Völlig verblüfft stehe ich im Kolosseum in Rom. Die Bühnentechnik dieses Wunderwerks war absolut erstaunlich, wie ein Team des Deutschen Archäologischen Instituts Rom im Jahr 2001 herausgefunden hat. Ähnlich wie bei zeitgenössischen Rundbühnen befindet sich das gesamte Bühnenhaus unter der Bühne, drei Stockwerke hoch. Wilde Tiere wurden in Käfigen in die Unterbühne transportiert, die Käfige wurden wie in einem Fließband hintereinander in einen Aufzug geschoben, der ihn direkt unter den Bühnenboden hob. Eine Falltür öffnete sich über Seilzüge und das wilde Tier sprang über eine Rampe in die Arena. Auf diesem Weg gelangten auch Bühnenelemente und Akteure auf die Bühne. Dramaturgisch gab man sich äußerst brutal, aber kreativ: In der Früh gab es die Tierhatz, wobei extra Kulissen der Länder aufgebaut wurden, aus denen die Tiere stammten. Zum Mittagessen Hinrichtungen, am Nachmittag Gladiatorenkämpfe. Gerade die Hinrichtungen, die ludi meridiani, waren höchst kreativ und gern als Verballhornungen von alten Mythen angelegt. Man stelle sich einen mittels eines Katapults tatsächlich fliegenden Ikarus (mit letalem Genickbruch als Höhepunkt) vor, einen vom Stier zu Tode gehetzten Herkules oder einen die wilden Tiere durch seinen Gesang eher wenig besänftigenden Orpheus, der kurz danach die Unterwelt sehen sollte. Oder Herkules, der mittels Feuer zum Gott konvertiert werden sollte. Falls der Aufzug mal klemmen oder die Aufführung stocken sollte, soll laut Sueton auch schon mal der eine oder andere Techniker in die Arena geschickt worden sein...
fra link: http://tinyurl.com/l9njkqm (Berliner Zeitung, 2001) _______________________________________________ bagasch mailing list bagasch@lists.monochrom.at http://monochrom.at/mailman/listinfo/bagasch