Am 21.10.2011 22:44, schrieb Michael Höhne:

> Hallo Mathias,
> 
> dein Posting ist sehr informativ!
> 
> Aber den Spruch:
> 
>> Ich kann mir auch gut vorstellen, dass in LibreHausen die Sektkorken
>> geknallt haben. :-)
> 
> finde ich (trotz Smiley) nicht angebracht!
> 
> Auch wenn ich derzeit hauptsächlich Libreoffice einsetze, heißt das
> noch lange nicht, dass ich OpenOffice.org was schlechtes wünsche! Im
> Gegenteil: Bei mir selber arbeiten LO 3.4 OO.o 3.0 und sogar noch das
> gute alte OO.o 1.1.5 friedlich nebeneinander.
> 
> Es gibt sicher den einen oder anderen, der sich als Missionar für das
> eine oder andere Produkt betätigt, aber nach meiner Einschätzung ist
> das die Minderheit. Ich bin gespannt auf die weitere Entwicklung und
> wünsche OO.o einen erfolgreichen "Neustart". 

Ja, das sehe ich genauso, insofern habe ich mich wohl missverständlich
ausgedrückt. Was ich meinte: neben den paar "Missionaren", von denen du
sprachst, gibt es auch eine ganze Reihe von Leuten rund um LO, die
einfach nicht glauben, dass aus AOOo etwas wird. Wenn man sich darauf
einlässt, wird das zur "self fulfilling prophecy". Durch
Pressemitteilung wie die von Team OOo und ihre vorhersehbare Reception
erhält diese Fraktion sicherlich Unterstützung.

Viel wichtiger ist mir aber, dass endlich einmal klar wird, welche Rolle
die ASF eigentlich spielt.

Die ASF ist gewissermaßen eine "Wohltätigkeits"-Organisation, deren
einziges Ansinnen ist, Software bereitzustellen, die von möglichst
vielen in welcher Form auch immer benutzt wird. Ob das direkt oder in
anderen Projekten, ob Open Source oder Closed Source, geschieht, ist
völlig egal. Hauptsache, die Software wird von möglichst vielen benutzt.
Das erklärt die sehr freie Lizenz - eine weltanschauliche Bindung an ein
bestimmtes Lizenzmodell gibt es hier nicht.

Daher hat die ASF auch ein großes Interesse daran, dass z.B. LO
möglichst viel Nutzen aus Apache-OOo ziehen kann. Es weiß zwar noch
niemand, wie das mal aussehen soll, aber das ist quasi in den Genen der
Organisation drin. Mochte man früher tatsächlich so etwas wie eine
Rivalität zwischen OOo und LO sehen wollen, dann ist das bei AOOo und LO
einfach nicht der Fall - das ist völlig inkompatibel mit dem Interesse
der ASF.

Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass es nicht die ASF ist, die OOo
"macht", sondern die individuellen Contributoren, die sich dafür
engagieren. Man kann also auch nicht irgendwie über "Verhandlungen" mit
der ASF oder ähnliches nachdenken, um irgendwelche Abmachungen zu
treffen. Die einzige Möglichkeit zur Zusammenarbeit ist, sich auf der
Mailing-Liste des Projekts zu engagieren, für seine Positionen zu werben
und unter den OOo Projektmitgliedern einen Konsens zu erzielen. Damit
haben viele so ihre Schwierigkeiten, oft lese ich den Vorwurf, dass das
ein Mittel sei, um Leute "rüberzuholen", aber das ist ein völlig
falsches Verständnis. Mangels einer entsprechenden Hierarchie und damit
verbundener Befehlskette in ASF-Projekten muss man auf individueller
Basis agieren, um letztendlich einen allgemeinen Konsens zu erreichen.

Die ASF ist einfach extrem basisdemokratisch. Daher gibt es dort auch
keine formellen "Project Leads", nur ein Kommittee (PMC oder im Falle
von Incubator-Projekten PPMC), das allen Kontributoren prinzipiell
offensteht. Die treffen aber keine Entscheidungen, sondern achten nur
darauf, dass alles gemäß den Regeln abläuft. Ansonsten spielt sich alles
auf der Mailing-Liste ab. "Was nicht auf der Liste passiert, ist nicht
passiert." Das ist, wenn man so will, die einzige "Weltanschauung", die
man als Kontributor bei der ASF akzeptieren muss.

Ein wichtiges Prinzip ist auch der "lazy consensus". Statt endlos über
Dinge zu diskutieren, die nicht lebenswichtig sind, macht man einfach
etwas. Wenn jemand anderem das so stark missfällt, dass er sich
aufrafft, es doch anders zu machen, kann man ja immer noch darüber reden
und es evtl. wieder ändern. Was man aber nicht bekommt, ist, dass Leute,
die selbst nichts tun wollen, andere davon abhalten, etwas zu tun. Ist
dem, was bei LO passiert, nicht so unähnlich. Für OOo aber durchaus eine
neue (und gute) Erfahrung. :-)

Die Gefahr bei einer solchen Organisation ist, dass das Verständnis für
Projektinteressierte wie z.B. die, die sich bisher in de.ooo engagiert
haben, erst mühsam aufgebaut werden muss. Leute, die nicht bei jedem
Aspekt des Projekts mitreden können oder wollen, sich eher aktiv um die
Akzeptanz des Projekts in der Öffentlichkeit oder um Anwender-Support
kümmern wollen, sind eine Erfahrung, die die ASF in der Ausprägung noch
nicht gemacht hat. Da muss sich noch einiges einrenken.

Da würde TeamOOo meiner Meinung nach auf jeden Fall helfen können. Und
nicht nur da. Aber IMHO sollten wir alle die große Chance sehen, die das
freie Umfeld der ASF bietet und dieses Projekt unterstützen. Ich bin mir
auch sicher, dass LO ebenfalls davon profitieren kann, wenn sie das
wollen und wenn Apache-OOo seine Ziele erreicht.

Ciao,
Mathias
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