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Pressemitteilung vom 1. Juli 2005

Patentierbarkeit von Software bedroht Open Source-Projekte

Deutschsprachiges OpenOffice.org-Projekt befürchtet zunehmende Monopolisierung 
durch die Verabschiedung der Richtlinie zur "Patentierbarkeit 
computerimplementierter Erfindungen" am 5. Juli im Europäischen Parlament

Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit wurde die Richtlinie zur 
"Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen" am 20. Februar 2005 von 
der Europäischen Kommission verabschiedet und soll nun am 5. Juli in 2. Lesung 
vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Obwohl sich der Deutsche Bundestag 
am 17. Februar fast einmütig gegen die so genannten "Software-Patente" 
ausgesprochen hat, sollen sich deutsche EU-Abgeordnete in der Abstimmung auf 
die 
Seite der EU-Kommission stellen wollen.

OpenOffice.org ist als führende freie Alternative im Bereich Office-Pakete 
durch 
die neue Richtlinie genauso bedroht wie fast alle anderen freien 
Softwareprojekte. Die Patentierbarkeit grundlegender Programmbestandteile würde 
dazu führen, dass die Weiterentwicklung der freien Software stark 
beeinträchtigt, vielleicht sogar beendet würde. Schon jetzt gibt es bereits 
Patente auf den Fortschrittsbalken, schwebende Paletten und die Anzeige von 
TrueType-Schriftarten. Auch Bestellungen im Internet per Mausklick wurden schon 
patentiert.

Die Befürworter der Richtlinie sprechen vom Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen 
gegenüber anderen Wirtschaftsregionen und der Förderung der 
Innovationsbereitschaft in Europa. Dies wird von dem deutschsprachigen Projekt 
von OpenOffice.org und anderen Kritikern klar verneint: Geistiges Eigentum sei 
schon jetzt durch das Urheberrecht und entsprechend gewählte Lizenzen vor 
Plagiaten und widerrechtliche Verbreitung geschützt. Durch die Richtlinie werde 
gezielt großen Unternehmen eine Möglichkeit an die Hand gegeben, ihre 
Wettbewerber zu blockieren.

Software-Patente bedeuten für kleinere und mittlere Unternehmen genauso wie für 
die meist ehrenamtlich tätigen Entwickler freier Software ein hohes Risiko: 
Neue 
Funktionen müssten langwierig und kostspielig auf bestehende Patente überprüft 
werden, bevor sie in einen Programm verwendet werden dürften. Schon dies ist in 
der Regel für freie Projekte und kleinere Unternehmen weder zeitlich noch 
finanziell zu leisten. Mehr noch: Selbst nach erfolgter Prüfung ist man 
möglichen Patentansprüchen ausgesetzt. Bei der Recherche können nicht alle 
denkbaren Patente berücksichtigt werden und auch erteilte Patente werden bei 
Rechtsstreitigkeiten von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. So trägt ein 
privat tätiger Entwickler allein an Prozesskosten ein derart hohes finanzielles 
Risiko, dass er sich mit großer Wahrscheinlichkeit das Engagement für freie 
Projekte nicht mehr leisten kann. Dies würde das Ende für OpenOffice.org und 
die 
meisten anderen Open Source-Projekte bedeuten. Große Unternehmen können sich 
durch gegenseitige Lizenzerteilung in rechtlich weitgehend sicherem Rahmen 
bewegen, sodass die Richtlinie in ihrer jetzigen Form den Wettbewerb der freien 
Software gegenüber den kommerziellen Produkten nachhaltig beeinträchtigt und zu 
neuen Monopolen führt.

Freie Software wird in vielen Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung 
eingesetzt, wie nicht zuletzt die laufenden Migrationen der Städte München und 
Wien oder des Kantons Genf zeigen. Sie ist ihren kommerziellen Pendants 
qualitativ mindestens ebenbürtig und bedeutet gerade in Zeiten leerer Kassen 
eine Kostenersparnis, die auch dem Endkunden und Steuerzahler zugute kommt. 
Weltweit profitieren viele Millionen Menschen von den Vorzügen von freier 
Software und verschiedenste Regierungsprogramme weltweit beschäftigten sich mit 
der Umstellung auf freie Alternativen. Umso unverständlicher ist die Haltung 
des 
Europäischen Parlamentes, sich uneingeschränkt für die Patentierbarkeit 
computerimplementierter Erfindungen auszusprechen.

Da weder die freien Projekte noch kleineren Unternehmen möglich ist, ihre 
Interessen durch entsprechende Lobbyisten beim Europäischen Parlament zu 
vertreten, sind sie auf die Unterstützung der Öffentlichkeit angewiesen, um der 
Lobbyarbeit der großen Unternehmen etwas entgegen setzen zu können. Ein 
Telefonat mit dem zuständigen Europa-Abgeordneten, ein entsprechendes Fax und 
auch die Unterstützung der im Anhang angegebenen Internet-Aktivitäten sind hier 
sicherlich sinnvoll.

Der Ansprechpartner für die Öffentlichkeitsarbeit im deutschsprachigen Projekt 
von OpenOffice.org, Florian Effenberger, beschreibt das Problem so: "Unsere 
Sorge ist, dass viele Politiker, die kommende Woche über die Richtlinie zu 
entscheiden haben, sich der Problematik nicht bewusst sind. Genau hier möchten 
wir ansetzen." Es geht nicht darum, berechtigte Schutzrechte zu verweigern, 
sondern darum, Trivialpatente zu vermeiden. "Gerade im deutschsprachigen Raum 
sprechen sich auch viele große Firmen wie 1&1 und Lycos gegen Softwarepatente 
aus und bestätigen die Ansicht, dass für einen ausreichenden und 
vollumfänglichen Schutz ihres geistigen Eigentums Softwarepatente nicht nur 
überflüssig, sondern sogar hinderlich sind.", so Effenberger weiter. Es sei 
absolut offen, ob und in welcher Form die Entwicklung freier Software in Europa 
aufrecht erhalten werden könne. Trotz vorliegender Richtlinie sei nach wie vor 
ungeklärt, was genau patentierbar sein soll. Da diese Entscheidung auch nach 
der 
Verabschiedung der Richtlinie den Gerichten obliegen würde, sei auch eine 
Rechtssicherheit für Entwickler nicht gegeben.

"Softwarepatente sind die Lizenz zum Atmen der Luft", fasst Wolfgang Henderkes, 
Mitglied im deutschsprachigen Projekt von OpenOffice.org, die Problematik 
passend zusammen.


Presse-Kontakt Florian Effenberger <[EMAIL PROTECTED]> 
Webseite: http://de.openoffice.org


Weitere Links Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V. 
http://www.ffii.org/index.de.html

NoSoftwarePatents.com http://www.nosoftwarepatents.com/de/m/intro/index.html

Patentfrei http://www.patentfrei.de

Unternehmer gegen Softwarepatentierung http://www.stop-swpat.de


Über OpenOffice.org:
OpenOffice.org ist die führende Open Source Office Suite, 
die dank ihrer Plattformunabhängigkeit und ihres offenen, XML-basierten 
Dateiformats nahtlos in jede Arbeits- und Entwicklungsumgebung integriert 
werden 
kann. Verfügbar für eine Vielzahl von Sprachen, stellt OpenOffice.org 
mittlerweile den Standard im Bereich freier Officeprogramme dar. Neben einer 
Textverarbeitung mit direktem PDF-Export gibt es Module für 
Tabellenkalkulation, 
Präsentation, Zeichnung sowie die neu integrierte HSQL-Datenbank. Darüber 
hinaus 
beherrscht OpenOffice.org den Im- und Export zahlreicher Fremdformate und 
bringt 
- ganz im Sinne von Kompatibilität und Interoperabilität - einen integrierten 
Assistenten zur Konvertierung bestehender Dokumente mit. Durch die offenen 
Schnittstellen und die enthaltene Makrosprache ist auch die Anbindung für 
Entwickler leicht zu realisieren.

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