http://www.taz.de/Altmaiers-Ideen-zur-Energiewende/!99805/

taz - 16.08.2012

Altmaiers Ideen zur Energiewende

Zehn kleine Ministerpläne

Peter Altmaier legt seinen großen Plan für die Energiewende vor. Und überrascht 
alle damit, die Klimaziele der Europäischen Union deutlich verschärfen zu wollen

Von Ingo Arzt

BERLIN taz | Peter Altmaier (CDU) findet oft heroische Worte, wenn es um die 
Energiewende geht. Seit fast drei Monaten ist er nun Bundesumweltminister, oft 
wurde ihm vorgeworfen, zwar viel zu reden, aber wenig darüber zu sagen, was er 
eigentlich genau zu tun gedenkt. Am Donnerstag stellte er in Berlin seinen lang 
angekündigten 10-Punkte-Plan zur Energiewende vor. Und sagte gleich zu Beginn: 
"Die Energiewende ist die größte wirtschaftspolitische Herausforderung seit der 
Wiedervereinigung."

Dann allerdings hatten es einige seiner Ideen in sich: Altmaier will den 
Klimaschutz stärken und die EU dazu bringen, ihre CO2-Emissionen bis 2020 um 30 
statt um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 zu mindern. Damit dürfte er auch in 
der Bundesregierung einige Kontroversen auslösen.

Wie erwartet will er sich bis Ende September auf einen Gesetzentwurf für eine 
bundesweite Suche nach einem Atommüllendlager mit den Bundesländern einigen. 
Das Gesetz solle dann bis Ende des Jahres verabschiedet werden. Bis Ostern 2013 
soll es zudem ein Gesetz geben, um die Abfälle aus dem maroden Atommülllager 
Asse schneller zu bergen.

Zudem will der Umweltminister die Förderung der erneuerbaren Energien, das 
sogenannte Erneuerbare-Energien-Gesetz, grundsätzlich überarbeiten. Wie, das 
ließ er offen. Er wolle im Herbst einen Verfahrensvorschlag zu einer 
grundsätzlichen Überarbeitung einbringen, sagte Altmaier.

Das Ministerium umbauen

Er kündigte an, einen "Club der Energiewendestaaten" gründen zu wollen. Einen 
Verbund der Staaten also, die ihre Stromversorgung auf erneuerbare Energien 
umstellen wollen - unabhängig von ihrer Haltung der Atomkraft gegenüber. 
Außerdem will Altmaier das Umweltministerium umbauen - und Abteilungen für 
Bürgerbeteiligung, Energiewende und Klimaschutz schaffen.

Der Rest der zehn Punkte waren in den letzten Monaten oft vorgetragene 
Sprechvorlagen und Allgemeinplätze. Er wolle die "Energiewende als Kernaufgabe 
moderner Umwelt- und Wirtschaftspolitik erfolgreich und effizient" umsetzen, 
heißt es in seinem Papier. Nukleare Entsorgung müsse um Konsens erfolgen, der 
Atomausstieg sei unumkehrbar, der Erhalt von Arbeitsplätzen sei wichtig.

"Es darf keine schwerwiegenden sozialen Verwerfungen geben", sagte Altmaier mit 
Blick auf die Strompreise. Er definierte die Energiewende als zweitwichtigste 
nationale Aufgabe nach der Lösung der Staatsschuldenkrise in der Eurozone.

Kritik kam schon, bevor er sein Vorhaben der Presse in Berlin präsentierte. 
Seine Idee einer kostenlosen Energieberatung artikuliert er schon seit Wochen 
immer mal wieder, das Bundeswirtschaftsministerium reagierte auf ein aktuelles 
Interview dazu: Eine solche Beratung gebe es bereits bei den 
Verbraucherzentralen. 

Alte Gräben überwinden

Ärmere Haushalte seien bereits, gefördert von der Bundesregierung, von den 
Kosten befreit. Altmaier ist seit Amtsantritt bemüht, die alten Gräben mit dem 
Wirtschaftsressort unter der Leitung von Philipp Rösler (FDP) zu überwinden. 
Altmaiers Vorgänger Norbert Röttgen (CDU) lag oft im Dissens mit Rösler, dem 
wiederum viele Umweltverbände vorwerfen, die Energiewende zu blockieren.

"Altmaier muss sämtliche Regierungsmitglieder davon überzeugen, dass die 
Energiewende beschleunigt werden muss, anstatt sie zu zerreden", forderte in 
diesem Zusammenhang der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Er kritisierte, dass 
Altmaier am Dienstag ein neues Braunkohlekraftwerk als Klimaschutzmaßnahme 
gepriesen hatte.

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http://www.taz.de/Kommentar-Umweltpolitik/!99789/

taz - 16.08.2012

Jenseits des 10-Punkte-Plans

Die Umweltpolitik macht die Lösung der Probleme fast unmöglich

Kommentar von Bernhard Pötter

Sicher, Bundesumweltminister Peter Altmaier ist erst seit drei Monaten im Amt; 
er hat kaum noch ein Jahr Zeit bis zur nächsten Wahl und den 
Wirtschaftsminister im Rücken. Er will die Energiewende umsetzen, viel Glück 
dabei. Sein 10-Punkte-Plan für das nächste Jahr spricht außerdem Themen an, die 
da leicht aus dem Blick geraten. Auch das ist eine gute Idee. Aber es reicht 
nicht.

Denn gerade Umweltpolitik müsste den Blick über den Horizont der nächsten 
Bundestagswahl heben und über den Tellerrand eines Ministeriums erst recht. 
Legt man diese Maßstäbe an, dann ist Altmaiers Liste nur Stückwerk. Denn dann 
müsste sich die Bundesregierung insgesamt dazu bekennen, Deutschlands 
Lebensgrundlagen zu sichern und seine Wirtschaft zukunftsfähig zu machen.

Dafür gibt es viele Hebel: Deutschland sollte damit anfangen, seine 
umweltschädlichen Subventionen abbauen. Die belaufen sich auf 48 Milliarden pro 
Jahr, dagegen sind die Solarsubventionen ein Klacks. Ein Tempolimit auf der 
Autobahn rettet Leben, schont die Umwelt und zwingt die deutschen Autobauer zum 
Umdenken. Bei der Chemiepolitik könnte man nur harmlose Rohstoffe zulassen, ein 
Pfand auf Elektrogeräte oder eine Abwrackprämie für Stromfresser wären schön.

Und wenn wir schon beim Wünschen sind: Die Politik sollte den Bau neuer 
Massenställe verhindern und durch einen Biotopverbund die Artenvielfalt retten. 
Unser Nachbarland Polen müsste die Bundesregierung auf den energiepolitischen 
Pfad der Vernunft bringen, um damit die EU-Umweltpolitik arbeitsfähig zu 
machen. Und das Kabinett könnte mit gutem Beispiel vorangehen und für alle 
Behörden ökosoziale Grundstandards einführen: Dienstwagen auf Polo-Niveau wären 
der erste Schritt dahin.

Darüber wird nicht gern debattiert. Mit gutem Grund: Auch Umweltpolitik ist die 
Kunst des Möglichen. Auch wenn sie die Lösung der Probleme damit fast unmöglich 
macht.

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http://www.klimaretter.info/politik/hintergrund/11789

Klimaretter.info - 17.08.2012

Schelte für Altmaiers Programm

"Augenwischerei", ein "dürftiges Programm", eine "Drohung für die erneuerbaren 
Energien" - mit seinem am Donnerstag vorgestellten Zehn-Punkte-Programm zur 
Energiewende erntet Bundesumweltminister Peter Altmaier Kritik bei Opposition 
und Verbänden.

Von Eva Mahnke

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) ist bekannt für seine 
Kommunikationskompetenz und Dialogbereitschaft. Sein am gestrigen Donnerstag 
vorgestelltes Zehn-Punkte-Programm zur Energiewende [1] soll die 
Auseinandersetzungen um den Systemwechsel - angesichts der aktuell 
hochkochenden Debatte um die Bezahlbarkeit der Strompreise - in ein ruhigeres 
Fahrwasser leiten. Von Opposition und Verbänden hagelt es dennoch heftige 
Kritik.

"Viel Bekanntes, zu wenig Konkretes", wirft Grünen-Sprecher Hermann Ott dem 
Bundesumweltminister vor [2] und beklagt eklatante Lücken. So habe Altmaier die 
im November stattfindene UN-Klimakonferenz in Doha mit keinem Wort erwähnt. 
Dabei stehe hier die Aushandlung eines internationalen Klimaschutzabkommens ab 
2015 an - und damit auch die Gestaltung der Rahmenbedingungen für die deutsche 
Energiewende. Hans-Josef Fell, Energieexperte bei den Grünen, versteht 
Altmaiers Ankündigung zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes als Angriff 
auf die erneuerbaren Energien. Altmaier hatte betont, dass das Gesetz "nie als 
dauerhaftes Gesetz" gedacht gewesen sei, und unter anderem einen Förderstopp 
für die Solarenergie ab 52.000 Megawatt installierter Leistung angekündigt. 
"Mit seiner Drohung, die Einspeisevergütung für die erneuerbaren Energien 
abzuschaffen, schafft Altmaier weitere Verunsicherung in einer heute schon von 
Schwarz-Gelb gebeutelten Branche", so Fell. [3]

"Zu dürftig und wenig konkret"

Auch nach Ansicht von Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde 
Deutschland - und Mitherausgeber von klimaretter.info -, enthält das 
10-Punkte-Programm nicht viel Neues. "Es ist zu dürftig und wenig konkret. Dass 
der Umweltminister lediglich einen Verfahrensvorschlag für eine Änderung des 
EEG machen will, steht im Widerspruch zu seiner Ankündigung, Grundlegendes 
entscheiden zu wollen." Zudem sieht Müller das Thema Energiewende in der von 
Altmaier angekündigten neuen Unterabteilung des Bundesumweltministeriums nicht 
gut aufgehoben. Dies stehe im Widerspruch zum Anspruch der Bundesregierung, die 
Energiewende zur "Kernaufgabe" zu machen.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) vermisst klare Ansagen des 
Ministers zur Frage der Energiekosten. "Herr Altmaier ist konkrete Antworten 
schuldig geblieben, was er gegen stark steigende Strompreise tun wird", sagte 
VZBV-Chef Gerd Billen [4] und beklagte die einseitige Abwälzung der Kosten auf 
die Verbraucher. Billen fordert kurzfristige Entlastungen wie die Streichung 
von Vergünstigungen für die Industrie. Mit der für Herbst erwarteten Erhöhung 
der EEG-Umlage ist die soziale Dimension der Energiewende zum heiß diskutierten 
Aspekt der Energiewende geworden. Vor allem die Industrie und Teile der 
Bundesregierung machen damit Stimmung gegen die Förderung der Erneuerbaren. [5]

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hält die von Altmaier angekündigten Pläne 
im notorisch vernachlässigten Bereich Energieeffizienz für unzureichend. 
"Kostenlose Energieberatung ist zu wenig", so Nahles2. Altmaier betreibe 
"Augenwischerei". Die SPD-Abgeordnete forderte die Bundesregierung auf, das 
Programm zur energetischen Gebäudesanierung neu aufzulegen und aufzustocken, zu 
dem Altmaier in seinem Programm kein Wort verliere. Seit Monaten streiten Bund 
und Länder über die Aufteilung der Kosten für Steuererleichterungen bei der 
Sanierung. Der Gebäudesektor ist für 40 Prozent der deutschen Emissionen 
verantwortlich.

Im Text verwendete Links:

1. 
http://www.klimaretter.info/politik/hintergrund/11781-altmaier-will-das-eeg-reformieren
2. 
http://www.pnp.de/nachrichten/politik/508938_Nahles-wirft-Altmaier-bei-Energiewende-Augenwischerei-vor.html
3. http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-08/altmaier-zehn-punkte-plan
4. http://www.vzbv.de/10097.htm
5. 
http://www.klimaretter.info/meinungen/kommentare/11602-das-sozialste-gesetz-dieses-landes

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