Am 16.10.23 um 14:19 schrieb Dr. Michael Stehmann:
Der Hersteller des Produktes (Auto, Reifen u.ä.), der Software zu einem
bestimmten Zweck implementiert, soll in erster Linie haften.
Herstellung und Implementierung sind zwei Paar Schuhe?
Der Hersteller stellt Implantate her, die dann von der Ärztin verbaut
werden. Der Hersteller haftet für das Implantat (per CRA), die Ärztin
fürs ordnungsgemäße Verbauen (per NIS-2 bzw
Patientendatenschutzgesetz/Cybersicherheitsrichtlinie)
Genauso wie
der Führer eines Fahrzeuges haftet, wenn er beispielsweise zu schnell
damit fährt und nicht der Hersteller, der ein Fahren mit einer
Geschwindigkeit über 6 km/h zugelassen hat. Denk' auch 'mal über den
Sinn der Gefährdungshaftung nach.
Die Nutzerin eines Fahrzeugs ist nicht am Herstellungsprozess der
Komponenten bzw deren Zusammenfügen beteiligt.
Grade bei Continental wäre das fatal: Dort soll sich eine
Mitarbeiterin einen Browser aus dem Netz gezogen und installiert haben
-- am Ende waren Terabytes von Daten/Quellcode weg. Bei einem
neuerlichen Angriff muss jetzt mit dem Versuch gerechnet werden,
Schadsoftware in die automobile Lieferkette und am Ende in die Autos
einzuschleusen. >
Wäre Continental nicht verantwortlich für die Integrität seiner
Anwendungen, hätten sie keinerlei Anreiz, sich darum zu kümmern -- sie
sind ja immerhin schon TISAX-zertifiziert! TISAX!!
Also ist der Fall an sich doch klar: Continental haftet und nicht der
Hersteller der Software, welche einen Download ermöglicht hat.
Womöglich war meine Darstellung zuvor unpräzise: Die Anwendung scheint
die Tarnung gewesen zu sein. Es war einfach nur ein Schädling, der sich
hinter dieser Anwendung versteckte und darauf gewartet hat, dass er
implementiert wurde.
Haftung seines der ENtwicklerin ist nicht zu erwarten.
Continental hätte den Download durch technische oder organisatorische
Maßnahmen verhindern müssen.
Da sind wir uns ausnahmsweise einig:-)
Richtig, aber nicht, indem die entwickelnde Person, die die Software
lizenzgebührenfrei der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, in Haftung
genommen wird.
Wer soll denn dann beispielsweise für Debian GNU/Linux haften?
Ein juristisches Gutachten (__Rechtswissenschaftlerinnen_:-) der Uni
Göttingen meint im Auftrag des BSI, dass Stand von Wissenschaft und
Technik für die Entwicklerinnen von Autos -- ich meine auch von
Implantaten -- bereits heute gelte und §1 ProdHG anzuwenden sei.
Auch richtig, aber das kann doch nicht für die Entwicklerin einer Freien
Bibliothek gelten, derer sich der Automobilhersteller zur Steuerung
seines Fahrzeuges oder zwecks Unterhaltung seiner Insassen bedient.
s.o: Die Herstellerin wird irgendwann feststellen, dass die Geschenke
ausbleiben und ihr kriminelles Geschäftsmodell ändern. Das ist natürlich
schwierig, da die Mafia aus Wolfsburg, München und Stuttgart aktuell mit
Geldbußen, Schadensersatz und den Fehlern der Produktpolitik vergangener
Jahrzehnte eigentlich genug zu kämpfen hat.
Freie Software wäre definitiv tot, wenn man aus ihrer Entwicklung und
Distribution eine "gefahrgeneigte Tätigkeit" mit unkalkulierbaren
Haftungsrisiken machen würde. (Nur ausnahmsweise kann man
mathematisch beweisen, dass Software immer entsprechend ihrer
Spezifikation und nur entsprechend ihrer Spezifikation arbeitet. Und
das Problem des nicht spezifikationsgerechten Einsatzes bleibt dann.)
Ack -- perfekte Software wirds nie geben! Es lässt sich aber alles
Menschenmögliche tun. Und allzu oft geht den Kundinnen Geschwindigkeit
über Qualität. Und sie setzen Termine, die nicht einzuhalten sind,
wenn Qualität gebracht werden soll. Das wird sich ändern, wenn
Qualität ein Leistungsmerkmal ist, mit dem sich Geld verdienen lässt.
Oder wenn Keine mehr bereit ist, Geschenke zu machen.
[1] https://tuskr.app/learn/defect-density
Wenn niemand mehr bereit ist, Geschenke zu machen, ist Freie Software
tot. Es gehört zum Wesen Freier Software, dass die Lizenz unentgeltlich
eingeräumt wird.
Sind die bezahlten FS-Entwicklerinnen alle ausgestorben?
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