrichten möchten." Quelle:
> https://de.wikipedia.org/wiki/Gentoo_Linux
> Die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, das ein Linuxuser mit Mint
> innerhalb kürzester Zeit mit wenig Aufwand eine gut funktionierende
> Distri vor sich hat.
Auch das wurde nie bestritten.
Wenn man aber etwas tieferen Einblick hinter die Kulissen erhalten möchte, um 
dieses erlernte Wissen langfristiger anwenden und vertiefen zu können, dann ist 
Gentoo didaktisch betrachtet ein guter Weg ohne Sackgasse.
> 
> > Gelegentlich stiess ich dann auf Anleitungen zum selber kompilieren dieser 
> > mir noch fehlenden Programme. Beim Durchlesen dieser für mich damals häufig 
> > kryptisch anmutenden Anweisungen fiel mir häufig auf, dass die 
> > Installationsanweisungen für Gentoo stets deutlich einfacher auszuführen 
> > waren, als die der anderen Distributionen.
> > So stellte ich mir die Frage, warum so kompliziert vorgehen, wenns auch so 
> > einfach sei kann.
> > Ich glaube das war der eigentliche Grund warum ich einst nachzuforschen 
> > begann, warum das so ist und wo die Hauptunterschiede von Gentoo zu den 
> > anderen Distros lagen und welche vor und Nachteile das ganze haben soll.
> Aber auch ein gentoo installiert nicht immer zuverlässig ein stabiles
> ebuild mit Hile eines bequemen emerge MeinWunschProgramm. Als Beispiel
> schaut Euch mal im Folgenden die Fehlerausgabe von gentoo an, viel Spaß
> und Erfolg mit der Beseitigung des Fehlers, warum gentoo das Paket
> virtualbox nicht installieren möchte. Und das hier ist nur ein kleiner
> Ausschnitt, den vollständigen Text findet ihr auf
> https://bpaste.net/show/bd9ef863e62c .
> 
> /var/tmp/portage/x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18/work/vboxvideo_drm/vboxvideo_drm.c:125:17:
> error: ‘drm_mmap’ undeclared here (not in a function)
>          .mmap = drm_mmap,
>                  ^
> scripts/Makefile.build:257: recipe for target
> '/var/tmp/portage/x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18/work/vboxvideo_drm/vboxvideo_drm.o'
> failed
> make[2]: ***
> [/var/tmp/portage/x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18/work/vboxvideo_drm/vboxvideo_drm.o]
> Error 1
> Makefile:1381: recipe for target
> '_module_/var/tmp/portage/x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18/work/vboxvideo_drm'
> failed
> make[1]: ***
> [_module_/var/tmp/portage/x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18/work/vboxvideo_drm]
> Error 2
> make[1]: Leaving directory '/usr/src/linux-3.18.7-gentoo'
> Makefile:225: recipe for target 'vboxvideo' failed
> make: *** [vboxvideo] Error 2
>  ^[[31;01m*^[[0m ERROR: x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18::gentoo
> failed (compile phase):
>  ^[[31;01m*^[[0m   emake failed
>  ^[[31;01m*^[[0m
>  ^[[31;01m*^[[0m If you need support, post the output of `emerge --info
> '=x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18::gentoo'`,
>  ^[[31;01m*^[[0m the complete build log and the output of `emerge -pqv
> '=x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18::gentoo'`.
>  ^[[31;01m*^[[0m The complete build log is located at
> '/var/log/portage/x11-drivers:xf86-video-virtualbox-4.3.18:20150409-121406.log'.
>  ^[[31;01m*^[[0m For convenience, a symlink to the build log is located
> at
> '/var/tmp/portage/x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18/temp/build.log'.
>  ^[[31;01m*^[[0m The ebuild environment file is located at
> '/var/tmp/portage/x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18/temp/environment'.
>  ^[[31;01m*^[[0m Working directory:
> '/var/tmp/portage/x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18/work/vboxvideo_drm'
>  ^[[31;01m*^[[0m S:
> '/var/tmp/portage/x11-drivers/xf86-video-virtualbox-4.3.18/work/VirtualBox-4.3.18'
Schätze die Pastebin-Seite ist nur noch bis Heute sichtbar, daher kopiere ich 
die mir relevant erscheinende Zeile heraus:

make -j3 HOSTCC=i686-pc-linux-gnu-gcc CROSS_COMPILE=i686-pc-linux-gnu- LDFLAGS= 
KERN_DIR=/usr/src/linux KERNOUT=/lib/modules/3.18.7-gentoo/build all 
grep: /usr/src/linux/include/linux/version.h: No such file or directory

Offensichtlich versucht der gute polynomial hier das Paket per cross compile zu 
erstellen, was auch nach meiner Erfahrung regelmässig scheitert, selbst schon 
beim Versuch mit distcc geht's schief. 
Die Lösung lautet hier nach meiner Erfahrung, das Paket nativ auf dem Ziel-PC 
zu bauen.

Spielt letztlich für mich aber keine Rolle, sage ich doch stets das wenn unter 
Gentoo etwas misslingt, ist man i.d.R. selbst verantwortlich und kann sollte 
nicht auf wie bei anderen Distros auf seinen Distributor schimpfen, weil mal 
wieder ein Update oder Automatismus schief gelaufen ist. Bei Gentoo ist man 
schliesslich sein eigener Distributor und daher jede Installation so 
individuell wie seine Benutzer.
> 
> Und es gibt noch mehr Hindernisse, die es zu umschiffen gilt, wenn man
> das gentoo seiner Wahl ordentlich am Laufen halten will.
Gentoo heisst für mich das Heft selbst in die Hand zu nehmen, also hin zur 
Selbstbestimmung seines eigenen Systems, weg von der Fremdbestimmung seines 
Distributors, bei dem ich typischer Weise per Design lediglich zwischen der 
Installation/Deinstallation von Paketen wählen kann. Warum mit weniger 
zufrieden geben, wenn mir die Verwendung des Source-Codes soviel mehr an 
Freiheiten und Möglichkeiten bietet und das sogar ohne dafür über 
Programmierkenntnisse verfügen zu müssen.

snip

> > Womöglich haben die Debian-Paketmantainer ja vergessen, diese 
> > Abhängigkeiten in späteren Versionen hinzuzufügen.
> >
> Vielleicht haben sie es vergessen. Wir können den Blick dorthin richten
> was nicht ist und wir können den Blick dort hinwerfen was alles ist: Die
> Debian-Paketmantainer können eine Distribution ihr "Eigen" nennen, die
> rd. 37.500 Programmpakete umfasst. 
Ja und?
Gentoo braucht sich auch hier nicht zu verstecken. 
Wusstest Du, dass es ein Verhältnis von Binärpaketen zu Quellpaketen von ca. 
2:1 gibt. 
In einem vor Jahren gehaltenen Gentoo-Vortrag habe ich das mal genauer 
dargelegt.
Faktisch bedeute das, dass die 18068 Gentoo Pakete (nicht ebuilds) aus dem 
Tree, quasi der Anzahl der Debian-Bin-Pakete entspricht.

> Debian ist bekannt wegen seines
> hervorragenden Paketmanagements welches von allein die Abhängigkeiten
> erkennt und behandelt und somit dem Nutzer zuverlässig viel Arbeit
> abnimmt. Quelle:  https://de.wikipedia.org/wiki/Debian Heute bekannte
> Distributionen basieren auf debian und machen es sich zu ihrem Nutzen.
> 
> Ich lernte Linux durch die Verwendung von debian, Suse und Ubuntu
> kennen. Auch ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es mich wurmte,
> wenn ich nicht sofort aktuelle Software unter ihnen so "einfach"
> installieren konnte. Mir wurde später erst klar, wie viel Arbeit sich da
> Unbekannte in Scharen im "Hintergrund" machen, damit ich eine
> zuverlässige, sichere und gut funktionierende Distribution nutzen
> konnte. Das rechne ich allen Unterstützern hoch an!
> 
> Jedem das Seine!
> 
> Der eine sucht nach einer gut handhabbaren Distri und muss wissen, dass
> er nicht immer das Aktuelle sofort haben kann und der andere befasst
> sich mit einer aufwändigeren Distri, die viel Zeit und Aufwand
> erfordert, aber dann den ausdauernd Arbeitenden für seine Mühe und
> Durchhaltevermögen satt belohnt.
> 
> Klarzustellen, dass gentoo nicht ein leicht zu pflegendes Kuscheltier
> ist,  ist der Antrieb zum Schreiben dieser Zeilen.
Du meinst, so wie meine Kuh Larry, ey der ist total Pflegeleicht. :-))
Ansonsten gebe ich Dir aber recht, Gentoo macht besonders Anfangs deutlich mehr 
Arbeit und ist daher sicher nichts für den Out-Of-The-Box User Anspruch.
Der Nutzen liegt daher sicher im Auge des Betrachters.

Doch wie möchte man etwas vernünftig beurteilen, ohne es vorher selbst 
ausprobiert zu haben.
Den Mut Euch diesen Schritt näher zu bringen, ist dagegen mein Antrieb zum 
schreiben dieser Zeilen.

Oder um es mal mit den Worten eines Weisen zu sagen: "Nur der steinige Weg 
führt zu einer höheren Stufe der Erkenntnis." ;-)

Ermutigenden Gruß, Andy.

Attachment: signature.asc
Description: This is a digitally signed message part.

_______________________________________________
Trolug_trolug.de mailing list
trolug@trolug.de
https://ml01.ispgateway.de/mailman/listinfo/trolug_trolug.de

Antwort per Email an