Volker Grabsch schrieb:
> Liebe Fellows,
> 
> ich möchte kurz auf einen sehr lesenswerten Beitrag hinweisen,
> der kürzlich auf der "linux-l"-Liste veröffentlicht wurde. Ihr
> findet dem Beitrag im Anhang sowie im Archiv:
> 
> http://mlists.in-berlin.de/pipermail/linux-l-mlists.in-berlin.de/2010-December/066692.html
> 
> Der Beitrag übt eine interessante Kritik an der strategischen
> Vorgehensweise der Freie-Software-Gemeinschaft.
> 
> Mich würde interessieren, inwiefern die angesprochenen Punkte
> tatsächlich die Positionen der FSF bzw. der FSFE darstellen,
> insbesondere in Bezug auf Oekonux. Auch wäre es interessant zu
> erfahren, ob sich an einigen Stellen die Positionen der FSF und
> der FSFE voneinander unterscheiden.
> 
> Kann jemand was dazu sagen? Matthias?
> 
> 
> (FYI: Die Diskussion startete mit der Frage, worin konkret
>  sich die Vorgehensweisen der Freie-Software-Community von
>  der OpenSource-Community unterscheiden. Daher der Betreff.)
> 
> 
> Gruß
> Volker
> 
Hallo,

vorab: ich schreibe hier als "einfacher Fellow"; ich kann nicht für die
FSFE sprechen.

1. Warum wir von Freier Software sprechen und nicht von von "Open Source
Software" ist hinlänglich bekannt.

Die durch die Lizenz dem Lizenznehmer eingeräumten Freiheiten
entscheiden, ob ein Programm Freie Software ist. Software
wird dann "Frei" genannt, wenn sie unter einer Lizenz verbreitet wird,
die die bekannten vier Freiheiten gewährt. "Verstehen" und "Verbessern"
bzw. "Verändern", wozu der Zugang zum Quellcode notwendig ist, sind nur
zwei der vier Freiheiten. Der Zugang zum Quellcode gewährt auch diese
Freiheiten rechtlich nicht, sondern ist lediglich eine tatsächliche
Voraussetzung für den Gebrauch dieser Freiheiten, die durch die Lizenz
gewährt werden.

2. Die FSF, FSFE, FSFI, FSFLA sind voneinander unabhängige
"Schwester"-Organisation, die gleiche Ziele verfolgen. wie si diese
Ziele verfolgen, hängt vom jeweiligen kulterellen Umfeld ab. Dieses ist
im "alten" Europa ein anderes als in Nordamerika oder Indien oder
Lateinamerika.

3. Welche Ziele werden mit der Propagierung und Unterstützung Freier
Software verfolgt?

Geld spielt bekanntlich keine Rolle.

„Viele Leute glauben, dass es im Sinne des GNU-Projektes wäre, dass man
kein Geld für den Vertrieb von Kopien von Software ver-langen dürfe,
oder dass man so wenig wie möglich verlangen solle -- gerade genug, um
die Kosten zu decken.
Tatsächlich aber ermutigen wir Leute, die Freie Software
weitervertreiben, so-gar, so viel Geld zu verlangen wie sie wollen bzw.
können.
Freie Programme werden manchmal kostenlos weitergegeben, und manchmal
für einen beachtlichen Preis vertrieben. Oftmals steht das selbe
Programm auf beide Arten von unterschiedlichen Anbietern zur Verfügung.
Das Programm ist frei, unabhängig vom Preis, weil Anwender Freiheiten
bei seiner Verwendung haben.“
Quelle:
Richard Stallman, Freie Software verkaufen, Übersetzung 2006 von Andreas
K. Foerster

http://www.gnu.org/philosophy/selling.de.html

Was dann?

Der Computer ist das wichtigste Werkzeug im 21. Jahrhundert. Adressat
Freier Software ist der mündige Nutzer dieses mächtigen Werkzeuges.
Dieser soll befähigt werden, den Computer und Computernetze nach seinen
Vorstellungen und Bedürfnissen einsetzen zu können. Er soll nicht vom
Computer beherrscht werden und damit von denjenigen die proprietäre
Software entwickeln und verbreiten.

Es geht also um die Freiheit des Computernutzers. Das ist politisch -
wie jedes "Empowerment" -, da eine bestimmte Verteilung von Macht
bewusst gewollt ist.

4. OpenOffice.org wird unter der LGPL (v3) verbreitet. Diese lässt zu,
dass Extensionen unter jeder, also auch einer proprietären oder einer
anderen Freien Lizenz (also beispielsweise auch der GPL) verbreitet werden.

Proprietäre Software ist ihrem Wesen nach etwas anderes als Freie
Software. Daher ist es Unsinn, insoweit mit dem Begriff der
"Gleichberechtigung" zu hantieren.

Es ist zutiefst intolerant, von einem Anhänger Freier Software zu
fordern, dass er proprietäre Software als "gleichberechtigt" mit Freier
Software gutheißt. Freie Software und proprietäre Software sind auf die
Freiheit und Mündigkeit des Nutzers eben nicht "gleich_wertig_".

(Es ist im Übrigen zumindest höchst ungenau und eine starke
Vereinfachung, wenn es auf
http://extensions.services.openoffice.org/de
bei verschiedenen Extensionen heißt: "Lizenz: Opensource".

Es gibt nämlich - zum Leidwesen vieler Anhänger Freier Software - ca.
150 verschiedene Freie Lizenzen.)

Gruß
Michael

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